Überblick

Der flächendeckende Einbau von intelligenten Stromzählern (Smart Meter Rollout) verläuft nur schleppend. Vor Kurzem hat das OVG Münster eine Einbaupflicht digitaler Messsysteme gestoppt – das könnte den Rollout weiter verzögern.

Intelligente Stromzähler (Smart Meter) sollen für mehr Transparenz sorgen: Beim Netzanbieter, beim Stromanbieter und beim Endverbraucher. Der gesetzlich vorgeschriebene Smart-Meter-Rollout, damit ist der stufenweise flächendeckende Einbau von digitalen Messsystemen gemeint, läuft seit Anfang 2020 und gilt zunächst für alle Unternehmen und Privathaushalte mit einem Stromverbrauch von mehr als 6.000 kWh pro Jahr.

OVG Münster stoppt Smart-Meter-Rollout vorläufig

Der Gesetzgeber hat die Sicherheitsanforderungen an die Smart Meter extrem streng definiert. Um die intelligenten Messsysteme überhaupt einsetzen zu können, sind sog. Smart-Meter-Gateways – die Daten werden hier gesammelt, verschlüsselt und weitergeleitet – gesetzlich vorgeschrieben. Das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) regelt, dass mindestens 3 voneinander unabhängige Unternehmen intelligente Messsysteme auf den Markt gebracht haben müssen, die allesamt beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert sein müssen.

Die fehlende Interoperabilität bei der Zertifizierung hat dazu geführt, dass Mitte März 2021 das OVG Münster in einem Eilverfahren eine Allgemeinverfügung des BSI zum verpflichtenden Einbau von Smart Metern gestoppt hat. Vorläufig jedenfalls. Die Pflicht zum Einbau intelligenter Messsysteme ist "voraussichtlich rechtswidrig", entschied das Gericht. Das Hauptsacheverfahren ist noch am VG Köln anhängig – wann hier eine Entscheidung fallen wird, ist offen. Das sorgt in der Zwischenzeit für rechtliche Unsicherheit. Damit dürfte sich der geplante Rollout weiter verzögern.

Von dem vorläufigen Beschluss betroffen sind zunächst die Unternehmen, die gegen den Rollout geklagt haben – sie haben sich eine Verschnaufpause verschafft. Die meisten Wohnungsunternehmen sind davon allerdings kaum betroffen, sofern sie noch nicht zum Einbau eines Smart Meters verpflichtet sind. Die OVG-Entscheidung bereitet derweil womöglich zunächst alternativen (und weniger komplizierten) intelligenten Lösungen den Weg: Verschiedene Anbieter sind am Markt auch schon aktiv.

Wohnungswirtschaft sieht Digitalisierung teilweise skeptisch

Die Wohnungswirtschaft sollte auf offene Konnektivitäts- und Datenplattformen setzen und das Smart-Meter-Gateway nur als einen von vielen Bausteinen bei der Digitalisierung betrachten, riet kürzlich Sebastian Groß, Leiter Digitales Gebäudemanagement bei Vodafone, im Gespräch mit Autor Frank Urbansky im Fachmagazin "Immobilienwirtschaft". Trotzdem: Früher oder später wird der Smart-Meter-Rollout die Gateways in jede Immobilie bringen.

In der Wohnungswirtschaft stößt die Digitalisierung aufgrund der Komplexität teilweise auf Vorbehalte. Viele Wohnungsunternehmen neigen dazu, nur die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, sagen Branchenbeobachter. So wird dann einfach nur ein Smart-Meter-Gateway installiert, weil es der Gesetzgeber fordert. Zur zunehmenden Komplexität tragen auch neue Marktteilnehmer bei, die ihren Kunden nicht nur das Gateway anbieten, sondern im Rahmen eines Gesamtpakets auch gängige Dienstleistungen der klassischen Messdienstleister integrieren. So entsteht dann schnell der Eindruck, die Immobilie wäre durch den Einbau eines Gateways smart und die Digitalisierung vollendet.

OVG Münster, Eilbeschluss v. 4.3.2021, 21 B 1162/20

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