Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzpflicht der kreditgebenden Bank bei institutionalisiertem Zusammenwirken mit den Fondsinitiatoren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bindungswirkung des Berufungsgerichts nach § 563 Abs. 2 ZPO entfällt, wenn das Revisionsgericht selbst seine der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung später ausdrücklich aufgibt und diese Änderung bekannt gibt.

2. Schadensersatzanspruch des Kreditnehmers gegen den Kreditgeber bei institutionalisiertem Zusammenwirken der kreditgebenden Bank mit den Initiatoren des finanzierten Objekts wegen widerleglich vermuteten Wissens von deren arglistigen Täuschung, wenn die unrichtigen Angaben der Initiatoren für die Bank objektiv evident sind (hier: Der tatsächlich von den Initiatoren für das Objekt aufgewandte Kaufpreis lag um 46 % unter dem im Kaufvertrag und im Prospekt angegebenen Preis).

 

Normenkette

BGB § 488; ZPO § 563 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 03.11.2000; Aktenzeichen 13 O 21/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 3.11.2000 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des LG Kiel teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, ihre eventuellen Abfindungsansprüche gegen die X-GbR nach der erfolgten Kündigung ihrer Mitgliedschaft sowie ihre eventuellen Schadensersatzansprüchen gegen Herrn A in Zusammenhang mit ihrem Beitritt zu der X-GbR an die Klägerin abzutreten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin wird verurteilt, die Rechte und Ansprüche aus der bei der ... Versicherungsanstalt ... unter der LV-Nr ... abgeschlossenen Kapitallebensversicherung, VS 24.000 DM, an den Beklagten/Widerkläger zu 1) abzutreten.

Die Klägerin wird weiter verurteilt, an die Beklagten als Gesamtgläubiger 3.677,07 EUR nebst 4 % Zinsen ab 20.3.2000 zu zahlen.

Die Klägerin wird zudem verurteilt, an die Beklagten 36.241,78 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5.647,34 EUR bis zum 30.9.2005 und weitere Zinsen auf 36.241,78 EUR in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszins - höchstens 6,17 % p.a. - seit dem 1.10.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine Bank, nimmt die Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch, mit welchem diese ihre Beteiligung an einer die Investition in eine Ost-Immobilie betreffende Publikumsgesellschaft finanziert haben. Die Beklagten verweigern die Rückzahlung unter Hinweis auf eine Falschberatung und verlangen widerklagend Rückzahlung der auf den Darlehensvertrag geleisteten Zinsen und Rückabtretung der aus einer Kapital- und Lebensversicherung auf die Klägerin übertragenen Ansprüche.

Die Beklagten wurden im März 1992 von einem für die B Vermögens- und Anlageberatungs GmbH (im Folgenden B) tätigen C geworben, sich an dem geschlossenen Fonds ... der X-GbR (...) zu beteiligen. Initiatorin dieses Fonds war die F-GmbH (...). Ihr Geschäftsführer war Herr A, der u.a. auch in dieser Sache durch rechtskräftiges Urteil des LG München II - ... - vom ... wegen Kreditanlagebetruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden ist (Anlage B 1; Bl. 117-128 d.A.). Der Immobilienfonds ... bezog sich auf das von der F-GmbH zu errichtende Neubauobjekt in E, ... Der erwähnte C warb ggü. dem Beklagten damit, dass der Erwerb einer Beteiligung an einem F-Fonds auch ohne Eigenkapital eine ausgezeichnete Kapitalanlage sei, nicht nur, weil in E mit hohen Miet- und Wertsteigerungen zu rechnen sei, sondern auch aufgrund hoher Steuervorteile durch Sonderabschreibung, die für den "Aufbau Ost" gewährt würden. Die Klägerin und andere Banken hätten der F-GmbH bereits grundsätzlich Finanzierungszusagen für die Erwerbskosten der Fondsanteile gegeben. Für die ersten fünf Jahre bestehe für die Anteilserwerber außerdem kein Vermietungsrisiko, da die F-GmbH eine Mietgarantie übernommen habe.

Aufgrund dieser Werbung erklärten die Beklagten sich bereit, den vom erwähnten Vermittler C empfohlenen Anteil am Immobilienfonds Nr. ... i.H.v. 40.000 DM zu erwerben. Als es hieß, dass der Beitritt nur noch zum Fonds Nr. ..., der sich auf die Nachbarhäuser ... bezieht, möglich sei, zwischen beiden Objekten aber kein Unterschied bestehe, ließen sie sich auch hierauf ein. Das vorgesehene Gesamtkapital, zugleich der vorgesehene jeweilige Gesamtaufwand, betrug nach dem Prospekten bei Fonds Nr. ... insgesamt 12.250.000 DM. Hiervon waren für Kaufpreis und schlüsselfertige Erstellung 9.241.746 DM vorgesehen. Die tatsächlich für Kaufpreis und schlüsselfertige Erstellung aufgewandten Kosten betrugen - wie sich später herausstellte - indes erheblich weni...

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