Nicht selten erleben Vermieter nach erstrittenem Räumungstitel gegen ihren Mieter die unliebsame Überraschung, dass nicht nur der Mieter in der Wohnung lebt, sondern noch eine weitere Person. Vor dem Hintergrund einer gegen ihn erhobenen Räumungsklage kann der Mieter jedenfalls durchaus auf die findige Idee kommen, endlich mit seiner Lebensgefährtin zusammenzuziehen, um dem Vermieter die Vollstreckung des Titels zu erschweren.

Erwirkt der Vermieter in einem solchen Fall lediglich gegen seinen früheren Mieter ein Räumungsurteil, wird der Gerichtsvollzieher die Räumung abbrechen, wenn er einen Dritten in der Wohnung vorfindet, der ihm glaubhaft macht, "hier zu wohnen", und nicht bereit ist, das Objekt freiwillig zu räumen. Hier ist freilich vieles umstritten. Wenn bei dem Dritten (Mit-)Besitz an der Wohnung festzustellen ist, benötigt der Vermieter jedenfalls auch noch einen Räumungstitel gegen den (neuen) "Mitbewohner". Hier setzt die Regelung des § 940a Abs. 2 ZPO an. Nach ihrem Wortlaut kann die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung auch gegen einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.

Was gilt bei Mischmietverhältnissen

Zunächst einmal gilt die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur für Wohnraum- und nicht für Geschäftsraummietverhältnisse. Äußerst strittig ist allerdings, ob nicht die Wertungen des § 940a Abs. 2 und 3 ZPO auch bei Gewerberäumen zu berücksichtigen sind: Wenn eine Räumungsverfügung schon bei der Wohnraummiete zulässig ist, dann ist sie – ähnliche Fallgestaltungen vorausgesetzt – zumindest nach Auffassung des LG Krefeld[1] und des LG Hamburg[2] erst recht bei der Gewerberaummiete zulässig. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, als bei der Nachteilsabwägung gemäß § 940 ZPO nicht so ein überragendes Schutzgut wie die grundrechtlich geschützte Wohnung zu berücksichtigen sei. Anderer Auffassung sind allerdings das LG Köln[3] und das KG Berlin[4] und verwehren dem Gewerberaummieter eine entsprechende Möglichkeit.

Sollte sich die Auffassung des LG Krefeld und des LG Hamburg nicht durchsetzen, ist bei den sog. Mischmietverhältnissen die Übergewichts-/Schwerpunktrechtsprechung des BGH[5] maßgeblich: Für die Zuordnung kommt es darauf an, welche Nutzung nach den Vereinbarungen der Mietvertragsparteien überwiegt, also in welchem Bereich das Mietverhältnis seinen Schwerpunkt hat. Haben die Vertragsparteien insoweit nichts ausdrücklich geregelt, ist durch Auslegung zu ermitteln, welcher Nutzungszweck überwiegt. Bei Gleichwertigkeit kommt Wohnraummietrecht zur Anwendung und somit auch die Bestimmung des § 940a Abs. 2 BGB.[6] Bei der Gleichwertigkeit von Wohn- und Gewerbezwecken ist nämlich Wohnraummiete anzunehmen.

[1] LG Krefeld, Beschluss v. 8.3.2016, 2 S 60/15, ZMR 2016 S. 448.
[2] LG Hamburg, Urteil v. 27.6.2013, 334 O 104/13, NJW 2013 S. 3666.
[3] LG Köln, Urteil v. 12.6.2013, 1 T 147/13, NZM 2013 S. 732.
[6] Siehe oben Ziff. 7.1.2.3, Mischmietverhältnis.

8.3.1 Person des Dritten

Ein Räumungstitel per einstweiliger Verfügung kommt gegen solche Personen in Betracht, die, ohne Mietvertragspartei zu sein, (Mit-)Besitzer der Wohnung sind. In erster Linie handelt es sich dabei um

  • den Ehegatten[1];
  • den nichtehelichen Lebensgefährten, und zwar unabhängig davon, ob die grundsätzlich erforderliche Vermieterzustimmung[2] eingeholt wurde und der Vermieter Kenntnis vom Einzug hatte[3];
  • den Lebenspartner[4];
  • die Eltern, die ebenfalls in der Wohnung leben[5];
  • Angehörige des Mieters, die beispielsweise zur Pflege aufgenommen wurden;
  • den Untermieter[6].

Kinder

Leben die minderjährigen Kinder mit ihren Eltern zusammen, haben sie grundsätzlich keinen Mitbesitz an der gemeinsam genutzten Wohnung.[7] Daran ändert sich in aller Regel auch nichts, wenn die Kinder nach Erreichen der Volljährigkeit weiter mit ihren Eltern zusammenleben.[8]

Gegen die mit dem Mieter zusammenlebenden erwachsenen Kinder kann auch dann vollstreckt werden, wenn diese über ein eigenes Einkommen verfügen und sich wirtschaftlich an der Miete beteiligen.[9]

Nur in Ausnahmefällen sind volljährige Kinder als Besitzer anzusehen. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn sie innerhalb der Wohnung in einem abgeschlossenen Lebensbereich leben, einen eigenen Hausstand begründet haben oder Miete zahlen.[10]

Haben Kinder also keinen Mitbesitz an der Wohnung, reicht für eine Räumungsvollstreckung ein Vollstreckungstitel gegen die Eltern aus.

Kein gesonderter Vollstreckungstitel ist freilich zur Räumung von Besuchern und Gästen oder Bediensteten des Mieters erforderlich.[11]

 

Muss der Dritte seinen Namen nennen?

Die Räumung selbst wird vom Gerichtsvollzieher durchgeführt. Trifft dieser anlässlich der Räumung in der Wohnung eine Person an, die nicht im Titel genannt ...

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