7.1 Bei welchem Gericht?

Zunächst ist im Hinblick auf die Beantwortung der Frage, bei welchem Gericht die Räumungsklage zu erheben ist, nach der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zu unterscheiden.

7.1.1 Örtliche Zuständigkeit

Im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit regelt die Bestimmung des § 29a ZPO einen ausschließlichen Gerichtsstand für Mietstreitigkeiten – und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Wohnraum-, ein Gewerberaummietverhältnis oder ein Pachtverhältnis handelt. Ist ein ausschließlicher Gerichtsstand geregelt, können die Klageparteien keinen hiervon abweichenden Gerichtsstand vereinbaren.

Keine Regel ohne Ausnahme: Die Bestimmung des § 29a ZPO gilt nicht für Mietverhältnisse

  • über Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist wie beispielsweise Hotelzimmer, Ferienwohnungen oder Wohnraum der Monteure für die Dauer der Montage, Mietverhältnisse für die Dauer einer Messe oder Kur oder auch für die Dauer einer Sportveranstaltung;
  • über möblierte Zimmer innerhalb der Wohnung des Vermieters, soweit dieser Wohnraum dem Mieter nicht zum dauernden Gebrauch mit seiner Familie oder mit Personen überlassen ist, mit denen er einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führt,
  • mit juristischen Person des öffentlichen Rechts oder mit anerkannten privaten Trägern der Wohlfahrtspflege, die Wohnraum als Hauptmieter angemietet haben, um ihn Personen mit dringendem Wohnbedarf zu überlassen.

Wird in einem dieser Fälle auf Räumung geklagt, ist der allgemeine Gerichtsstand des Mieters maßgeblich, nämlich sein Wohnort bzw. der Sitz der juristischen Person.

7.1.2 Sachliche Zuständigkeit

Bei der sachlichen Zuständigkeit ist zu unterscheiden, ob es sich um ein Wohnraum- oder ein Gewerberaummietverhältnis handelt.

7.1.2.1 Wohnraummietverhältnis

Maßgeblich ist hier die Bestimmung des § 23 Nr. 2a GVG. Diese Bestimmung regelt die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Wohnraumstreitigkeiten. Streitwertunabhängig ist die Klage auf Räumung von Wohnraum also stets vor dem Amtsgericht zu erheben.

7.1.2.2 Gewerberaummietverhältnis

Anders bei Gewerberaummietverhältnissen. Hier richtet sich die sachliche Zuständigkeit nach dem Streitwert. Liegt dieser über 5.000 EUR, sind die Landgerichte zuständig, für Streitigkeiten bis 5.000 EUR die Amtsgerichte.

7.1.2.3 Mischmietverhältnis

Bei Mischmietverhältnissen ist in erster Linie entscheidend, welche Nutzung konkret vertraglich vereinbart ist. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist nicht, ob der Mieter aus seiner beruflichen Tätigkeit, die er im Mietobjekt ausübt, seinen Lebensunterhalt bestreitet.

 

BGH zu Mischmietverhältnissen

Bei Mischmietverhältnissen ist entscheidend, welche Nutzungsart nach den getroffenen Vereinbarungen überwiegt. Fehlt es an entsprechenden Vereinbarungen sind nach der Rechtsprechung des BGH[1] insbesondere folgende Indizien zu prüfen:

  • Welches Vertragsformular wurde verwendet? Ist es als "Wohnraummietvertrag" bezeichnet und enthält es die für Wohnraum maßgeblichen Bestimmungen, ist dies ein Indiz für eine überwiegende Wohnnutzung.
  • Welchen weiteren Inhalt hat der Mietvertrag? Wird die gewerbliche Nutzung besonders hervorgehoben, spricht dies für ein Gewerberaummietverhältnis. Ist die gewerbliche Nutzung lediglich gestattet, spricht dies wiederum für eine überwiegende Wohnnutzung.
  • Wie werden die Mietflächen anteilig genutzt? So sie überwiegend dem Gewerbe des Mieters dienen, kann dies für eine überwiegende gewerbliche Nutzung sprechen. Wird nur ein kleiner Flächenanteil zu gewerblichen Zwecken genutzt, spricht dies für eine überwiegende Wohnnutzung.
  • Wie ist die Vertragslaufzeit geregelt? Handelt es sich um ein befristetes Mietverhältnis, kann dies für eine überwiegend gewerbliche Nutzung sprechen. Verzichten die Mietvertragsparteien lediglich für einen bestimmten Zeitraum auf ihr Recht zu ordentlichen Kündigung, kann dies wiederum für Wohnnutzung sprechen.
 
Praxis-Beispiel

Indizien für den Schwerpunkt Gewerberaummietverhältnis

  • Das Mietobjekt besteht aus einem Laden im Erdgeschoss mit ca. 100 qm Fläche sowie einer darüber liegenden Wohnung mit 50 qm Wohnfläche.
  • Im angemieteten Wohnhaus betreibt ein Rechtsanwalt auch seine Kanzlei und zahlt Umsatzsteuer auf die gesamte Miete.
  • Im angemieteten Haus betreibt ein Zahnarzt auch seine Praxis. Mit Blick auf die für diese Nutzung erforderlichen Umbauten vereinbaren die Vertragsparteien eine Kaution in Höhe von 6 Monatsmieten.

Im erste Fall sprechen der deutlich größere Flächenanteil des Ladens, im zweiten Fall die Tatsache, dass auch auf den Mietanteil für die Wohnnutzung Umsatzsteuer gezahlt wird und im letzten Fall die Kautionshöhe für einen Schwerpunkt der gewerblichen Nutzung.

Beispiele für den Schwerpunkt Wohnraummietverhältnis

Andererseits stellt die Nutzung eines Teils der Wohnung zu beruflichen Zwecken immer Wohnraumnutzung dar. Gemeint ist eine berufliche Nutzung ohne Außenwirkung.[2]

  • Arbeiten im Home Office
  • schriftstellerische Tätigkeit
  • Unterrichtsvorbereitung des Lehrers

In diesen Fällen kommt Wohnraummietrecht zur Anwendung, weshalb die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gegeben ist – und zwar streitwertunabhängig. Bei einer Gleichwertigkeit von Wo...

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