Zusammenfassung

 
Überblick
  • Die Lenzing AG, ein global agierendes Industrieunternehmen, hat ihren Vertrieb stärker regionalisiert, um ihre Kundennähe zu verbessern.
  • Der neue Abstimmungsprozess zwischen Produktion und Vertrieb im Sinne eines Sales & Operations Planning Prozesses ist strukturiert aufgesetzt und im Unternehmen verankert worden. Als Steuerungsgrößen dienen Menge, Preis und Produktmix.
  • Produkt- und Kundenrentabilität werden über eine Deckungsbeitragsrechnung ermittelt, bei der auf Umlagen bewusst verzichtet wird.
  • Um Fehlanreize für die Vertriebsverantwortlichen zu vermeiden, werden die verkauften Mengen zu Standard-Herstellkosten bewertet.
  • Um die Vertriebsverantwortlichen mit entscheidungsrelevanten Informationen zu versorgen und den Vertriebserfolg systematisch steuern zu können, ist die Logik der Vertriebssteuerung ebenfalls überarbeitet worden.
  • Im vorliegenden Praxisbericht werden die bewährten Steuerungsinstrumente vorgestellt und deren gesamthafte Anwendung beschrieben.

1 Ausgangslage bei der Lenzing AG

Strategischer Fokus auf profitables Wachstum

Die Lenzing AG versorgt die globale Textil- und Nonwovens-Branchen mit hochwertigen, botanischen Cellulosefasern (s. auch Kapitel 4). Sie ist in dieser Branche Weltmarktführer mit Sitz in Österreich und Produktionsstätten in allen wichtigen Märkten sowie einem weltweiten Netz an Verkaufs- und Marketingbüros. Die Lenzing AG legt ihren Strategiefokus auf profitables Wachstum. Zu diesem Zweck existieren Leitsätze zu fünf Themenfeldern. Diese umfassen die Erschließung von neuen attraktiven Geschäftsfeldern, eine selektive Vorwärtsintegration in der Wertschöpfungskette durch bahnbrechende neue Technologien, eine Spezialisierung durch die Sicherung der Marktführerschaft bei Lyocell und Modal sowie die Konzentration auf hochwertige, umweltfreundliche Spezialfasern. Das Ziel der Erhöhung der Kundennähe durch einen stärkeren regionalen Fokus und den Aufbau von regionalen Kompetenzzentren für Produktanwendungen und Kundeninnovationen rundet die Strategie ab (s, Abb. 1).

Abb. 1: Strategie der Lenzing AG[1]

Im Mittelpunkt der strategischen Ausrichtung der Lenzing AG steht der Ausbau der Kernstärken. Zur Verwirklichung dieses Ziels sind die folgenden strategischen Maßnahmen angedacht:

  • Zellstoffposition stärken: durch eigene Produktion und/oder strategische Kooperation,
  • Qualitätsführerschaft behaupten,
  • Programm zur Stärkung der kommerziellen Prozesse,
  • Geschäft mit Co-Produkten ausbauen,
  • Viscosefaser-Geschäft durch strategische Partnerschaften ausbauen,
  • Umbau technischer Bereiche abschließen.[2]
[2] Lenzing AG, 2015, S. 2.

2 Vertriebssteuerung bei der Lenzing AG

Eckpfeiler des Commercial Excellence Projektes

Der Ausgangspunkt für die Professionalisierung des Vertriebs war die Durchführung eines Commercial Excellence Projektes. Aufbauend auf diesem Projekt konnten die wesentlichen Grundpfeiler für die künftige Vertriebssteuerung gelegt werden. Aus der Produktsicht lag der Fokus auf einem Preissetzungsmechanismus mit klaren Zielpreis-Vorgaben. Aus Kundensicht gelang die Verbesserung der Vertriebssteuerung durch die Einführung einer Kundensegmentierung, die den mit dem Kunden erzielten Deckungsbeitrag sowie strategische Partnerschaften in den Mittelpunkt stellt.

2.1 Weiterentwicklung der produktbezogenen Vertriebssteuerung

Menge, Preis und Produktmix als Steuerungsgrößen

Für die Vertriebssteuerung der Lenzing AG sind primär zwei Sichten relevant: Die Produkt- und die Kundensicht. Mit Hinblick auf die Vertriebssteuerung sind für die Lenzing AG aus der Produktsicht insbesondere drei Steuerungsgrößen von Bedeutung: die verkaufte Menge pro Produktgruppe, der erzielte Preis pro Produktgruppe und der Produktmix. Abb. 2 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Steuerungsgrößen, deren wichtigste Einflussfaktoren und die zur Steuerung verwendeten Key Performance Indicators.

Abb. 2: Globale Steuerungsgrößen auf der Produktebene

Preis als Steuerungsgröße

Fasern sind einer jener Rohstoffe, für die Weltmarktpreise existieren. Demnach ist der Weltmarktpreis der stärkste Einflussfaktor auf die Preispolitik der Lenzing AG. Wie stark die Lenzing AG an den Weltmarktpreis gebunden ist, hängt von der zugrundeliegenden Faser ab. Je spezialisierter und hochwertiger eine Faser ist, desto eher können Prämien realisiert werden, die über den Weltmarktpreis hinausgehen und zudem eine gewisse Unabhängigkeit von Schwankungen der Weltmarktpreise erlauben.

Auswirkung des Weltmarktpreises auf die Vertriebsregion

Je nach Produktgruppe sowie Vertriebsregion und damit auch Volatilität im Markt findet in unterschiedlichen Abständen u. a. auf der Grundlage der erzielten Preise sowie der Marktpreis-Entwicklungen die Ableitung der Zielpreise für den Vertrieb statt.

Das primäre Ziel für den Vertrieb ist es, den gesetzten Zielpreis zu erfüllen oder überzuerfüllen. Die Erfüllung des Zielpreises wird produktgruppenspezifisch als Preisdurchsetzung aus dem Verhältnis des aktuell erzielten Preises und dem Zielpreis errechnet. 100 % bedeutet, dass der Zielpreis genau erreicht worden ist, We...

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