Entscheidungsstichwort (Thema)

Normenkontrolle gegen Veränderungssperre

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dass die Aufstellung eines Bebauungsplans und die Veränderungssperre (in dieser Reihenfolge) in derselben Sitzung des Stadtrats beschlossen und beide Beschlüsse am selben Tag amtlich bekannt gemacht worden sind, unterliegt gemessen am Wortlaut des § 14 Abs. 1 BauGB keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

2. Wesentliche rechtsstaatliche Anforderung an alle Akte der Normsetzung auch auf der kommunalen Ebene ist die Ausfertigung der Norm nach dem Beschlussakt des Rechtssetzungsorgans und vor ihrer Inkraftsetzung durch die amtliche Bekanntmachung. Die Ausfertigung gemeindlicher Satzungen obliegt nach dem einschlägigen Landesrecht dem Bürgermeister (§ 59 Abs. 2 Satz 2 KSVG).

3. Lässt sich damit der maßgebliche räumliche Geltungsbereich einer Veränderungssperre bereits dem Satzungstext eindeutig entnehmen, so bedarf es weder nach dem saarländischen Landesrecht noch nach Bundesrecht zwingend einer gesonderten Ausfertigung der mit dem eigentlichen Satzungstext zu dessen Veranschaulichung veröffentlichten Lagekarte.

4. Voraussetzung für den Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 Abs. 1 BauGB ist, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung des gemeindlichen Beschlussorgans ein Mindestmaß an Klarheit darüber besteht, welche positiven Ziele mit der Planung verfolgt werden. Die Veränderungssperre darf dann gezielt dazu eingesetzt werden, die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines nicht zielkonformen Vorhabens zu verändern.

5. In diesem Zusammenhang ist es insbesondere bei komplexen Planungszusammenhängen nicht zwingend erforderlich, dass der Gemeinderat bereits ein bestimmtes Baugebiet im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO 1990 als Planungsziel benennt.

 

Normenkette

BauGB § 14 Abs. 1; KSVG § 59 Abs. 2 S. 2; BauNVO 1990 § 2 ff.

 

Tenor

Der Normenkontrollantrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Normenkontrollverfahrens trägt der Antragsteller.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich mit seinem Normenkontrollantrag gegen eine von der Antragsgegnerin erlassene bodenrechtliche Veränderungssperre. Er ist Eigentümer der an der E-Straße im Stadtbereich der Antragsgegnerin gelegenen, 4.734 qm großen Parzelle Nr. 1800/51 in Flur 8 der Gemarkung H.. Er beabsichtigt, auf dem bisher nicht überplanten Grundstück einen Lebensmittelmarkt (Einzelhandel) mit einer Verkaufsfläche von 799 qm zu errichten.

Die entsprechende Bauvoranfrage eines Herrn B hat die Untere Bauaufsicht bei der Antragsgegnerin durch Bescheid vom 1.3.2006 negativ beschieden. Die Entscheidung über einen inhaltsgleichen Antrag des Antragstellers vom 13.3.2006, in dem zunächst eine geplante Verkaufsfläche von 819 qm (Bruttogeschossfläche: 1.219 qm) angegeben worden war, die mit Schreiben vom 8.5.2006 auf 799 qm reduziert wurde, wurde mit auf den Widerspruch des Antragstellers hin später mit Sofortvollzugsanordnung versehenem Bescheid vom 28.7.2006 unter Hinweis auf ein zwischenzeitlich eingeleitetes Bebauungsplanaufstellungsverfahren zunächst für die Dauer eines Jahres ausgesetzt. Bereits zuvor hatte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht ein Klageverfahren (Untätigkeitsklage) – Geschäftsnummer 5 K 41/06 – eingeleitet. Während dieses Verfahrens wurde unter dem 1.3.2007 auch die Bauvoranfrage des Antragstellers abgelehnt. Über seinen dagegen erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden. Das erwähnte Klageverfahren wurde zwischenzeitlich vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.7.2007 bis zur Entscheidung im vorliegenden Normenkontrollverfahren ausgesetzt.

In seiner Sitzung am 13.7.2006 hatte der Stadtrat der Antragsgegnerin die Aufstellung eines Bebauungsplans „E-Straße” beschlossen, dessen vorgesehener, durch die Straße „Am S” im Osten, die E-Straße im Süden und das ehemalige Betriebsgelände der „Dillinger Stahlbau” im Norden und Westen begrenzte Geltungsbereich auch das Grundstück des Antragstellers umfasst. Ausweislich der Niederschrift soll das Verfahren zum einen einer planerischen „Einbindung der Verkehrsströme nach Realisierung des Bundesautobahnanschlusses A 8 Mastau in das örtlich klassifizierte Straßennetz unter Miteinbeziehung der kommunalen Verkehrsplanung … auch auf Privatgrundstücken” und zum anderen der „planungshoheitlichen Umsetzung eines Märktekonzeptes zur Stärkung und Stützung der zentralörtlichen Funktion aus landesplanerischer Verantwortung” dienen.

In derselben Sitzung wurde anschließend der Erlass einer Veränderungssperre für den „Bereich des Bebauungsplans E-Straße” beschlossen. In der Vorlage wurden neben den erwähnten planerischen Zielvorstellungen als Anlass für die Entscheidung Bebauungsabsichten genannt, die erkennen ließen, dass ohne verbindliche Bauleitplanung eine ungewollte städtebauliche Entwicklung einsetzen könne. Der betroffene räumliche Bereich habe für die städtebauliche Entwicklung große Bedeutung, da mit der Etablierung eines Vertei...

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