Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreten von Wohnungen durch den Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage (im Anschluss an BayObLG, Beschluss vom 27.6.1996, 2 Z BR 16/96)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Regelung, die dem Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage gestattet, ohne sachlichen Grund eine Wohnung zu betreten, ist auch dann mit dem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung unvereinbar, wenn das Betretungsrecht zeitlich auf zwei Termine pro Jahr beschränkt ist.

2. Die bloße Kontrolle, ob Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen erforderlich sind, stellt keinen sachlichen Grund für ein Betretungsrecht des Verwalters dar.

 

Normenkette

GG Art. 13; WEG § 14 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Beschluss vom 24.07.2000; Aktenzeichen 1 T 109/00)

AG Ludwigshafen (Entscheidung vom 21.03.2000; Aktenzeichen 2 e UR II 158/99. WEG)

 

Tenor

I. Der angefochtene Beschluss sowie der Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 21. März 2000 werden jeweils mit Ausnahme von Ziffer 2) aufgehoben.

II. Der weitergehende Antrag des Beteiligten zu 2) auf Gewährung des Zutrittsrechts zur Eigentumswohnung des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

III. Die Gerichtskosten des Verfahrens trägt der Beteiligte zu 2). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

IV. Der Geschäftswert wird für das Verfahren 1. und 2. Instanz auf 5406,– DM, für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde auf 5.000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Beteiligte zu 1) ist Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, deren Verwalter der Beteiligte zu 2) ist.

§ 26 der Teilungserklärung enthält unter der Überschrift „Überwachungsrecht des Verwalters” folgende Regelung:

„Der Verwalter hat zweimal im Jahr für sich und seine Beauftragten das Recht, alle Gebäudeteile einschließlich der Sondereigentumsräume zu angemessener Tageszeit zu besichtigen. Im Falle der Gefahr darf ihm der Zutritt in die Räume, die im Sondereigentum stehen, auf keinen Fall verwehrt werden”.

Der Beteiligte zu 2) macht geltend: Nach seiner Verwalterbestellung sei er zur Erfüllung seiner Aufgaben darauf angewiesen, sich einen Überblick über den Zustand der Häuser zu verschaffen. Seit Errichtung der Gebäudeanlage im Jahre 1957 seien teilweise bauliche Veränderungen vorgenommen worden. Eventuell seien in Wohnungen tragende Wände versetzt worden. Er hat beantragt, den Beteiligten zu 1) zu verpflichten, ihm den Zutritt zu dessen Wohnung zu gestatten.

Das Amtsgericht hat unter Abweisung eines weiteren Antrages den Antragsgegner verpflichtet, dem Beteiligten zu 2) nach mindestens 14-tägiger vorausgehender Ankündigung den Zutritt zur Eigentumswohnung des Beteiligten zu 1) zwecks Besichtigung zu gestatten.

Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Zutrittsrechts des Beteiligten zu 2) zweimal pro Jahr besteht. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1).

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist statthaft und auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1, 2 und 4, 21 Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG). Insbesondere ist der in § 45 Abs. 1 WEG vorausgesetzte Beschwerdewert von mehr als 750 Euro erreicht. Der Beteiligte zu 1) macht geltend, durch den angefochtenen Beschluss werde sein Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletzt. Diese individuelle Beeinträchtigung ist – entgegen der Auffassung des Landgerichts – auch bei nur zweimaligem Zutrittsrecht pro Jahr mit mehr als 750 Euro zu bewerten.

2. In der Sache führt die Rechtsbeschwerde zum Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht insoweit, als die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und dem Beteiligten zu 2) ein zweimaliges jährliches Betretungsrecht der Wohnung des Beteiligten zu 1) eingeräumt worden ist, auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).

Das Landgericht hat zunächst zutreffend ausgeführt, dass der Beteiligte zu 2) als Verwalter verpflichtet ist, sich durch regelmäßige Kontrollen einen Überblick über anstehende Instandsetzungsmaßnahmen zu verschaffen. Es hat hieraus jedoch die unzutreffende Folgerung gezogen, der Verwalter sei, da das Gemeinschaftseigentum nicht an der Wohnungstür des Wohnungseigentümers endet, auch berechtigt, das Sondereigentum des Beteiligten zu 1) zweimal jährlich zwecks Kontrolle zu betreten.

Ein solches Betretungsrecht kann nicht auf § 26 Abs. 1 der Teilungserklärung gestützt werden. Denn diese Vorschrift ist unwirksam. Zwar ist nach § 14 Nr. 4 WEG jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist. Der Katalog der Pflichten des Wohnungseigentümers nach § 14 WEG ist dort auch nicht abschließend geregelt; vielmehr können durch Vereinbarung die Pflichten noch wes...

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