Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf eine Zuwegungsbaulast

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Verpflichtung zur Übernahme einer Wegebaulast kann sich aus dem durch die Grunddienstbarkeit begründeten gesetzlichen Begleitschuldverhältnis ergeben.

2. Der Begleitanspruch setzt voraus, dass die Grunddienstbarkeit und die verlangte Baulast nach Inhalt und Umfang deckungsgleich sind.

3. An der erforderlichen Deckungsgleichheit fehlt es, wenn die Grunddienstbarkeit für die Bebauung nach einem bestimmten Bebauungsplan erteilt ist, die Baulast aber für ein Bauvorhaben begehrt wird, für welches mehrere Dispense erteilt worden sind.

4. Da die Klägerin eine aus dem Begleitschuldverhältnis herrührende Nebenpflicht der Beklagten geltend macht, die diese zu einem positiven Handeln verpflichten soll, es also Anspruchsvoraussetzung ist, dass die Parteien zum Zeitpunkt 25.03.2008 von der Notwendigkeit der Baulast nichts gewusst haben oder sich hierüber zumindest keine Gedanken gemacht hatten, liegt die Vortrags- und Beweislast hierfür auf Seiten der Klägerin.

 

Verfahrensgang

LG Stralsund (Aktenzeichen 6 O 197/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 09.11.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung aus dem jeweiligen Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Steitwertfestsetzung der ersten Instanz wird abgeändert und der Steitwert für beide Instanzen auf jeweils 60.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Übernahme einer öffentlich-rechtlichen Erschließungsbaulast (Zuwegungs- und Leitungsrecht gemäß § 83 LBO) für ein beabsichtigtes Bauvorhaben.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in R., ..., Gemarkung K., Flur 4, Flurstück 40/13. Sie beabsichtigt, dieses nach Abriss der bisherigen Bebauung mit einem Neubau zu bebauen. Die Beklagte ist Grundstücksnachbarin der Klägerin (Flurstück 40/10). Seit 2006 besteht Streit zwischen der Klägerin, der Beklagten und der Gemeinde über die Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung. Für die betreffenden Grundstücke gilt der Bebauungsplan Nr. 3 "H. R." vom 08.10.1999.

Dem Flurstück der Klägerin fehlt eine Anbindung zu einer öffentlichen Verkehrsfläche. Die Zuwegung erfolgt über das Flurstück der Beklagten.

Die Klägerin beantragte und beabsichtigte die Bebauung ihres Grundstücks mit einer Pension mit fünf Zweibettzimmern, einer Gaststätte sowie einer Betriebswohnung. Die untere Bauaufsichtsbehörde teilte der Klägerin unter dem 30.06.2014 mit, dass ein Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht erforderlich sei, die Bebauung jedoch mangels öffentlich-rechtlich gesicherter Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche nicht erfolgen könne.

Der Klägerin war bereits 2006 eine Baugenehmigung erteilt worden, allerdings sollte die Pension seinerzeit noch sieben Zimmer haben und es war wohl noch eine weitere Ferienwohnung vorgesehen. Gleichzeitig erklärte die Gemeinde die öffentliche Widmung der Zuwegung, die über das Flurstück der Beklagten verläuft. In einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Greifswald zog die Gemeinde die Widmung zurück. Auch der Landkreis nahm die Baugenehmigung zurück.

Die Parteien sowie die Gemeinde haben 2008 vor dem Verwaltungsgericht ein Mediationsverfahren mit dem Ziel der Regelung von Wegerechtsvarianten sowie einer Konkurrenzschutzklausel betreffend den Betrieb von Fischgastronomie durch die Klägerin geführt. Im Ergebnis des Mediationsverfahrens trafen die Parteien eine notarielle Vereinbarung vor dem Notar H.-J. H. in Greifswald zur UR-Nr. 08 H 0355 (Bl. 25-28 Bd. 1 d. A).

Im Vollzug dieser Urkunde wurde zu Gunsten des Grundstücks der Klägerin ein privates Wege- und Leitungsrecht über das Grundstück der Beklagten ins Grundbuch eingetragen. Die Klägerin bat die Beklagte zur Realisierung ihres Bauvorhabens mit Schreiben vom 26.06.2014 um die Eintragung einer öffentlich-rechtlichen Zuwegungsbaulast. Der Geschäftsführer der Beklagten verweigerte die Übernahme der begehrten Baulast am 23.06.2015. Ein am 10.07.2015 vor Ort vorgenommener Versuch einer gütlichen Einigung scheiterte. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 26.07.2015 das Begehren der Klägerin, ihr im Umfang des privatrechtlichen Wegerechts eine Baulast zu bestellen, zurück.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei zur Bestellung der begehrten Baulast verpflichtet. Dies folge als Nebenpflicht aus dem durch die private Grunddienstbarkeit vom 25.03.2008 geschaffenen gesetzlichen Schuldverhältnis. Die in der Verpflichtungserklärung vom 17.06.2015 enthaltenen Baulastmaße (97,75 m Länge, 4,10 m - 5,30 m Breite) würden denen der Grunddienstbarkeit ents...

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