Leitsatz (amtlich)

1. Der Kapitalanleger, der aus der Schlechterfüllung eines Beratervertrages Recht herleitet, trägt die Beweislast für die Verletzung von Aufklärungs- oder Beratungspflichten.

2. Zur Verletzung von Beratungspflichten durch fehlerhafte, dem Anlageziel nicht gerecht werdende Angaben zur Laufzeit der Finanzierung.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 16.05.2006; Aktenzeichen 7 O 3944/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.5.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des LG Osnabrück wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger und die Drittwiderbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht der Drittwiderbeklagten, seiner Ehefrau, die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung.

Die Beklagte zu 1), deren persönlich haftender Gesellschafter der Beklagte zu 2) ist, kauft Altwohnungsbestände auf und veräußert diese nach Renovierung und Aufteilung in Wohnungseigentum weiter. Die Wohnungen werden über Filialdirektionen der Beklagten zu 1) vertrieben.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte wurden im Juli 1998 von den Mitarbeitern B., E. und L. der Beklagten zu 1) wegen des Kaufs einer Eigentumswohnung in A., die sich in einer 1975 errichteten Anlage befindet, beraten. Zwecks Förderung des Vertragsschlusses wurde ihnen eine mit "Vorsorge durch Eigentum" überschriebene Musterberechnung übergeben, die neben den Daten der Eigentumswohnung Angaben zum Gesamtaufwand, zum Eigenaufwand, zu den Mieteinnahmen und den steuerlichen Vorteilen sowie zu den Finanzierungs- und Nebenkosten enthält. Der monatliche Eigenaufwand des Klägers und der Drittwiderbeklagten sollte nach Steuern 200 DM betragen. Die monatliche Mieteinnahme für die 50 qm große Eigentumswohnung und den Garagenstellplatz (30 DM) ist mit 405 DM veranschlagt, die Verwaltungskosten mit 600 DM pro Jahr. Die Sollzinsen sind mit 8.083 DM pro Jahr angesetzt. Am 18.8.1998 unterschrieben der Kläger und die Drittwiderbeklagte einen Darlehensantrag sowie zwei Bausparverträge. Der Erwerb der Eigentumswohnung sollte danach mit Hilfe von zwei Vorausdarlehen zu 69.000 DM bzw. 68.000 DM finanziert werden; die Anträge auf den Abschluss von Bausparverträgen belaufen sich auf dieselben Summen. Die monatliche Mindestsparrate ist mit 102,75 DM beziffert. Am 20. bzw. 21.8.1998 unterschrieben der Kläger und die Drittwiderbeklagte zwei im Wesentlichen inhaltsgleiche Besuchsaufträge. Der Besuchsauftrag vom 21.8.1998 beziffert den monatlichen Eigenaufwand vor Steuern mit 329,50 DM; das setzt sich zusammen aus Zinsen von 659 DM, Verwaltungskosten von 50 DM (Hausverwaltung 40 DM; Mietpool 10 DM), Mieteinnahmen von 405 DM, der Sparleistung Bausparen von 103,50 DM und vom Arbeitgeber getragenen vermögenswirksamen Leistungen von 78 DM.

Mit notariellem Vertrag vom 21.8.1998 (UR-Nr. ... der Urkundenrolle für 1998 des Notars W. in G.) erwarben der Kläger und die Drittwiderbeklagte das fragliche Wohnungseigentum zu einem Kaufpreis von 137.000 DM. Ebenfalls am 21.8.1998 bestellten sie für die N. Bausparkasse AG eine Gesamtgrundschuld in Höhe des Kaufpreises. Weiter schlossen sie ebenfalls an diesem Tag mit der K. Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH einen "Vertrag über Einziehung und Verwendung von Mieteinnahmen", der den Beitritt zu der für die Wohnanlage in A. bestehenden Mieteinnahmegemeinschaft beinhaltete.

Den Kaufpreis von 137.000 DM finanzierten der Kläger und die Drittwiderbeklagte durch ein ihnen mit Darlehensvertrag vom 28.8./2.9.1998 gewährtes Vorausdarlehen der ... Bank über 137.000 DM. Die Tilgung sollte durch zwei bei der N. Bausparkasse AG anzusparende Bausparverträge über 69.000 DM bzw. 68.000 DM erfolgen; die monatliche Sparrate betrug für die ersten drei Jahre 103,50 DM; sie stieg ab dem 4., 7. und 10. Jahr an und betrug schließlich 255,30 DM.

Die Drittwiderbeklagte hat ihre Ansprüche gegen die Beklagten an den Kläger abgetreten.

Mit der Klage verlangt der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung sowie den Ersatz des durch deren Kauf entstandenen Schadens.

Der Kläger macht geltend, er und die Drittwiderbeklagte seien von den Mitarbeitern der Beklagten zu 1) fehlerhaft beraten worden. Die von dieser erstellten Musterberechnungen berücksichtigten nicht die im Laufe der Finanzierung entstehenden Kostensteigerungen. Insbesondere seien sie nicht auf die steigenden Ansparraten hingewiesen worden. Schon im ersten Jahr hätten sie statt der ihnen genannten 200 DM monatlich 354,43 DM monatlich an Eigenaufwand tragen müssen. Weiter sei ihnen erklärt worden, die Finanzierung sei nach 14 Jahren abgeschlossen; tatsächlich laufe diese aber über einen Zeitraum von mehr als 30 ...

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