Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines institutionalisierten Zusammenwirkens von Bank und Verkäufer bzw. Vertrieb bei der Finanzierung des Erwerbs einer sog. Steuersparimmobilie.

 

Normenkette

BGB §§ 123, 242

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 14.10.2004; Aktenzeichen 10 O 7027/02)

 

Tenor

I. Das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 14.10.2004 (Az.: 10 O 7027/02) wird abgeändert.

II. Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notariats Dr. BW, Nürnberg, UR-Nr. B 3163/93 vom 25.6.1993 wird sowohl ggü. dem Kläger, als auch gegenüber Frau m., in das persönliche Vermögen, für unzulässig erklärt.

III. Die Beklagte wird verurteilt, die ihr erteilten vollstreckbaren Ausfertigungen der vorbezeichneten Urkunden an den Kläger herauszugeben.

IV. Es wird festgestellt, dass ein Anspruch der Beklagten aus dem Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer ... (neu: H. und ..d) ggü. dem Kläger und Frau ...

V. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 112.995,51 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die Frage, ob der Beklagten Ansprüche aus einem Darlehensvertrag zustehen, der zur Finanzierung eines Immobilienerwerbs abgeschlossen worden ist und ob die Zwangsvollstreckung aus einer in diesem Zusammenhang errichteten notariellen Urkunde vom 25.6.1993 in das persönliche Vermögen der Darlehensnehmer zulässig ist.

Hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts, des Sachvortrages der Parteien in I. Instanz und der von diesen dort gestellten Anträgen nimmt der Senat gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des Endurteils des LG Nürnberg-Fürth vom 14.10.2004 (Seiten 2-7) Bezug.

Ergänzend hierzu hat der Senat festgestellt:

Zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitgegenständlichen Rechtsgeschäfte war der Kläger 44 Jahre alt und von Beruf Schreiner. Er erzielte ein monatliches Nettoeinkommen von 2.300 DM. Seine Ehefrau, damals 43 Jahre alt, verdiente als Bürokauffrau ca. 2.700 DM netto. Sie bewohnten eine Mietwohnung, für die sie 550 DM monatlich Miete zu zahlen hatten. Ihre Ersparnisse beliefen sich auf ca. 12.200 DM. Hinzu kam ein Bausparvertrag über 30.000 DM, der ein Guthaben von 1.200 DM aufwies. Des Weiteren hatten sie Lebensversicherungsverträge über 50.000 DM bzw. 15.000.00 DM abgeschlossen, deren Rückkaufswerte ca. 6.000 DM betrugen (Anlagen K & H 05, B 6).

Am 22.6.1993 unterzeichneten der Kläger und seine Ehefrau, die Zeugin M. eine vom Zeugen B. vorgelegte Selbstauskunft (Anlage K & H 05). Dieser war für eine Firma S., M.K. )im Folgenden S.) tätig und hatte den Eheleuten S. den Erwerb einer noch zu errichtenden 28 m2 großen 1-Zimmer-Eigentumswohnung No. 94 im Objekt L. in F. zum Zweck der Steuerersparnis empfohlen.

Am 23.6.1993 erstellte der Zeuge S.HB ein Berechnungsbeispiel (Anlage K & H 06), das mit den Eheleuten S. besprochen wurde. In diesem wurde für die Mietphase ab 1995 eine Mieteinnahme für die Wohnung von 19,50 DM/m2, für die Garage 15 DM/Monat, insgesamt 7.572 DM p.a. (entspricht 631 DM/Monat) angesetzt.

Der seinerzeit aktuelle F. Mietenspiegel 1991 wies als ortsübliche Vergleichsmiete 12,20-13,20 DM/m2 aus. Am 23.6.1993 erstellte der Zeuge S., der für eine Firma C., Unternehmen für Wirtschaftsberatung und Finanzierungsvermittlung (im Folgenden C.) tätig war auf einem Formular der B.H. und W.-B. AG (im Folgenden "H.-E."), Rechtsvorgängerin der Beklagten, eine Selbstauskunft der Eheleute S. (Anlage B 6), in der die monatlichen Mieteinnahmen (kalt) für das zu finanzierende Objekt mit 630 DM angesetzt waren. Dieses wurde der H.-B., Außenstelle K., zur Finanzierungsentscheidung übermittelt.

Am 25.6.1993 gab die Zeugin S. für sich und ihren Ehemann ein notarielles Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags über eine von der Firma I. GmbH (im Folgenden "B.") noch zu errichtende Wohnung No. ... im Objekt F., L. zum Gesamtpreis von 188.120 DM ab (Anlage K & H 01). Ebenfalls am 25.6.1993 bestellte sie zugunsten der H.-B. an der Immobilie eine Grundschuld über 221.000 DM nebst 16 % Zinsen, übernahm für sich und den Kläger die persönliche Haftung und unterwarf sich und den Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung auch in das persönliche Vermögen. Auf Seite 3 dieser Urkunde wird unter Ziff. 5b das Grundbuchamt ersucht, nach Eintragung der Grundschuld eine beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts an die Zweigstelle K.B. der H.-B. zum Aktenzeichen B. zu übersenden.

Schließlich wurde am 25.6.1993 auch ein Finanzierungsvermittlungsvertrag zwischen der Firma C. und den Eheleuten S. sowie eine Rechnung für die Vermittlung der Finanzierung für das zu erwerbende Objekt über 3.762,40 DM erstellt (Anlagen K & H 07, 08).

Am 29.6...

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