Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 27.04.2000; Aktenzeichen 7 O 4068/00)

 

Tenor

I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 27.04.2000 (7 O 4068/00) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Verbotsausspruch wie folgt gefaßt wird: Der Verfügungsbeklagten wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von DM 5,– bis zu DM 500.000,–, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Kirchenverwaltungsvorstand, Herrn …

für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935 ff, 890 ZPO verboten, das Kirchenschiff der katholischen Stadtpfarrkirche … abzubrechen oder mit Abbruchmaßnahmen zu beginnen, insbesondere

wenn dies im Rahmen einer Planung geschieht bei der

  1. entweder der Kirchturm und die bisher mit der Kirche eine Einheit bildenden umliegenden Bauten erhalten bleiben und lediglich das Kirchenschiff einem kleineren, in die Gesamtanlage eingefügten Neubau weichen soll, wie dies insbesondere aus dem nachfolgend wiedergegebenen Modell ersichtlich ist

  2. oder bei der die bisher mit der Kirche eine Einheit bildenden umliegenden Bauten erhalten bleiben und das Kirchenschiff einem kleineren, in die Gesamtanlage eingefügten Neubau weichen soll, wobei zusätzlich auch der Kirchturm abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll.

II. Die Verfügungsbeklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, ob die Beklagte ein Kirchenschiff allein oder zusammen mit dem Kirchturm als Teil einer größeren Kirchenanlage abreißen darf oder daran durch das Urheberrecht des verstorbenen Architekten gehindert ist.

Die Verfügungsklägerin (in der Folge: Klägerin) ist die Witwe des am 31.08.1980 verstorbenen Architekten, …. Sie ist auch dessen Alleinerbin und als solche Rechtsnachfolgerin in das Urheberrecht an dessen Werk.

… war ein Architekt, der zahlreiche Wettbewerbe gewinnen konnte und insbesondere eine Reihe von Kirchenbauten im schwäbischen Raum in den 50 er und 60 er Jahren geschaffen hat. Dabei handelte es sich oft um Pläne, mit denen er Wettbewerbe gewonnen hatte. So verhält es sich auch bei der streitgegenständlichen Stadtpfarrkirche … in Ost. Der Bau wurde in den Jahren 1960 bis 1963 errichtet.

Die dort verwirklichte Planung von … umfaßt nicht nur die eigentliche Kirche, sondern ein Pfarrzentrum, in dem die verschiedenen Gebäude, nämlich Kirche mit Nebenkapelle und Sakristei, Räume für die Pfarrbibliothek, die Pfarrjugend, die Caritas, Pfarrsaal, Kindergarten mit Kinderhort so angeordnet sind, daß sich ein umschlossener Innenhof und ein Vorplatz ergeben. Alle Baukörper sind durch Laubengänge miteinander verbunden und bilden eine geschlossene Anlage.

Der Kirchenbau erhebt sich über einem gestreckten unregelmäßigen Achteck, das nach Osten ausgerichtet ist. Das Kirchenschiff ist einräumig, der Chor ist nicht vom Kirchenschiff abgetrennt, sondern das Kirchenschiff ist zum Hochaltar hin lediglich verjüngt durchgezogen. Die Sakristei und verschiedene Kapellen umschließen das Kirchenschiff; beidseitig des Haupteingangs befindet sich ein Laubengang. In den die letztgenannten Räumlichkeiten aufnehmenden, das Kirchenschiff umgebenden Baukörper ist auch der Turm einbezogen. An das Kirchenschiff schließen sich die umliegenden Gebäude in Form eines L-förmigen Baukörpers an, der mit einem kurzen Schenkel an den Chorbereich der Kirche anschließt und dessen langer Schenkel parallel zu der nach außen gerichteten rechten Außenwand des Kirchenbaus und damit in einem spitzen Winkel zur Längsachse der Kirche angeordnet ist. Das Kirchenschiff und dieser L-förmige Baukörper bilden einen allseits umschlossenen Innenhof, der sich vom Chorbereich bis in den Eingangsbereich der Werktagskapelle erstreckt und dort durch eine Mauer abgeschlossen wird. Die Werktagskapelle ist dabei parallel zu diesem L-förmigen Baukörper angeordnet. Danach öffnet sich der Innenhof zu einem rechtwinkligen Dreieck. Um den ganzen Innenhof verläuft ein Laubengang. Grundriss und ein Bild des Kirchenschiffs mit Turm stellen sich wie folgt dar.

Die Verfügungsbeklagte (in der Folge: Beklagte) ist eine Kirchenstiftung im Sinn von Artikel 1 Abs. 2 Ziffer 1 und Art. 9 ff. BayKiStiftO und als solche eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts. Sie ist für die streitgegenständliche Stadtpfarrkirche … verantwortlich.

In der Vergangenheit waren eine Reihe von Reparaturen an der Gesamtanlage und am Kirchenschiff erforderlich.

Im Jahr 1968 wurde die erste größere Reparatur wegen im Winter eingefrorener Fallrohre und dadurch resultierender Wasserschäden in den Kirchenmauern, 1970 ein Umbau der Fenster erforderlich. Im Jahr 1976 fand eine Außen- und Inneninstandsetzung des Kirchenschiffes statt. Danach wurden Instandsetzungsarbeiten am Kirchturm, Reparaturen an der Heizungsanlage, 1986 eine Erneuerung des Turmdachs und die Behebung von Schäden am Kirchendach vorgenommen. 1986 bis 1992 erfolgte eine ...

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