Leitsatz (amtlich)

Auch bei Vorliegen eines bestandskräftigen Eigentümergrundsatzbeschlusses, wonach der Bau von Glasveranden auf Terrassen grundsätzlich genehmigt wird, kann ein Eigentümer aus Gründen des Bestandsschutzes oder aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz keine Rechte herleiten, wenn er seine Terrassenfläche ohne Wissen und Genehmigung der übrigen Wohnungseigentümer verändert hat.

 

Normenkette

WEG a.F. § 22 Abs. 1; WEG § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 18.03.2013; Aktenzeichen 483 URII 1192/01 WE)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 18.3.2013 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat im Rechtsbeschwerdeverfahren die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, für die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.6.1985 unter TOP 4.5 folgender Beschluss protokolliert ist:

"Die Eigentümergemeinschaft genehmigt grundsätzlich jedem Eigentümer bereits jetzt den Bau von Glasveranden über deren Terrassen zu gleichen Bedingungen."

Der Antragsteller hatte ohne Wissen der übrigen Wohnungseigentümer seine ursprüngliche Terrassenfläche mehr als verdoppelt und will nun den Bau eines Wintergartens darauf gegen die übrigen Wohnungseigentümer durchzusetzen.

Das AG hat die ursprünglichen Anträge mit Beschluss vom 29.4.2002 als unbegründet zurückgewiesen. Nach mehrmaliger Antragsänderung hat der Antragsteller zuletzt in der Beschwerdeinstanz im Wesentlichen beantragt, festzustellen, dass er berechtigt sei, eine Glasveranda/Wintergarten auf der Fläche seiner Terrasse vor seinem Wohnungseigentum in der gleichen Ausführung und zu den gleichen Bedingungen wie der Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 6 zu errichten.

Das LG hat mit Beschluss vom 18.3.2013 die sofortige Beschwerde des Antragstellers auch hinsichtlich der aktuellen Anträge zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.

II. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:

Der Inhalt des Protokolls der Eigentümerversammlung von 1985 zu TOP 4.5 könne nur dahingehend verstanden werden, dass die Eigentümer lediglich eine Absichtserklärung dahingehend abgegeben hätten, dass grundsätzlich auch jeder andere Eigentümer den Bau einer Glasveranda auf seiner Terrasse genehmigt erhalten könne. Der Beschluss beinhalte keinerlei durchführbare Regelung hinsichtlich einer zu diesem Zeitpunkt etwa abgegebenen Zustimmungserklärung. Daher gebe es für den Antragsteller aus diesem Beschluss auch keine Anspruchsgrundlage für seine zuletzt gestellten Anträge.

2. Die Entscheidung des LG hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Eigentümerbeschlüsse sind aus sich heraus objektiv und normativ auszulegen. Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ohne weiteres für jedermann erkennbar sind (BGH NJW 1998, 3713, 3714).

Das Rechtsbeschwerdegericht kann den betroffenen Eigentümerbeschluss selbst auslegen und ist nicht auf eine begrenzte Nachprüfung der Auslegung durch den Tatrichter verwiesen (BGH, a.a.O.).

b) Dem Rechtsbeschwerdeführer ist darin Recht zu geben, dass im Gegensatz zur Auslegung durch das LG in der Formulierung in TOP 4.5 der Eigentümerversammlung von 1985 - "genehmigt grundsätzlich jedem Eigentümer bereits jetzt" - durchaus auch die Abgabe einer generellen Zustimmungserklärung gesehen werden kann. Ein solcher Grundsatzbeschluss kann auch ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen (BayObLG ZMR 2004, 927).

Allerdings würde sich eine solche Grundzustimmung nach dem Wortlaut eindeutig nur auf die Errichtung einer Glasveranda, und damit nach dem üblichen Sprachgebrauch auf eine gläserne Umrandung der jeweiligen Terrasse erstrecken, nicht aber auf eine gläseren Bedachung wie bei einem Wintergarten. An dieser Beschränkung einer möglichen Grundzustimmung ändert sich auch nichts, wenn der Eigentümer der Wohnung Nr. 6 seinerseits eine Bedachung hat bauen lassen.

c) Des Weiteren ist dem LG in seiner Hilfsüberlegung Recht zu geben, wonach der Beschluss, sofern man in ihm eine Grundzustimmung zur Errichtung von Glasveranden sieht, zur Bauausführung keine durchführbaren Regelungen erkennen lässt, und vor allen Dingen auch nicht festlegt, welche Ausnahmen von der "grundsätzlichen" Zustimmung gemacht werden können oder sogar sollen. Es bestehen deshalb Zweifel an der Wirksamkeit der Beschlussfassung zu TOP 4.5, da Eigentümerbeschlüsse, denen die inhaltliche Klarheit und Bestimmtheit fehlt, nach einhelliger Auffassung unwirksam sind (BayObLG ZWE 2002, 523).

d) Letzlich kann aber dahingestellt bleiben, welcher Auslegung der Vo...

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