Leitsatz (amtlich)

Zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts (hier: Baubeschränkung) kann nicht auf eine nur örtlich geltende baurechtliche Vorschrift Bezug genommen werden (hier: Bezugnahme auf Staffel IX der Münchener Staffelbauordnung vom 20.4.1904).

 

Normenkette

BGB §§ 874, 1090; GBO § 44 Abs. 2, § 53 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 23.10.2007; Aktenzeichen 13 T 6148/07)

AG München (Beschluss vom 20.03.2007; Aktenzeichen Grundbuch von Nymphenburg Bl. 2923)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 werden die Beschlüsse des AG München - Grundbuchamt - vom 20.3.2007 und des LG München I vom 23.10.2007 aufgehoben.

II. Das AG München - Grundbuchamt - wird angewiesen, die in Abteilung II Nr. 1 des Grundbuchs der Gemarkung Nymphenburg Bl. 2923 zugunsten der Stadt München eingetragene Baubeschränkung zu löschen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 3 erwarb von den Beteiligten zu 1 und 2 das gegenständliche Grundstück mit notariellem Vertrag vom 27.6.2005 und Nachtrag vom 7.9.2005. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben in Ziff. 5 des Vertrags vom 27.6.2005 und in Ziff. 2.2. des Nachtrags den zur Lastenfreistellung erforderlichen Erklärungen zugestimmt. In Abteilung II unter Nr. 1 des Grundbuchs ist folgendes Recht zugunsten der Beteiligten zu 4) eingetragen:

Baubeschränkung zugunsten der Stadt München des Inhalts, dass auf dem Grundstück nur solche Bauten errichtet werden dürfen, die den Vorschriften der Staffel IX der Münchner Staffelbauordnung entsprechen.

Eingetragen seit 27.4./9.11.1928

Bei der Münchener Staffelbauordnung (im Folgenden: SBO) handelt es sich um eine ortspolizeiliche Vorschrift, die insbesondere die Abstufung der Bebauungsdichte im Stadtgebiet regelte und nach § 36 mit dem Tag ihrer Verkündung in der Münchener Gemeindezeitung am 20.4.1904 in Kraft trat. Nach vielfachen Änderungen trat sie schließlich mit Ablauf des Jahres 1979 außer Kraft.

Staffel IX SBO, in deren Gebiet das veräußerte Grundstück liegt, beschränkt u.a. die Höhe der Vor- und Rückgebäude sowie die Ausdehnung von Baugruppen und schreibt ferner eine Mindestgröße für Hofräume vor.

Am 13.2.2006 hat der Urkundsnotar für die Beteiligten zu 1 bis 3 die Löschung der Baubeschränkung beantragt. Die Beteiligte zu 4 hat der Löschung nicht zugestimmt. Das Grundbuchamt hat daraufhin am 20.3.2007 den Antrag auf Löschung abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das LG mit Beschluss vom 23.10.2007 zurückgewiesen. Mit der vom Notar eingelegten weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1 bis 3 das Ziel, das zugunsten der Stadt München im Grundbuch eingetragene Recht zu löschen, weiter.

II. Die weitere Beschwerde ist gem. § 78 GBO statthaft. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind schon deshalb beschwerdeberechtigt, weil sie mit ihrer Erstbeschwerde erfolglos geblieben sind (BayObLGZ 2002, 413/414; Demharter GBO 25. Aufl., § 78 Rz. 2). Das Rechtsmittel ist auch formgerecht durch den verfahrensbevollmächtigten Notar eingelegt worden. Dessen Befugnis folgt zwar nicht aus § 80 Abs. 1 Satz 3 GBO; denn es geht hier um eine Löschung von Amts wegen gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO und nicht um einen in Vollzug einer notariellen Urkunde gestellten Eintragungsantrag gemäß § 15 GBO. Die Befugnis ergibt sich aber aus § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG, der nach herrschender und vom Senat geteilter Meinung im Grundbuchverfahren neben § 80 GBO anwendbar ist (BayObLG NJW-RR 1988, 460 m.w.N.; BayObLGZ 1989, 354/356; a.A. Demharter § 80 Rz. 7 und § 1 Rz. 27).

Die weitere Beschwerde ist begründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Die Beschwerde sei unbegründet. Die Voraussetzungen einer Löschung der Grunddienstbarkeit (Baubeschränkung) von Amts wegen nach § 84 GBO als gegenstandslos lägen nicht vor. Die Bestimmungen der Staffel IX SBO enthielten Baubeschränkungen, die faktisch nicht nur zugunsten der Stadt München, sondern auch zugunsten der Eigentümer der Nachbargrundstücke bestellt worden seien; denn durch die Beschränkungen würden Freiflächen erhalten und Belichtung sowie Belüftung der Nachbargrundstücke sichergestellt. Die Eintragung sei aufgrund einer Bewilligung der damaligen Grundstückseigentümer erfolgt. Zwar sei ein Originalgrundbuchauszug aus dem Jahr 1928 für das gegenständliche Grundstück nicht mehr zu beschaffen gewesen, jedoch habe die Staffelbauordnung selbst keine Rechtsgrundlage für die Eintragung einer Dienstbarkeit enthalten, und es sei nachweisbar, dass auf Grundstücken in unmittelbarer Nachbarschaft derartige Dienstbarkeiten aufgrund Bewilligung eingetragen worden seien, was den Schluss zulasse, dass die Eintragung auch auf dem gegenständlichen Grundstück auf einer Bewilligung beruhe.

Der Wirksamkeit der Eintragung stehe auch die Bezugnahme auf öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen. Die SBO sei zum Zeitpunkt der Eintragung ein geltendes Gesetz im materiellen Sinn gewesen. Die Tatsache, dass der Text der Verordnung heutzutage schwer zugänglich sei, ändere daran nichts, weil weiterhin auch für den Laien erkennbar sei, dass au...

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