Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 15 HK O 11406/17)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 3.8.2017 (Az.: 15 HK O 11406/17) aufgehoben.

2. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, über

a) die Räumlichkeiten im Erdgeschoss

b) die Räumlichkeiten (einschließlich der Unter- und Erdgeschoss verbindenden Treppe) im Untergeschoss

c) die Terrasse bzw. die Freischankfläche

d) die Räumlichkeiten, (An-)Bauten, Flächen und sonstigen Sachen,

einen Unter- oder Weiter- oder sonstigen Miet- oder Pachtvertrag zu schließen und/oder den Besitz oder Gebrauch dieser Räumlichkeiten und sonstigen Sachen Dritten zu überlassen.

3. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung bzw. Untersagung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, die Ordnungshaft (zu vollstrecken gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin) oder die Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (zu vollstrecken gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin) angedroht.

4. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 40.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Erbbauberechtigte an dem Grundstück ... München. Über die im Tenor genannten Räume auf diesem Grundstück bestand ein gewerbliches Mietverhältnis zwischen den Parteien; die Antragsgegnerin betrieb in diesen Räumen das Restaurant .... Durch das im Tenor genannte vorläufig vollstreckbare Endurteil des Landgerichts München I wurde die Beklagte zur Räumung der Mieträume verurteilt; die Berufung hiergegen ist beim erkennenden Senat anhängig. Ein Vollstreckungsversuch der Antragstellerin nach Leistung der von dem genannten Urteil festgesetzten Sicherheit scheiterte daran, dass nach Mitteilung der zuständigen Gerichtsvollzieherin die streitgegenständlichen Räume an einen Herrn H. untervermietet sind.

Die Antragstellerin hält den insoweit vorliegenden Untermietvertrag vom 1.11.2015 für ein Scheingeschäft und obendrein für rückdatiert, um die Vollstreckung der vorläufig titulierten Räumungspflicht zu verhindern. Um weitere Untervermietungen durch die Antragsgegnerin zu verhindern, begehrte die Antragstellerin mit den aus Ziffern 2 und 3 des Tenors dieses Beschlusses ersichtlichen Anträgen den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin.

Durch den angegriffenen Beschluss hat das Landgericht den Antrag abgelehnt. Wegen der Möglichkeit der Klauselumschreibung bestehe für den Erlass einer einstweiligen Verfügung kein Rechtsschutzbedürfnis.

Mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 22.8.2017 nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die einstweilige Verfügung war antragsgemäß zu erlassen.

1. Der Verfügungsantrag ist zulässig. Insbesondere fehlt ihm - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

a) Das Rechtsschutzbedürfnis würde dann fehlen, wenn der Kläger sein Rechtsschutzziel auf einfacherem und billigerem Weg erreichen könnte (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 36. Aufl., vor § 253 Rz. 27, m.w.N.). Das Klauselumschreibungsverfahren stellt einen solchen Weg jedoch aus zwei Gründen nicht dar.

Rechtsschutzziel der Antragstellerin ist es, die Vereitelung oder Erschwerung der Vollstreckung der titulierten Räumungspflicht gegen die Antragsgegnerin zu verhindern. Soweit ein Dritter im Besitz der herauszugebenden Räume ist, tritt eine solche Erschwerung ein; die Antragstellerin benötigt zur Räumung entweder einen neuen Titel oder kann - unter bestimmten Voraussetzungen (dazu sogleich) - die Umschreibung des Titels nach § 727 ZPO beantragen. Selbst wenn diese Voraussetzungen Vorlagen, stellt das Erfordernis eines qualifizierten Klauselerteilungsverfahrens eine Erschwerung der Zwangsvollstreckung dar und kann daher nicht als Argument gegen das Rechtsschutzziel des Klägers, nämlich die Vermeidung solcher Erschwerungen ins Feld geführt werden.

Im Übrigen würde auch ein schnelleres und billigeres Mittel des Rechtsschutzes das Rechtsschutzbedürfnis aber nur dann entfallen lassen, wenn es wenigstens vergleichbar sicher und wirkungsvoll alle erforderlichen Rechtsschutzziele herbeiführen kann (vgl. BGH, Urteil vom 24.2.1994 - IX ZR 120/93, Rz. 9). Diesen Anforderungen genügt das Klauselerteilungsverfahren nicht. Denn die Antragstellerin müsste nach § 727 ZPO die - nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage eingetretene - Rechtsnachfolge eines Dritten im Besitz der Räume durch öffentliche Urkunden nachweisen; dass dies mit Schwierigkeiten einhergehen kann, zeigt das dem Senat aus den genannten Berufungsakten bekannte Klauselumschreibungsverfahren gegen Herrn H. Die eventuelle Möglichkeit der Klauselumschreibung auf einen weiteren Rechtsnachfolger ...

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