Entscheidungsstichwort (Thema)

Offenlegung sämtlicher Abrechnungsunterlagen vor der Abstimmung über die Jahresabrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

Den Eigentümern ist vor der Beschlussfassung über die Jahresabrechung hinreichend Gelegenheit zu geben, sämtliche Abrechnungsunterlagen sowie die Einzelabrechnungen einzusehen (st. Rspr. des Senats).

Es genügt hierzu nicht, dass der Verwalter die entsprechenden Unterlagen lediglich mitführt, ohne die Eigentümer auf deren Vorhandensein und die Einsichtsmöglichkeit hinzuweisen.

 

Normenkette

WEG § 28

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 09.08.2006; Aktenzeichen 8 T 159/05)

AG Bonn (Beschluss vom 14.07.2005; Aktenzeichen 28-II 259/02 WEG)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Bonn vom 9.8.2006 - 8 T 159/05 - teilweise abgeändert:

Der Beschluss des AG Bonn vom 14.7.2005 - 28 II 259/02 - wird aufgehoben.

Das Verfahren ist hinsichtlich der Anfechtung des Beschlusses zu TOP 12) erledigt.

Der Beschluss der Gemeinschaft vom 21.11.2002 zu TOP 5) wird insgesamt für ungültig erklärt.

Die Anschlussbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten der ersten und zweiten Instanz tragen der Antragsteller zu 37 %, die Antragsgegner zu 63 %. Die Gerichtskosten der Rechtsbeschwerde fallen den Antragsgegnern zur Last. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erfolgt nicht.

Der Geschäftswert der Rechtsbeschwerde beträgt 16.250 EUR zzgl. der Gerichtskosten, die auf die Teilerledigung entfallen.

 

Gründe

Die formell nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde hat Erfolg hinsichtlich der Anfechtung des Beschlusses zu TOP 5 der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.11.2002.

1. Beschluss zu TOP 5 (Jahresabrechnung 2001)

Die Entscheidung des LG, die formelle Mängel bei der Beschlussfassung vom 21.11.2002 nicht festgestellt hat, ist u.a. davon ausgegangen, dass die Saldenlisten nicht jeder Wohnungseigentümerabrechnung beigefügt werden mussten, da für jeden Sondereigentümer die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Einzelabrechnungen bei der Verwalterin bestanden habe. Die Einzelabrechnungen als solche hat das Beschwerdegericht beanstandet und für ungültig erklärt, soweit damit Heizkosten sowie weitere Kosten nach einem unzutreffenden Wohnflächenschlüssel umgelegt worden sind.

Diese Erwägungen des Erstbeschwerdegerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Abstimmung zur Jahresabrechnung 2001 ist insgesamt für ungültig zu erklären, da der Beschluss unter Verstoß gegen § 28 Abs. 1 und 3 WEG zustande gekommen ist.

a) Die Beschlussfassung vom 21.11.2002 ist allerdings nicht bereits aus formellen Gründen zu beanstanden. Mit dem LG ist davon auszugehen, dass die Versammlungsleitung durch eine Angestellte der Verwalterin nicht ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht.

Ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Abstimmung bleibt auch die Art und Weise der Abstimmung bzw. der Stimmauszählung aus den vom LG dargelegten Gründen, wonach darin kein Ermessensmissbrauch durch die Verwalterin liegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird i.E. auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

b) Die Abstimmung zur Jahresabrechnung ist jedoch insgesamt fehlerhaft, weil den Wohnungseigentümern vor der Beschlussfassung keine ausreichende Möglichkeit zur Einsichtnahme in sämtliche Einzelabrechnungen gewährt wurde, § 28 Abs. 1, Abs. 3 WEG. Das LG hat die Voraussetzungen einer wirksamen Beschlussfassung zu Unrecht bejaht. Die von ihm zugrunde gelegten Tatsachen rechtfertigen diese Rechtsansicht nicht.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass den Eigentümern vor der Beschlussfassung hinreichend Gelegenheit gegeben werden muss, sämtliche Abrechnungsunterlagen sowie die Einzelabrechnungen einzusehen (zuletzt Senatsbeschluss vom 24.8.2005 -16 Wx 80/05, OLG Köln v. 24.8.2005 - 16 Wx 80/05, OLGReport Köln 2006, 457 = NJW-RR 2006, 19; Beschluss vom 5.4.2001 - 16 Wx 101/00, OLGReport Köln 2001, 267-, NZM 2001,1142; Beschluss vom 4.6.1997, WuM 1998, 50 = OLGR 1997, 249; Beschluss vom 24.09. 1996, WuM 1997, 62 = WE 1997, 232; Beschluss vom 29. 03.1995 - 16 Wx 36/95, OLGReport Köln 1996, 55 = WuM1995, 450 je m.w.N.). Eine Beschlussfassung ohne die Möglichkeit der sachgerechten Vorprüfung aller Gegenstände des Beschlusses nach § 28 Abs. 5 WEG ist keinem Eigentümer zumutbar. Jedem stimmberechtigten Eigentümer muss vor der Abstimmung ermöglicht werden, auch die Einzelabrechnungen der anderen Eigentümer zu überprüfen, da derartige Fehler nach Eintritt der Bestandskraft der Beschlüsse nicht mehr zu beheben sind. Zwar ist es nicht erforderlich, dass mit Übersendung der Jahresabrechnung an die Wohnungseigentümer auch sämtliche Saldenlisten der übrigen Wohnungseigentümer beigefügt werden. Eine ordnungsgemäße Information der Eigentümer setzt aber voraus, dass vor (und auch während) der Eigentümerversammlung für die Eigentümer uneingeschränkt und in zumutbarer Weise Gelegenheit besteht, die Einzelabrechnungen sämtlicher M...

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