Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 319 O 220/17)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 25.01.2018, Aktenzeichen 319 O 220/17, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Beklage kann hierzu binnen 3 Wochen Stellung nehmen.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine - mündliche Verhandlung ist auch sonst nicht geboten.

1. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die Beschlüsse des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten vom 6. April 2017 (Anlage K7) und vom 31. Mai 2017 (Anlage K10) über den Ausschluss des Klägers aus der Beklagten unwirksam sind und die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten fortbesteht.

2. Die gegen die Ausschließungsbeschlüsse des Vorstandes bzw. des Aufsichtsrats gerichtete, grundsätzlich nicht fristgebundene Feststellungsklage ist gemäß § 256 ZPO statthaft. Der Kläger hat zuvor das satzungsmäßig vorgesehene genossenschaftsinterne Rechtsmittelverfahren ausgeschöpft. Anders als die Beklagte meint, kommt eine Verwirkung des Klageerhebungsrechts nicht in Betracht. Zwar muss eine gegen die Ausschließung eines Mitglieds gerichtete Klage innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnis des Ausschließungsbeschlusses erfolgen. Hinsichtlich des hierfür erforderlichen Zeitraums gibt es unterschiedliche Ansätze, die - unter Heranziehung entsprechender Regelungen in § 626 Abs. 2 BGB, §§ 51 Abs. 1, 67 a Abs. 2 GenG, § 242 AktG - zwei Wochen bis zu einem halben Jahr umfassen (vgl. Holthaus/Lehnhoff in Lang/Weidmüller, GenG, 38. Auflage 2015, § 68 Rn. 39 m.w.N.). Hierauf aufbauend ist die Frage der Verwirkung im Falle des Schweigens der Satzung regelmäßig eine im Einzelfall zu treffende Wertungsfrage (vgl. Beuthien, GenG, 14. Auflage 2004, § 68 Rn. 21).

Die von dem Kläger binnen zwei Wochen nach Erhalt des Aufsichtsratsbeschlusses am 9. Juni 2017 unter dem 23. Juni 2017 erhobene Klage überschreitet das vorstehende Zeitfenster nicht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Klage erst am 25. August 2017 zugestellt wurde. Angesichts der Identität der Streitgegenstände von Haupt- und Hilfsantrag (vgl. hierzu unter 3.) kommt es auch nicht darauf an, dass der Hilfsantrag erst mit Schriftsatz vom 15. November 2017 in das Verfahren eingeführt wurde.

Im Übrigen kommt eine Verwirkung schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger zu keiner Zeit den Eindruck erweckt hat, den Ausschluss als rechtswirksam anzuerkennen (vgl. Holthaus/Lehn- hoff in Lang/Weidmüller, a.a.O.). Soweit der Beklagte diesen Umstand darin zu erkennen sucht, dass der Kläger den ihm gewährten Anhörungstermin am 17. Mai 2017 nicht wahrgenommen habe, reicht dies nicht. Grundsätzlich kann der Auszuschließende selbst entscheiden, ob und in welcher Form er sich rechtfertigen will, ob schriftlich oder im Rahmen einer mündlichen Aussprache. Dies kann auch durch einen Bevollmächtigten erfolgen (vgl. Holthaus/Lehnhoff in Lang/Weidmüller, a.a.O, § 68 Rn. 22). Insoweit war für die Beklagte aber bereits mit Schreiben des klägerischen Bevollmächtigten vom 3. April 2017 (Anlage K6) eindeutig erkennbar, dass der Kläger einen Ausschluss aus der Genossenschaft aufgrund des ihm vorgeworfenen Sachverhalts nicht akzeptieren würde. Entsprechend hat der Kläger sodann unmittelbar nach Erhalt des Vorstandsbeschlusses das satzungsmäßig vorgesehene Rechtsmittelverfahren angestrengt. Woraus sich im Anschluss hieran eine Akzeptanz des Klägers gezeigt haben soll, aufgrund derer die Beklagte auf einen Bestand der von ihr gefassten Beschlüsse hätte vertrauen dürfen, erschließt sich nicht.

3. Einer Klagabweisung im Übrigen bzw. einer entsprechenden Kostenquotelung bedurfte es nicht. Bereits zum Aktiengesetz ist anerkannt, dass die frühere Praxis, Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe durch Haupt- und Hilfsantrag in den Prozess einzuführen, entbehrlich ist (BGH Urteil vom 17. Februar 1997, II ZR 41/96, Rn. 12, zitiert nach juris), da beide Klagearten auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet sind (Hüffer-Schäfer in MüKo, AktG, 4. Auflage 2016, § 246 Rn. 21 f.). Die gleichwohl gestellten Eventualanträge sind kostenrechtlich unschädlich und führen nicht zu einem höheren Streitwert, da sie denselben Gegenstand betreffen. (Hüffer, AktG, 11. Auflage 2014, § 247 Rn. 6; Schneider/Herget-Kurpat, Streitwertkommentar, 14. Auflage 2016, Rn. 3097)). Entsprechendes muss erst recht für die hier im Wege des Haupt- und Hilfsantrags erhobenen, der Sache nach identischen Feststellungsanträge gelten, deren einziges Rechtsschutzziel der Fortbestand der Mitgliedschaft des Klägers ist.

4. Ein materieller Ausschlussgrund liegt weder gemäß § 68 Abs. 1 GenG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 b) der Satzung (Anlage B1) noch anderweitig vo...

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