Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen vom 15.07.2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen fallen der Antragstellerin zur Last.

Der Gegenstandswert wird für das Beschwerdeverfahren auf EUR 748.000,- festgesetzt.

 

Gründe

I. Wegen des Sach- und Streitstandes des Verfahrens vor der Vergabekammer wird auf die Feststellungen des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Die Antragstellerin betreibt einen mittelständischen Malereibetrieb; bis zum Jahre 2014 wurde sie des Öfteren von der Antragsgegnerin beauftragt, seither nicht mehr.

Die Antragsgegnerin ist eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft; ihre Geschäftsanteile werden zu 80,55% von der SAGA, zu 19,45% von der GWG-Beteiligungsgesellschaft gehalten, die wiederum eine 100%-tige Tochter der Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (im Folgenden HGV) ist, bei der es sich um eine Konzernholding der Freien und Hansestadt Hamburg handelt, in der ein großer Teil der hamburgischen öffentlichen Unternehmen und weitere Beteiligungen gebündelt sind. Die Anteile an der SAGA wiederum liegen zu 71,74% bei der HGV und werden zu 28,26% direkt von der Stadt gehalten.

In der Außendarstellung tritt die Antragsgegnerin als Teil der "SAGA-Unternehmensgruppe" auf (so etwa im Internetauftritt unter https://www.saga.hamburg/das-unternehmen/uber-saga-gwg /B2B_Flyer_final_dl.pdf), die in Hamburg mehr als 132.000 Wohnungen vermietet.

Im Frühjahr 2015 beauftragte die Antragsgegnerin die Fa. H. GmbH (H...) ohne vorherige Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens als Generalunternehmerin mit der Durchführung des Bauvorhabens "Wohnen an der Finkenau", für das 104 Wohnungen, Gewerberäume und 31 Tiefgaragenstellplätze errichtet werden sollten. Unstreitig liegt der Gesamtwert dieses Auftrages bei ca. EUR 14.960.000,-; ebenso unstreitig beläuft sich der Wert der Malerarbeiten auf ca. EUR 170.000,-.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass es sich bei der Antragsgegnerin um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des Vergaberechts - hier des § 98 Nr. 2 GWB a.F. - handele und die Vergabe des Generalunternehmerauftrages an die Fa. H... ohne vorheriges Vergabeverfahren sich folglich als rechtswidrige de-facto-Vergabe darstelle.

Im Rahmen des bei rechtmäßigem Verhalten der Antragsgegnerin durchzuführenden förmlichen Vergabeverfahrens würde sie sich auf ein dann zu bildendes Teillos "Malerarbeiten" mit guten Erfolgsaussichten beworben haben.

Die Antragsgegnerin unterstehe vollständig staatlicher Kontrolle - über ihre Beteiligungen an der SAGA und der HGV sei die Stadt in der Lage gem. § 46 Nr. 5 GmbHG die Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu bestimmen.

Die Antragsgegnerin erfülle auch im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art.

Insoweit genüge es nach der Rechtsprechung des EuGH, wenn - ggf. auch neben anderen Zwecksetzungen - nach Gründungszweck bzw. Gründungsurkunde der fraglichen Gesellschaft zumindest auch ein gemeinnütziger Zweck verfolgt werde und die Gesellschaft diesem auch dann verpflichtet sei, wenn ihr unternehmerisches Eigeninteresse dem entgegenstehen sollte.

Dies sei im Falle der Antragsgegnerin zu bejahen, zahlreiche Indizien ließen auf eine Verpflichtung der Antragsgegnerin als Teil des SAGA/GWG-Konzerns auf die Erfüllung von Allgemeininteressen schließen.

Schon die Satzung der Antragsgegnerin - wie auch diejenige der SAGA - stelle klar, dass das Unternehmen gemeinnützige Zwecke verfolge.

Tatsächlich indiziere das Vorliegen einer staatlichen Kontrolle eine nichtgewerbliche Tätigkeit; insbesondere aber ergebe sich dies aus zahlreichen öffentlichen Stellungnahmen von Seiten der Politik bzw. der Stadt.

So heiße es im Beteiligungsbericht der FHH zum SAGA/GWG-Konzern, wie auch in § 2 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin (Anl. AG 7 im Verfahren vor der Vergabekammer), dass "Zweck der Gesellschaft ... vorrangig eine sichere und sozial verantwortliche Wohnungsversorgung für breite Schichten der Bevölkerung zu angemessenen Preisen" sei und die "Gesellschaft ... hierbei nach gemeinnützigen Grundsätzen" handele, was heiße, dass sie "als ein sich mindestens selbst tragendes, sozial verpflichtetes und auf Erreichung der Eigenkapitalverzinsung ausgerichtetes Unternehmen zu führen" sei. Insoweit sei es auch ohne Belang, dass die Antragsgegnerin durch Gesellschafterbeschluss vom November 2017 die bis dahin in § 2 Abs. 1 ihres Gesellschaftervertrages enthaltene ausdrückliche Verpflichtung auf "Gemeinnützigkeit" gestrichen habe, dies habe an der wesentlichen Zwecksetzung nichts geändert.

Sozialer Wohnungsbau sei ein ureigenes Interesse staatlicher Einrichtungen, wobei es gerade um die Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen gehe, die diesen nicht am freien Markt befriedigen könnten. Die Errichtung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften sei insoweit das übliche Instrument für staatlic...

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