Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Staatshaftung wegen Unwirksamkeit der Mietpreisbegrenzungsverordnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Erlass einer unwirksamen Mietpreisbegrenzungsverordnung ist keine Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht i. S. v. § 839 BGB.

2. Eine Staatshaftung besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes.

 

Normenkette

BGB §§ 556d, 839; GG Art. 34

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.03.2019; Aktenzeichen 2-04 O 307/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.01.2021; Aktenzeichen III ZR 25/20)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.3.2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des beklagten Landes gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor Beginn seiner Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils vollstreckten Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht Schadensersatz von dem beklagten Land wegen der Unwirksamkeit der von der Landesregierung am 17.11.2015 erlassenen Mietpreisbegrenzungsverordnung.

Herr A und Frau B (im Folgenden: Zedenten) haben beginnend am 15.2.2017 von der C Beteiligungsverwaltungs GmbH eine 67 qm große Wohnung in der D-Straße ... in Großstadt1 angemietet. Dieser Teil von Großstadt1 ist in der Mietpreisbegrenzungsverordnung als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt im Sinne von § 556d Abs. 2 BGB festgelegt. Die vereinbarte Kaltmiete beträgt 11,50 EUR/qm; ortsüblich waren 7,45 EUR/qm.

Die Klägerin ist ein registriertes Inkassounternehmen, das sich insbesondere mit der Einziehung von Forderungen befasst, die Wohnungsmieter gegen deren Vermieter wegen der Vereinbarung von Mieten zustehen, die die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10% übersteigen.

Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht der Zedenten derartige Rückforderungen gegen die Vermieterin gerichtlich vor dem Amtsgericht Großstadt1 (Az. ...) geltend gemacht. In einer Parallelsache entschied das Landgericht Großstadt1 als Berufungsgericht, dass die Mietpreisbegrenzungsverordnung unwirksam sei. Daraufhin hat die Klägerin dem beklagten Land den Streit verkündet; das Amtsgericht hat wegen Nichtigkeit der Verordnung die Klage abgewiesen.

Mit der vorliegenden Teilklage macht die Klägerin gegen das beklagte Land aus abgetretenem Recht der Zedenten als Schaden geltend, dass bei Wirksamkeit der Verordnung ihnen ein Rückzahlungsanspruch gegen die Vermieterin in Höhe von 221,43 EUR für die im August 2017 gezahlte Miete zugestanden hätte.

Die Klägerin hält die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs gemäß § 839 BGB für gegeben. Die Verordnung sei unwirksam, weil die vorgeschriebene Begründung fehle, jedenfalls nicht mitveröffentlicht worden sei. Der Erlass der fehlerhaften Verordnung verletze eine dem beklagten Land gegenüber den Zedenten obliegende Amtspflicht. Das beklagte Land sei verpflichtet gewesen, von der Verordnungsermächtigung Gebrauch zu machen, weil anders der Zweck des § 556d Abs. 2 BGB nicht erreicht werden könne und weil sich aus der sozialpolitischen Zielrichtung des Gesetzes ein individueller Anspruch der Mieter auf Erlass einer Rechtsverordnung ergebe. Ergänzend beruft sich die Klägerin auf einen Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff.

Das beklagte Land bezweifelt die Aktivlegitimation der Klägerin und ist der Ansicht, dass ein Amtshaftungsanspruch nicht bestehe, insbesondere weil keine drittbezogene Amtspflicht verletzt worden sei. Es fehle auch an dem für einen Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff erforderlichen Eingriff in eine Eigentumsposition der Zedenten.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und wegen des Wortlauts der in erster Instanz zuletzt gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat offengelassen, ob die Klägerin aktivlegitimiert ist, ob die Verordnung unwirksam ist und ob gegebenenfalls ein Schuldvorwurf gegen die Mitarbeiter des Ministeriums erhoben werden kann. Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Amtspflicht bestehe nicht, weil bei der Gesetzgebung nur Aufgaben der Allgemeinheit wahrgenommen würden. Die weitergehende Ansicht, dass es für die Amtshaftung nur auf die Beeinträchtigung subjektiv öffentlicher Rechte des Bürgers ankomme, habe der Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Bei dem Erlass von Rechtsverordnungen bzw. für das Untätigbleiben des Verordnungsgebers gelte nichts anderes. Ein Maßnahme- oder Einzelfallgesetz, bei dem eine Haftung wegen Amtspflichtverletzung in Betracht komme, liege nicht vor, denn die Mietpreisbegrenzungsverordnung richte sich nicht lediglich an einen...

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