Leitsatz (amtlich)

Ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung, der die Nutzung einer in Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstücksfläche als Parkplatz so regelt, dass nicht alle Wohnungseigentümer auch während der Zeit von 18.00 Uhr bis 8.00 Uhr dort ein Fahrzeug abstellen dürfen, überschreitet nicht die Grenze einer Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 2 WEG. Es handelt sich nicht um die Begründung von Sondernutzungsrechten, die nach der Rechtsprechung des BGH nur durch Vereinbarung begründet werden können.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 2, § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 19 T 478/04)

 

Gründe

Der Antragsteller und die Antragsgegner bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft an der Wohnungseigentumsanlage A-Str. in O1.

Nach Teil II § 4 Ziff. 6 der die Gemeinschaft begründenden Teilungserklärung vom 25.4.1970 (Bl. 15 ff. d.A.) wird die Art und Weise der Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Eigentums, zu dem nach Teil I § 3 Ziff. 3 auch Grund und Boden gehören, durch die vom Verwalter aufgestellte und von der Eigentümerversammlung beschlossene Hausordnung geregelt. Die Bestimmungen dieser Hausordnung können durch die Eigentümerversammlung mit einfacher Mehrheit geändert werden (Bl. 30 d.A.). In Teil II § 13 Ziff. 1 f.) der Teilungserklärung sind je Wohnungseinheit ein Einstellplatz oder eine Kaufgarage mit gemeinsamer Zufahrt vorgesehen. Dem lag die ursprüngliche Planung zugrunde, dass die 81 Wohnungen umfassende Anlage neben 55 Stellplätzen noch einen Garagenhof mit 26 Plätzen umfassen sollte, die Garagen gehören nach Grundstücksteilung jetzt aber zu einer gesonderten Teileigentumsanlage. Bis zum April 2002 war auch der Antragsteller Eigentümer einer Garage.

In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 17.7.1970 (Bl. 74 d.A.) beschlossen die Wohnungseigentümer zu TOP 1 mehrheitlich, dass jeder Wohnungseigentümer, der keine Garage gekauft hat, einen Abstellplatz erhält, der entsprechend der Wohnungsnummer nummeriert wird. In den Garagenkaufverträgen der Erstkäufer war der Verzicht auf die Nutzung eines Abstellplatzes vorgesehen (Bl. 70 d.A.).

Zu TOP 6 der Wohnungseigentümerversammlung vom 4.12.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, die im Jahr 1996 beschlossene Schaffung von 55 Pkw-Abstellplätzen auf 2003 zu verschieben. Weiter wurde als Anhang zur bestehenden Hausordnung die künftige Nutzung der Parkplätze so geregelt, dass in der Zeit von 18.00 Uhr bis 8.00 Uhr die Parkplätze ausschließlich von den Bewohnern bestimmter nach ihren Wohnungsnummern aufgezählter Wohnungen mit jeweils einem Fahrzeug genutzt werden dürfen, wobei kein Anspruch auf einen bestimmten Stellplatz besteht (Bl. 39 d.A.). Die Wohnung des Antragstellers, Nr. 20, ist in der Aufzählung nicht enthalten, da er im Beschlusszeitpunkt noch Garageneigentümer war. Der Beschluss ist nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegner nicht angefochten worden.

Der Antragsteller hat die Feststellung der Nichtigkeit des zu TOP 6 der Wohnungseigentümerversammlung vom 4.12.2001 gefassten Beschlusses, hilfsweise seine Ungültigkeitserklärung, beantragt und die Auffassung vertreten, es handele es sich um die unzulässige Begründung von Sondernutzungsrechten, für die der Wohnungseigentümerversammlung entsprechend dem Beschluss des BGH vom 20.9.2000 (NJW 2000, 3500) die Beschlusskompetenz fehle. Es liege de facto ein vollständiger Nutzungsausschluss vom Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums für die nicht berücksichtigten Wohnungseigentümer vor. Die Hintergründe der früheren Beschlussfassungen seien ihm unbekannt, auch könne sein Eigentum nicht durch Regelungen der Hausordnung beschränkt werden, abgesehen davon, dass solche nicht getroffen worden seien.

Die Antragsgegner sind diesem Antrag entgegengetreten und haben geltend gemacht, der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 4.12.2001 stelle eine Regelung der Nutzung von Gemeinschaftseigentum dar, die nach § 5 Ziff. 6 der Teilungserklärung bzw. § 15 WEG der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer unterliege und mehrheitlich beschlossen werden könne. Es liege nur eine Konkretisierung der schon seit 1970 bestehenden Regelung vor, die der Erfahrung Rechnung trage, dass Garageneigentümer aus Bequemlichkeit diese nicht nutzen und die Stellplätze für die anderen Wohnungseigentümer blockierten. Der Beschluss vom 4.12.2001 sei deshalb weder nichtig, noch anfechtbar, sondern bestandskräftig.

Das AG hat mit Beschluss vom 24.10.2004 (Bl. 86-95 d.A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit zurückgewiesen. Da die Beschlussfassung jederzeit wieder aufhebbar sei und keiner der begünstigten Wohnungseigentümer sich auf eine unantastbare Rechtsposition verlassen könne, sei kein Sondernutzungsrecht begründet worden. Auch in anderen Fallgestaltungen, wie z.B. der Nutzung von Waschräumen an bestimmten Tagen für bestimmte Wohnungseigentümer, komme es zu einem Ausschluss der anderen Wohnungseigentümer. Die Anfechtbarkeit des Beschlusses...

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