Leitsatz (amtlich)

Die Frage nach der Berechtigung der außerordentlichen Kündigung eines Mietvertrages wegen wirtschaftlicher Unmöglichkeit bzw. Unerschwinglichkeit für den Vermieter (Unterfall der Leistungserschwerung) ist auf der Grundlage der Regelung in § 313 Abs. 3 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) zu entscheiden, nicht aber anhand von § 275 Abs. 2 BGB. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1 BGB setzt grundsätzlich voraus, dass der Kündigungsgrund in der Person oder dem Risikobereich des Kündigungsgegners begründet ist.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 29.07.2011; Aktenzeichen 02 O 3655/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Leipzig, 2. Zivilkammer, vom 29.7.2011 (2 O 3655/08) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 19.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Räumung und Herausgabe von Räumen auf der Burg G. in der. straße. in K. in Anspruch.

Am 18.12.1990/2.1.1991 schlossen die damalige Gemeinde G. als Vermieterin und der Beklagte sowie Herr K. W. als Mieter einen Mietvertrag (Anlage K 2) über die Nutzung von verschiedenen Räumlichkeiten in unterschiedlichen Flügeln der Burg G.. Dabei handelt es sich sowohl um gewerblich genutzte als auch um Wohnräume.

Mit Übergang des Eigentumes an der Burg ist der Kläger in die Vermieterstellung eingerückt. Der ursprüngliche Mitmieter K. W. ist aus dem Mietverhältnis ausgeschieden. Der Beklagte betreibt im Westflügel der Burg eine gastronomische Einrichtung und mehrere Fremdenzimmer. Der Mietvertrag wurde ursprünglich auf eine Dauer von 20 Jahren fest abgeschlossen. Der Mieter erhielt allerdings eine Verlängerungsoption um weitere 10 Jahre, welche mit dem Schreiben vom 12.2.2002 (Anlage BK 3) ausgeübt wurde. Die Gesamtlaufzeit des Mietvertrages erhöhte sich damit auf 30 Jahre. Die Regelungen des Mietvertrages wurden durch die Vereinbarung der Vertragsparteien vom 3.11.1995 (Anlage K 3) modifiziert.

Im Zuge der Überarbeitung des Brandschutzkonzeptes für den Westflügel der Burg holte der Kläger die gutachterliche Stellungnahme zum vorbeugenden baulichen Brandschutz des Sachverständigen Dipl.-Ing. F. D. S. aus D. vom 30.5.2003 (Anlage K 4) und das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. J. M. aus A. vom 26.10.2003 zur Tragfähigkeit der Dachkonstruktion und der Decke über dem Obergeschoss des Westflügels (Anlage K 7) ein. Der Kläger gelangte aufgrund weiterer Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die Herstellung des Brandschutzes nur mit einer grundlegenden Sanierung der Dachkonstruktion und der Decke über dem Hotelbereich im Westflügel möglich ist und dafür insgesamt Kosten i.H.v. etwa 640.000 EUR anfallen werden, wovon 560.000 EUR auf die Instandsetzung des Daches und 80.000 EUR auf die Brandschutzmaßnahmen entfallen. Diesen Kosten steht eine durchschnittliche Jahresmiete des Beklagten gegenüber, die in den Jahren 2004 bis 2007 16.963,50 EUR betrug. Nach Auffassung des Klägers führt dies zu einem derartigen Missverhältnis zwischen den aufzuwendenden Kosten einerseits und der von ihm zu erzielenden Miete andererseits, dass für die ihn die sog. "Opfergrenze" überschritten ist, mit der Folge, dass er nicht verpflichtet ist, die Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen. Ohne Durchführung der Instandsetzungsmaßnahmen bestehe aber eine akute Einsturzgefahr, so dass der Kläger wegen des Überschreitens der "Opfergrenze" auch nicht zur weiteren Fortführung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten verpflichtet sei, sondern auch insoweit von seiner Verpflichtung gem. § 275 Abs. 2 BGB bzw. § 242 BGB befreit sei. Mit dieser Begründung erklärte der Kläger die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses in seinen Schreiben an den Beklagten vom 26.09. und 15.10.2008 (Anlage K 18). Der Beklagte wies die Kündigungen bereits aus formalen Gründen wegen fehlender Vollmacht zurück und hält sie im Übrigen für unbegründet. Er hat sowohl die Notwendigkeit der vom Kläger bezifferten Kosten als auch die Einsturzgefahr in Abrede gestellt.

Wegen des Sachverhaltes im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des LG Bezug genommen.

Das LG hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 23.4.2009 zur Frage der Erforderlichkeit der Instandsetzungskosten i.H.v. insgesamt 640.000 EUR durch die Einholung eines schriftlichen Gutachtens der für Sicherung und Instandsetzung historischer Bauten sowie Schäden an Gebäuden öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing. B. B. aus L.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftlliche Gutachten vom 16.9.20...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge