Leitsatz (amtlich)

Lautet der einem Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 4 AVAG stattgebende Beschluss dahin, der ausländische Titel werde für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland "für vollstreckbar erklärt", liegt in diesem Ausspruch zugleich die in § 8 Abs. 1 Satz 1 AVAG vorgesehene Klauselerteilungsanordnung.

 

Normenkette

EuGVO Art. 38 Abs. 1; AVAG §§ 4, 8 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Beschluss vom 15.12.2008; Aktenzeichen 9 O 3861/08)

 

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 9. Zivilkammer des LG Leipzig vom 15.12.2008 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 13.154,74 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Auf entsprechenden Antrag der Antragstellerin, einer italienischen Gesellschaft, erließ ein Richter der Zweigstelle Susa des Tribunale di Torino gegen die Antragsgegnerin, eine in Deutschland ansässige GmbH, am 26.9.2007 einen Mahnbescheid über einen Hauptforderungsgesamtbetrag von 13.154,74 EUR zzgl. Zinsen und diverser Kosten. Der der Antragsgegnerin am 23.11.2007 zugestellte Mahnbescheid enthielt den Hinweis, dass innerhalb von 40 Tagen nach Zustellung in der gesetzlichen Form Einspruch eingelegt werden könne, andernfalls die Zwangsvollstreckung vorgenommen werde. Da ein Einspruch beim italienischen Gericht nicht einging, erklärte dieses den Mahnbescheid auf Ersuchen der Antragstellerin am 14.3.2008 für vollstreckbar und versah ihn mit der Vollstreckungsklausel.

Auf den Antrag der Gläubigerin gem. § 4 AVAG, die Vollstreckungsklausel zu erteilen, hat das angerufene LG Leipzig mit Beschluss vom 15.12.2008 den Mahnbescheid unter genauer - antragsgemäßer - Bezeichnung des Umfangs der Zahlungsverpflichtungen für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt. Entsprechend einer internen Begleitverfügung des Zivilkammervorsitzenden vom selben Tag hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Titel mit der Vollstreckungsklausel versehen.

Gegen den ihr am 14.8.2009 samt Vollstreckungsklausel zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 11.9.2009 beim OLG Beschwerde eingelegt. Zuvor hatte ihr Verfahrensbevollmächtigter beim LG Akteneinsicht genommen. Sie beantragt, "die Zwangsvollstreckung aus der auf dem Mahnbescheid vom 26.9.2007 ... vom Ordentlichen Gericht Turin, Außenstelle Susa ... erteilten Vollstreckungsklausel ... für unzulässig" zu erklären. Zur Begründung macht sie geltend, die Erteilung der Vollstreckungsklausel verstoße gegen Art. 34 Nr. 2 EuGVO. Der Mahnbescheid sei ihr nicht in einer Weise zugestellt worden, dass sie sich habe verteidigen können. Der vorangestellte Mahnbescheidsantrag habe, was zutrifft, auf der ersten Seite links oben die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin, Rechtsanwältin M, mit einer Anschrift aus Italien bezeichnet. Auch auf dem Briefumschlag, in welchem der Mahnbescheid ihr zugestellt worden sei, sei als Absender Rechtsanwältin M angegeben gewesen. Da der Mahnbescheid selbst lediglich die Angabe enthalten habe, dass innerhalb der Frist von 40 Tagen in der gesetzlichen Form Einspruch eingelegt werden könne, sei sie davon ausgegangen, dass der Einspruch an die Adresse der Rechtsanwältin zu richten sei. Gegenüber dieser habe sie mit Schreiben vom 5.12.2007 Einspruch eingelegt.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält das Tatsachenvorbringen der Antragsgegnerin für unerheblich. Es treffe aber auch in der Sache nicht zu. Weder habe der Umschlag zum zugestellten Mahnbescheid Rechtsanwältin M als Absenderin erkennen lassen noch sei dieser das Schreiben vom 5.12.2007 jemals zugegangen.

II. Die nach §§ 11 ff. AVAG zulässige, insbesondere rechtzeitig binnen Monatsfrist eingelegte Beschwerde hat keinen Erfolg. Das AVAG findet nach seinem § 1 Abs. 1 Nr. 2a Anwendung, weil sich die Vollstreckbarerklärung des italienischen Mahnbescheids nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVO) richtet.

1. Über das Rechtsmittel hat der Senat in voller Besetzung zu entscheiden, weil der Vorsitzende der Zivilkammer, dem § 3 Abs. 3 AVAG die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zuweist, nicht als Einzelrichter i.S.v. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO anzusehen ist (grundlegend OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2003, 102 und seither ständige Praxis aller OLG).

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

a) Wie mittelbar auch aus der gesonderten Regelung für das Rechtsbeschwerdeverfahren in § 17 Abs. 1 S. 2 AVAG hervorgeht, ist die Bejahung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit durch das über einen Antrag gem. § 4 AVAG entscheidende Gericht im Beschwerdeverfahren, abweichend von den zivilprozessualen Regeln der §§ 513 Abs. 2, 571 Abs. 2 S. 2 ZPO, einer Überprüfung zugänglich. Diese ist von Amts wegen vorzunehmen (OLG Köln OLGReport Köln 2004, 237 unter II 2a; anders für bloßen Man...

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