Leitsatz (amtlich)

Wird in einem Mietvertrag über (Büro-)Räume mit einer Stadt als Mietzweck die Nutzung für Verwaltungszwecke vereinbart, fällt darunter auch die Aufstellung eines Selbstbedienungsterminals in einem Wartebereich, wenn damit Passbilder angefertigt werden, die den Bürgern nicht ausgehändigt, sondern automatisch an den Sachbearbeiter der Meldebehörde weitergeleitet, also nur für die Zwecke der Meldebehörde erstellt werden.

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 4 O 1343/16)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz, 4. Zivilkammer, vom 28.03.2017 (4 O 1343/16) durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Sie sollte zur Vermeidung weiterer Kosten die Möglichkeit einer Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung der nach ihrer Auffassung mietzweckwidrigen Nutzung von Büroräumen im Objekt D... Platz 1 in C..... in Anspruch.

Die Klägerin vermietete der Beklagten, einer Stadt, Räume im genannten - seinerzeit noch zu errichtenden - Objekt im Umfang von fast 7.500 qm mit dem Vertrag vom 29.05./23.07.2008 (Anlage K 1). In den Absätzen 1 und 2 des § 6 des Mietvertrages ist geregelt, dass der Mietgegenstand zur Nutzung für Verwaltungszwecke der Beklagten als Büroeinrichtung mit Publikumsverkehr vorgesehen sei und eine Benutzung zu einem anderen Zweck nur nach schriftlicher Einwilligung der Klägerin erfolgen dürfe. Mit Vertrag vom 03.09.2009 vermiete die Klägerin im selben Objekt Räume an einen Dritten zum Betrieb eines Fotostudios und gewährte diesem Konkurrenzschutz.

Die Beklagte nutzt seit der Übernahme im Jahre 2010 die von ihr angemieteten Räume für das Bürgeramt mit der Kraftfahrzeugzulassungsbehörde, die Meldebehörde, das Standesamt, die Ausländer- und Staatsangehörigkeitsbehörde, den Bürgerservice und das Fundbüro. Im Wartebereich des Bürgeramtes, wo sich auch die Wartenden für die Meldebehörde aufhalten, stellte die Beklagte ein Selbstbedienungsterminal auf, wo die Bürger gegen ein Entgelt von 3,00 EUR ihre biometrischen Daten selbst aufnehmen können. Die dabei entstehenden Passfotos werden den Bürgern nicht ausgehändigt, sondern automatisch an den Sachbearbeiter der Meldebehörde weitergeleitet. Die Passbilder werden also nur zweckgebunden für die Meldebehörde erstellt. Die Klägerin hat nicht ihr Einverständnis zur Aufstellung des Selbstbedienungsterminals erklärt.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Aufstellung des Selbstbedienungsterminals falle nicht unter den Mietzweck aus § 6 Abs. 1 des Mietvertrages. Mangels Einwilligung der Klägerin sei die Beklagte deshalb zur Unterlassung dieser Mietnutzung verpflichtet. Der Klägerin entstehe durch die nicht vom Mietzweck gedeckte Nutzung ein erheblicher Schaden, weil dem im selben Objekt befindlichen Fotostudio Konkurrenzschutz gewährt worden sei.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Aufstellung des Selbstbedienungsterminals sei vom vertraglich vereinbarten Mietzweck gedeckt, weil sie Bestandteil ihrer Verwaltungstätigkeit und durch den seit dem 01.11.2010 geltenden § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 PAuswV ausdrücklich legitimiert sei. Soweit die Klägerin Dritten für den Betrieb eines Fotostudios Konkurrenzschutz gewährt habe, stehe dies der vertragsgemäßen Nutzung der angemieteten Räumlichkeiten durch die Beklagte nicht entgegen.

Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit dem Urteil vom 28.03.2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, weil die Aufstellung des Selbstbedienungsterminals unter den Mietzweck des Vertrages vom 29.05./23.07.2008 falle. Sie sei Bestandteil der Verwaltungstätigkeit der Beklagten. Der Umfang der vertraglichen zulässigen Nutzung der Mieträume sei zudem nicht durch den Inhalt des Mietvertrages der Klägerin mit dem Fotostudio begrenzt, zumal dieser Mietvertrag erst nach dem Mietvertrag der Parteien abgeschlossen worden sei.

Gegen das ihr am 03.04.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.04.2017 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 04.07.2017 begründet. Sie trägt vor, das erstinstanzliche Urteil leide an einem Rechtsfehler, denn es setze sich nicht ausreichend mit der vertraglichen Vereinbarung auseinander, nach welcher die Mieträume zu Verwaltungszwecken der Beklagten als Büroeinrichtung genutzt werden können.

Bei Abschluss des Mietvertrages im Jahre 2008 seien keine Absprachen über das Aufstellen eines Fototerminals im Mietobjekt getroffen worden. Dies liege auch daran, dass die dafür erforderliche Ermächtigungsgrundlage für die Beklagte erst im Jahre 2010 geschaffen worden sei. Aus der fehlenden Vereinbarung schließe das Landgericht zu Unrecht...

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