Leitsatz (amtlich)

Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse können zu einem Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB führen, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben.

Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat; allerdings kann ein möglicher Sachmangel im Einzelfall auch darin gesehen werden, dass eine lang währende Unsicherheit über die Zulässigkeit der behördlichen Nutzungsuntersagung die begründete Besorgnis bewirkt, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen zu können (Anschluss BGH, Urteil vom 20.11.2013, XII ZR 77/12; NZM 2014, 165; Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15, NJW 2017, 1104; Günter NZM 2016, 569).

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 1 O 126/15)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz, 1. Zivilkammer, vom 17.02.2017 (1 O 126/15) wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Landgerichts Chemnitz, 1. Zivilkammer, vom 17.02.2017 (1 O 126/15) wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.588,50 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete bzw. Nutzungsentschädigung für eine Rundhalle im Objekt Zum Vereinsglücksschacht 8-10 in Oelsnitz im Erzgebirge für den Zeitraum April bis Oktober 2014 in Anspruch.

Die Klägerin vermietete das streitgegenständliche Objekt mit dem Mietvertrag vom 14.09.2013 (Anlage K 1) an den Beklagten, nach welchem das Mietverhältnis am 01.11.2013 begann und auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Die monatliche Bruttogrundmiete betrug 535,50 EUR. Zuzüglich einer Pauschale für Strom und Wasser in Höhe von 120,00 EUR war eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 655,50 EUR zu entrichten. Zum Mietzweck enthält der schriftliche Mietvertrag keine Regelung. Zwischen den Parteien ist strittig, welche mündlichen Vereinbarungen in Hinblick auf den Mietzweck getroffen wurden.

Der Beklagte hatte in der angemieteten Halle eine Lackierkabine errichtet und führte dort Lackierarbeiten durch. Zunächst lackierte er in der Tischlerei seines Vaters, des Zeugen G.... K..., aus Holz hergestellte Kleinmöbel, welche er unter der Firma E..... vertrieb. Im Laufe der Mietzeit verlagerte er dann seine Tätigkeit wegen der größeren Nachfrage auf die Lackierung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen, die er unter der Firma C....., ausführte. Zudem vermietete der Beklagte zumindest einen Teil der angemieteten Halle mit Vertrag vom 14.10.2013 (Anlage K 6) an Herrn A. S. aus O... zur Nutzung als Hobbywerkstatt mit einer monatlichen Nettomiete von 218,50 EUR unter.

Auf einen Hinweis der Firma Auto W..... leitete das Referat Bauaufsicht des Landratsamtes Erzgebirgskreis ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Klägerin als Grundstückseigentümerin ein, weil die vom Beklagten angemietete Rundhalle nur als Lagerhalle genehmigt und deshalb für den Betrieb einer Autowerkstatt und Autolackiererei eine Baugenehmigung nach § 59 Abs. 1 SächsBO erforderlich sei. Sachbearbeiterin des Verfahrens war die Zeugin U. A.. Mit Schreiben des Landratsamtes E... vom 17.03.2014 (Anlage B 1) wurde die Klägerin im Verfahren angehört. Die Klägerin vertrat den Standpunkt, eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung der Halle sei nicht erforderlich, weil die beanstandeten Lackierarbeiten des Beklagten ohnehin nicht vom Mietzweck des Vertrages vom 14.09.2013 gedeckt seien. In welcher Form das Landratsamt Erzgebirgskreis an den Beklagten als Mieter herantrat, ist zwischen den Parteien strittig. Ab dem Monat April 2014 zahlte der Beklagte die vertraglich vereinbarte Miete nicht mehr. Die Klägerin kündigte aus diesem Grunde mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 01.07.2014 (Anlage K 2) das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.12.2014 bzw. zum nächstmöglichen Termin. Mit Schreiben vom 19.08.2014 (Anlage K 5) bestätigte der Beklagte den Eingang der Kündigung, welche er für unberechtigt hielt. Die Rückgabe der Mietsache an die Klägerin erfolgte am 31.10.2014.

Die Klägerin begehrt Zahlung der Miete bzw. Nutzungsentschädigung für die Monate April bis Oktober 2014 in Höhe von insgesamt 4.588,50 EUR. Sie hat vorgetragen, der Beklagte habe vor dem Mietvertragsabschluss erklärt, er benötige die Halle für Bastelarbeiten mit Holz. Von Lackierarbeiten sei nicht die Rede gewesen. Die vom Beklagten in der Halle ausgeführten un...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge