Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Tragwerkplaners

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frage, ob in den Fällen, in denen bei einem Bauvorhaben nur einer der Ehegatten den Auftrag erteilt, der andere Ehegatte mitverpflichtet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

2. Für eine Auftragserteilung auch im Namen und in Vollmacht des anderen Ehegatten spricht es, wenn der den Auftrag erteilende Ehegatte den Wunsch äußert, der Schriftverkehr und die Rechnungslegung solle an die Eheleute erfolgen.

3. Wird ein Tragwerksplaner mit Ingenieurleistungen der Tragwerksplanung für die "Renovierung und Wiederaufbau" eines Fachwerkhauses beauftragt, ist seine Leistung mangelhaft, wenn es wegen der Trocknung des verbauten Holzes zu einer "Kopfauslenkung" (Wegkippen) einer Außenwand kommt, weil die Vorgaben der DIN 1052 (Holzbau) zur Holzfeuchte bei der Planung nicht ausreichend beachtet wurden.

4. Ist ein wesentlicher Anteil der "Kopfauslenkung" auf nicht erwartbare Setzungen der vom Auftraggeber in Eigenleistung ausgeführten Fundamente zurückzuführen, muss sich der Auftraggeber ein Mitverschulden - hier in Höhe von 40 % - anrechnen lassen.

 

Normenkette

BGB § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 16.03.2011; Aktenzeichen 6 O 373/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten zu 3 wird das Urteil des LG Hannover vom 16.03.2011 in Ziff. 1b und 2b des Entscheidungstenors teilweise geändert und wie folgt gefasst:

1b) Der Beklagte zu 3 wird verurteilt, an die Kläger 19.384,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2006 zu zahlen für die Beseitigung des im selbstständigen Beweisverfahren LG Hannover - 6 OH 5/05 - durch Herrn Sachverständigen Dr.-Ing. B. in seinem Gutachten vom 20.01.2006 zu Ziffer 5.2, dort "zu 2." festgestellten Mangels und der Durchführung der zu Ziffer 6.2 beschriebenen Sanierungsarbeiten,

2b) Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 3 verpflichtet ist, den Klägern 60 % jedes weiter gehenden Schadens zu ersetzen, den diese erleiden, weil die Dachkonstruktion des Haupthauses A. R.,... I., einen Konstruktions- und Entwurfsfehler enthält und es deshalb zu einer Kopfauslenkung der westlichen Außenwand kommt, die behoben werden muss.

Die weiter gehende Berufung des Beklagten zu 3 wird zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 3 darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

 

Gründe

I. Die Kläger sind Eigentümer eines ca. 400 Jahre alten Fachwerkhauses, das sie renovieren und ausbauen ließen. Der Beklagte zu 1 führte für das Bauvorhaben Zimmererarbeiten, der Beklagte zu 2 Architektenleistungen und der Beklagte zu 3 sämtliche Ingenieurleistungen der Tragwerksplanung für "Renovierung und Wiederaufbau" des Fachwerkhauses aus. Die Kläger haben die Beklagten wegen eines Mangels der Eichenfußböden im ersten und zweiten Obergeschoß auf Zahlung von 18.700,00 EUR Kostenvorschuss nebst Zinsen und Ersatz des weiter gehenden Schadens in Anspruch genommen. Außerdem haben sie die Beklagten mit der Begründung, dass Konstruktions- und Entwurfsfehler zu einer "Kopfauslenkung" (Wegkippen) der westlichen Außenwand geführt habe, als Gesamtschuldner auf Zahlung von 37.500,00 EUR Schadensersatz nebst Zinsen und Ersatz jedes weiter gehenden Schadens in Anspruch genommen. Das LG hat den Beklagten zu 1 wegen des Mangels der Eichenfußböden zur Zahlung von 17.210,00 EUR nebst Zinsen und zum Ersatz jedes weiter gehenden Schadens verurteilt. Den Beklagten zu 3 hat das LG wegen eines Konstruktions- und Entwurfsfehlers, der zur Kopfauslenkung der westlichen Außenwand geführt habe, zur Zahlung von 37.500,00 EUR Schadensersatz nebst Zinsen und zum Ersatz jedes weiter gehenden Schadens verurteilt. Im Übrigen hat das LG die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen und der Begründung der Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (Bl. 463 - 498 d.A.).

Gegen das Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt. Sie haben die gesamtschuldnerische Verurteilung des Beklagten zu 2 zur Zahlung von 17.210,00 EUR nebst Zinsen und zum Ersatz des weiter gehenden Schadens an den Eichenfußböden weiter verfolgt. Diese Berufung haben die Kläger aufgrund eines in der mündlichen Verhandlung am 19.02.2013 geschlossenen Vergleiches zurückgenommen. Der Beklagte zu 1 hat gegen das Urteil Berufung mit dem Ziel der Klageabweisung eingelegt. Über das Vermögen des Beklagten zu 1 ist während des Berufungsverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Berufungsverfahren gegen den Beklagten zu 1 ist gemäß § 240 ZPO unterbrochen.

Der Beklagte zu 3 will mit seiner Berufung die Klageabweisung erreichen. Er trägt vor: Das Urteil gegen ihn basiere allein auf falschen Annahmen des Sachverständigen und d...

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