Leitsatz (amtlich)

1. Hat ein Architekt eine genehmigungsfähige Planung übernommen, so hat er seine vertraglich zugesagte Leistung nicht mangelfrei erbracht, wenn die angestrebte Baugenehmigung zunächst zwar erteilt, jedoch später von Dritten erfolgreich angefochten worden ist (BGH Az. VII ZR 190/97).

2. Eine Haftung des Architekten kann jedoch im Einzelfall wegen schwerwiegenden Eigenverschuldens des Bauherrn entfallen, wenn diesem die Risiken der mangelnden Genehmigungsfähigkeit der Planung bekannt sind und er trotz ihm bekannter Hindernisse und rechtzeitigem Hinweis des Architekten vor 'Rechtskraft' des Baugenehmigung mit dem Bauvorhaben beginnt und dieses fortsetzt.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 15.05.2014; Aktenzeichen 14 O 55/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.5.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des LG Hannover [14 O 55/12] wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil sowie das vorgenannte Urteil des LG Hannover sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung seitens des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte erbrachte für die Klägerin Architektenleistungen (Genehmigungsplanung der Leistungsphasen 1 bis 4 des § 15 HOAI a.F.). Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche, die die Klägerin anlässlich behaupteter fehlerhafter Planungen des Beklagten geltend macht. Im Kern geht es um die Frage, wer den von der Klägerin vorgetragenen Schaden, der ihr dadurch entstanden ist, dass das Grundstück V. bis ... in H.-B. nicht frei von Rechten Dritter bebaut werden konnte, zu verantworten hat. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Tatbestand der angefochtenen

Entscheidung (Bl. 453 R bis 455 R d.A.). Zum besseren Verständnis werden die wesentlichen Ereignisse in ihrer Chronologie wie folgt aufgeführt (soweit keine Blattangaben erfolgen, befinden sich die Schriftstücke unpaginiert in der beigezogenen Bauakte der Landeshauptstadt Hannover zu den Aktenzeichen OE 61.32-05757/09, OE 61.35-01924/10, OE 61.32-04977/10 und OE 61.35-06033/10):

  • 28.8.2009: Bauantrag des Beklagten im Namen der Klägerin zum Neubau von 5 Reihenhäusern mit Garagen auf dem 1.270 m2 großen Grundstück V. in H.-B.
  • 8.9.2009 (Anlage B 16, Bl. 175, 176 d.A.): Bauamt forderte von dem Beklagten weitere Unterlagen unter Hinweis auf Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsregeln
  • 2.10.2009: Nachbarn B. baten das Bauamt um Beteiligung an dem Genehmigungsverfahren, weil sie während einer Präsentation seitens der Klägerin am 9.9.2009 erfahren hatten, dass das Grundstück, das zuvor mit einem Einfamilienhaus bebaut gewesen war, auf der gesamten Grundstückslänge einschließlich der Grenze mit zwei Vollgeschossen bebaut werden solle, womit sie nicht einverstanden seien; sie kündigten Widerspruch an
  • 18.11.2009 (Anlage B 8, Bl. 91 d.A. = B 17, Bl. 177 d.A.): Bauamt wies den Beklagten (mit Kopie an Klägerin) auf Nichteinhaltung der Grenzabstände hin und forderte zur Umplanung auf unter Hinweis auf die Nachbarbeschwerde bzgl. einer Garage
  • 24.11.2009 (Anlage K 21, Bl. 133 d.A. = Anlage BB 2, Bl. 580 d.A.): Klägerin forderte den Beklagten zur Übersendung der geänderten Unterlagen an das Bauamt bis zum 4.12.2009 auf
  • 9.12.2009 (Anlage B 18, Bl. 178 d.A. = Anlage BB 4, Bl. 582 d.A.): Beklagter überreichte Klägerin Abstandsflächenplan vom 8.12.2009 mit dem Hinweis, dass auf dieser Grundlage Baulasten einzutragen wären
  • 11.12.2009 und 12.1.2010: Beklagte überreichte dem Bauamt geänderte Planungsunterlagen, auf denen Abstandsbaulasten verzeichnet sind; entsprechende Übersendung auch an Klägerin (Anlage BB 6, Bl. 584 d.A.)
  • 14.12.2009 (Anlage B 9, Bl. 92 d.A.): Beklagte riet Klägerin angesichts der angekündigten Nachbarwidersprüche von einer Veräußerung der Häuser vor Ablauf der Widerspruchsfrist der Baugenehmigung dringend ab
  • 10.2.2010 (Anlage B 39, Bl. 392 d.A.): Bauamt wies Klägerin darauf hin, dass es wegen der Baulasten eine privatrechtliche Regelung mit den beteiligten Grundstückseigentümern empfehle
  • 25.2.2010 (Anlage B 2, Bl. 67 - 74 d.A.): Baugenehmigung mit dem Hinweis auf Seite 6, dass mit einem Nachbarwiderspruch gerechnet werden müsse
  • 29.3.2010 (Anlage B 21, Bl. 186/187 d.A.): Widerspruch der Nachbarn B. wegen Verstoßes gegen Grenzabstände
  • 31.3.2010 (Anlage K 37, 2. Seite, Bl. 341 d.A.): Klägerin übermittelte dem Beklagten Einwendungen der Frau B. zur Fahrbahnbreite
  • 1.4.2010 (Anlage B 3, Bl. 75 d.A. = B 41, Bl. 397 d.A.): Bauamt setzte Klägerin von Widerspruch in Kenntnis unter Hinweis darauf, dass ein Erfolg nicht auszuschließen sei, und das Risiko etwaiger Änderungen oder Rückbauten bestehe; Eingang bei dem Beklagten erst am 3.8.2010 (Bl. 75 d.A...

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