Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung in der privaten Krankenversicherung für psychotherapeutische Behandlungen

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 19.09.2003; Aktenzeichen 8 O 164/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.02.2006; Aktenzeichen IV ZR 192/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 19.9.2003 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Lüneburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, der als Arzt in der Universitätsklinik G. tätig ist, begehrt die Feststellung, dass die Beklagte die Kosten einer psychotherapeutischen Behandlung übernehmen soll.

Aufgrund Antrages aus dem Jahr 2000 schlossen die Parteien einen Krankheitskostenversicherungsvertrag, der eine 100 %ige Kostenübernahme der Beklagten für versicherte Leistungen vorsieht. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankentagegeldversicherung der Beklagten zugrunde (Bl. 16-23 d.A.), die inhaltlich den Musterbedingungen MB/KK entsprechen. In Teil II ist zu § 1 Abs. 2 MB/KK vereinbart:

"Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf Psychotherapie, soweit sie medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit ist und von einem niedergelassenen approbierten Arzt oder in einem Krankenhaus durchgeführt wird."

Der Kläger suchte wegen Partnerschaftsproblemen Ende 2002 eine psychologische Beratungsstelle auf, die ihm zwei Psychoanalytiker in G. nannte, K. sowie den E. H. Letzterer stellte im Februar 2003 beim Kläger eine reaktive Depression bei chronischem Partnerkonflikt bei narzistisch-depressiver Persönlichkeitsstruktur fest und beantragte mit Schreiben vom 7.4.2003 bei der Beklagten eine analytische Psychotherapie mit zunächst 80 Sitzungen (Bl. 2, 11 d.A.). Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme mit Schreiben vom 15.4.2003 ab, da der H. kein niedergelassener approbierter Arzt sei (Bl. 12 f. d.A.).

Der Kläger hat behauptet, er habe in G. Ende 2002/Anfang 2003 keinen ärztlichen Psychotherapeuten auf dem Gebiet der analytischen Psychotherapie finden können. Der ihm genannte K. habe ihm auf Monate keinen Therapieplatz anbieten können (Bl. 2, 116 d.A.). Demgegenüber sei der H. in gleicher Weise für eine Psychotherapie qualifiziert und erfülle die Anforderungen an einen Psychologischen Psychotherapeuten im Sinne des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG). Wegen der diagnostizierten Krankheit bestehe bei ihm die medizinische Notwendigkeit einer analytischen Psychotherapie (Bl. 3, 121 d.A.).

Der Kläger hat ferner die Ansicht vertreten, die vertragliche Tarifbestimmung, die eine Erstattung auf die Behandlung durch approbierte Ärzte beschränke, sei wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Soweit der BGH eine entsprechende Klausel in einem Urteil aus dem Jahre 1991 noch für wirksam erachtet habe (BGH v. 22.5.1991 - IV ZR 232/90, MDR 1992, 136 = VersR 1991, 911), hätten sich seitdem die tatsächlichen Verhältnisse grundlegend geändert. Durch das zum 1.1.1999 in Kraft getretene PsychThG habe der Gesetzgeber ausdrücklich zwei neue akademische Heilberufe geschaffen, nämlich den Psychologischen Psychotherapeuten und den Kinder- und Jugendpsychotherapeuten. Diese Regelung sei im Interesse der Patienten erfolgt, um ihnen Zugang zu einem größeren Behandlerkreis zu verschaffen (Bl. 4, 7 f., 117-119 d.A.). Entsprechend sei eine Behandlung und Kostenerstattung durch Psychologische Psychotherapeuten in der gesetzlichen Krankenversicherung nunmehr unmittelbar und ohne vorherige Delegation durch einen Arzt möglich. Auch im Bereich der privaten Krankenversicherung sei es aber unzulässig, das Wahlrecht des Patienten einzuschränken und ihm den Zugang zur Behandlung durch solche Therapeuten zu verweigern, die hierfür nach der durch das PsychThG geschaffenen gesetzlichen Wertung in besonderem Maße geeignet seien. Demgegenüber seien ärztliche Psychotherapeuten wegen ihrer nur geringeren Zahl ohnehin nicht in der Lage, den Bedarf der Bevölkerung für eine angemessene psychotherapeutische Versorgung abzudecken. So seien am 31.12.2001 nur 3.482 zugelassene bzw. ermächtigte Ärzte psychotherapeutisch tätig gewesen, während gleichzeitig 13.940 Psychologische Psychotherapeuten bzw. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zur Verfügung gestanden hätten (Bl. 5, 24 f., 115 f. d.A.). Auch gerade im hier maßgeblichen Bezirk G. bestehe eine Unterversorgung, die sich dahin auswirke, dass nur 48 % der bei einem analytischen Therapeuten Nachfragenden zu einem Erstgespräch hätten eingeladen werden können. Hinzu komme, dass es gerade in dem Bereich, für den der Kläger Hilfe benötige, nämlich den der analytischen Psychotherapie, nicht genug qualifizierte ärztliche Psychotherapeuten gebe (...

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