Leitsatz (amtlich)

§ 321a ZPO ist auf Beschlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht entspr. anwendbar.

 

Normenkette

ZPO §§ 312a, 525

 

Verfahrensgang

LG Bückeburg (Aktenzeichen 2 O 260/01)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.10.2004; Aktenzeichen XII ZB 137/03)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten, den Beschluss des Senats vom 4.4.2003 in entspr. Anwendung des § 321a ZPO neuer Fassung aufzuheben und den Prozess fortzuführen, wird als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

1. Der Senat hat durch Beschluss vom 4.4.2003 die Berufung des Beklagten gegen das am 8.10.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Bückeburg einstimmig im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag des Beklagten vom 15.4.2003, mit dem er eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG rügt und in entspr. Anwendung des § 321a ZPO eine Aufhebung des Beschlusses sowie die Fortsetzung des Prozesses begehrt.

2. Der Beschluss des Senats vom 4.4.2003 ist nach § 522 Abs. 3 ZPO nicht anfechtbar und hat den Eintritt der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils herbeigeführt. Der Senat ist an seine Entscheidung wie bei einem Urteil nach § 318 ZPO gebunden (vgl. auch OLG München v. 12.2.2003 – 1 U 2733/02, MDR 2003, 522).

Eine Durchbrechung dieser Rechtskraft, auf die der Antrag des Beklagten abzielt, ist nicht möglich.

a) Die Frage, ob § 321a ZPO in Berufungsverfahren entspr. angewendet werden kann, ist in Rspr. und Lit. allerdings streitig (bejahend etwa OLG Celle, Beschl. v. 4.12.2002 – 13 U 77/02, OLGReport Celle 2003, 71 = Nds. Rpfl. 2003, 151; Thomas/Reichold, 24. Aufl., § 321a ZPO Rz. 18; Schmidt, Abhilfeverfahren gem. § 321a ZPO n.F. – Selbstkorrektur der Gerichte bei Verfahrensverletzungen, MDR 2002, 915 [918]; abl. dagegen u.a. OLG Oldenburg, Beschl. v. 14.10.2002 – 11 UF 208/01, OLGReport Oldenburg 2002, 302 = MDR 2003, 229; Gehrlein, Erste Erfahrungen mit der reformierten ZPO – erstinstanzliches Verfahren und Berufung, MDR 2003, 421 [424]; vgl. auch die weiteren Nachweise bei Müller, Abhilfemöglichkeiten bei der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach der ZPO-Reform, NJW 2002, 2743 [2745–2746]).

b) Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei § 321a ZPO um eine vom Wortlaut und der Entstehungsgeschichte her ausschließlich auf das erstinstanzliche Verfahren zugeschnittene Regelung, die weder nach § 525 ZPO noch über eine allgemeine Analogie auf Beschlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO angewendet werden kann, abgesehen davon, dass der Gesetzgeber dem Anspruch des Berufungsführers auf rechtliches Gehör bereits durch die Einführung des sog. Hinweisbeschlusses nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO hinreichend Rechnung getragen hat.

aa) Nach § 321a Abs. 1 ZPO ist der Prozess auf die Rüge der durch das Urteil beschwerten Partei vor dem Gericht des ersten Rechtszuges fortzuführen, wenn eine Berufung nach § 511 Abs. 2 ZPO nicht zulässig ist und das Gericht des ersten Rechtszuges den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Dieser Wortlaut ist eindeutig; das Abhilfeverfahren ist nur für bestimmte erstinstanzliche Entscheidungen vorgesehen.

bb) Dies bestätigt die Entstehungsgeschichte.

Aus Anlass der umfassenden ZPO-Reform ist im Gesetzgebungsverfahren die Frage erörtert worden, inwieweit zur Entlastung des BVerfG die Möglichkeit eines Abhilfeverfahrens bei nicht anfechtbaren verfahrensabschließenden Entscheidungen geschaffen werden soll. Letztlich wurde eine solche Regelung dann jedoch nur für die 1. Instanz eingeführt.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 24.11.2000 (BT-Drucks. 14/4722, 85) enthielt zu § 321a ZPO folgende Begründung:

„Diese Neubestimmung eröffnet dem erstinstanzlichen Gericht im Falle der gerügten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) erstmals die Möglichkeit der Selbstkorrektur bei unanfechtbaren Urteilen. Nach geltendem Recht kann der Betroffene bei einer derartigen Fallgestaltung nur noch die Verfassungsbeschwerde zum BVerfG einlegen (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG; §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG). Das BVerfG soll jedoch nicht mit der Korrektur objektiver Verfahrensfehler belastet werden, die instanzintern einfacher und ökonomischer behoben werden können. Die Entwurfsregelung befriedigt daher zum einen das Bedürfnis des erstinstanzlichen Gerichts, vorwiegend unbeabsichtigte Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei Beanstandung korrigieren zu können, zum anderen führt sie zu einer Entlastung des BVerfG. Außerdem erfüllt sie den in Wissenschaft und Praxis (…) geäußerten Wunsch nach einer instanzinternen Kontrolle unanfechtbarer Urteile, die auf der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts beruhen.”

Der Bundesrat hat während des Gesetzgebungsverfahrens in seiner ablehnenden Stellungnahme (BT-Drucks. 14/4722, 148) u.a. darauf hingewiesen, dass eine entspr. Normierung wenn, dann allgemein vorgesehen werden müsste; insoweit heißt es u.a.:

„Unabhängig von diesen Erwägungen i...

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