Grenzabstandsvorschriften für Bäume, Sträucher und Hecken finden sich in

  • Baden-Württemberg,
  • Bayern,
  • Berlin,
  • Brandenburg,
  • Hessen,
  • Niedersachsen,
  • Nordrhein-Westfalen,
  • Rheinland-Pfalz,
  • dem Saarland,
  • Sachsen,
  • Sachsen-Anhalt,
  • Schleswig-Holstein und
  • Thüringen.

Keine nachbarrechtlichen Grenzabstandsvorschriften für Bäume, Sträucher und Hecken gibt es in Bremen und Hamburg, beides Länder, die traditionell keine Nachbarrechtsgesetze kennen, und (bisher noch nicht) in Mecklenburg-Vorpommern. In diesen Bundesländern muss man sich im Streitfall entweder mit dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis behelfen oder prüfen, ob Vorschriften des Baurechts einschlägig sind.

Wegen der Unübersichtlichkeit und erstaunlichen Vielfalt der von den Landesgesetzgebern gefundenen Lösungen ist es verständlich, dass Grenzabstandsvorschriften in der Bevölkerung weitgehend unbekannt sind. Insbesondere in Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Thüringen haben sich die Landesgesetzgeber so richtig ausgetobt bei dem Versuch, für nahezu jede Baum- und Strauchart besondere Grenzabstände vorzuschreiben. Deshalb geraten nicht nur Gerichte[1], sondern auch Botaniker ins Grübeln, was denn klein-, mittelgroß- oder großwüchsige Bäume und Sträucher im konkreten Fall sind.

 
Praxis-Beispiel

Rosskastanie in den Nachbargesetzen der Länder

Außerdem sind die gefundenen Definitionen auch nicht einheitlich, wie das Beispiel der Rosskastanie zeigt. Diese Baumart gilt in Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Thüringen als sehr stark wachsend, dagegen in Berlin und Nordrhein-Westfalen nur als stark wachsend und in Baden-Württemberg schließlich als großwüchsig. Auch die Platane ist in Baden-Württemberg großwüchsig, in Berlin stark wachsend, in Hessen sehr stark wachsend, in Nordrhein-Westfalen wieder stark wachsend und in Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Thüringen ebenfalls wie in Hessen sehr stark wachsend.

Das hat mit einer eindeutigen botanischen Zuordnung nichts zu tun und zeigt auch keine besonders glückliche Hand der Landesgesetzgeber bei der Auswahl der als Beispiele für die unterschiedlichen Wuchsarten ausgewählten Bäume. Immerhin hängt von der jeweiligen Zuordnung die Entscheidung ab, ob ein Grenzabstand von 4 m (bei sehr stark wachsenden Bäumen) oder nur von 2 m (bei stark wachsenden Bäumen) einzuhalten ist (so etwa als Beispiel das NRG von Thüringen).

Nur in den Bundesländern Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben die Landesgesetzgeber Mut zur Vereinfachung gezeigt, sodass auch der Nichtfachmann den Sinn der gesetzlichen Regelung begreift. Hier gilt die einfache Faustregel: Je höher der Baum oder Strauch, desto größer der Grenzabstand!

 
Praxis-Tipp

Vorgehen

  • Wenn Sie unter dem Schattenwurf hoher Bäume auf dem Nachbargrundstück leiden oder sich über herüberwachsende Wurzeln und Zweige ärgern, dann prüfen Sie als erstes immer, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände eingehalten sind. Wenn das nicht der Fall ist, haben Sie vor Gericht gute Chancen. Und warten Sie nicht zu lange mit einer Klage, denn der Anspruch auf Beseitigung oder Rückschnitt von Gehölzen unterliegt der Verjährung!
  • Vergessen Sie auch nicht, bei Ihrer Gemeinde- oder Stadtverwaltung anzufragen, ob Ihr und Ihres Nachbarn Grundstück im Geltungsbereich einer Baumschutzsatzung bzw. Baumschutzverordnung liegen. Die streitigen Bäume oder Sträucher könnten geschützt sein.

Öffentlicher Straßengrund

Die Grenzabstandsvorschriften der Nachbarrechtsgesetze dienen dem Schutz von Nachbargrundstücken vor Verschattung. Dieser Gesichtspunkt spielt für den öffentlichen Straßengrund keine Rolle. Hier kann es allenfalls von Bedeutung sein, dass die Verkehrssicherheit durch Gehölzbewuchs auf Straßenanliegergrundstücken beeinträchtigt wird. Der aus diesem Grund notwendige Grenzabstand zu öffentlichen Straßen richtet sich allein nach den straßenrechtlichen Vorschriften.

[1] Vgl. LG Arnsberg, Urteil v. 26.8.1985, 5 S 91/85, AgrarR 1987 S. 58, nach dessen Auffassung die serbische Fichte kein stark wachsender Baum i.  S. des NRG Nordrhein-Westfalen ist.

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