2.1 Angespannter Wohnungsmarkt

Die Anwendung der Vorschriften des MietNovG setzt voraus, dass der Wohnraum "in einem durch Rechtsverordnung ... bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt". Für dieses Tatbestandsmerkmal gilt die Legaldefinition in § 556d Abs. 2 BGB. Danach gelten die Regelungen des MietNovG, wenn die Landesregierung eine Verordnung erlässt, in der die Gebiete "mit einem angespannten Wohnungsmarkt" bestimmt sind. Die jeweilige Marktsituation ist also nicht Tatbestandsvoraussetzung für die Begrenzung der Miete beim Vertragsschluss, sondern nur noch Voraussetzung für den Erlass einer Verordnung.

Ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt vor, "wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist".[1] In § 556d Abs. 2 Satz 3 BGB sind 4 (in der Gesetzesbegründung als "Indikatoren" bezeichnete) Szenarien aufgeführt, die eine solche Annahme stützen. Danach ist die ausreichende Versorgung mit Mietwohnungen insbesondere dann gefährdet, wenn

  1. die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,
  2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,
  3. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder
  4. geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Zum Merkmal 1:

Nach dem Wortlaut der Regelung ist fraglich, ob hinsichtlich der Mietentwicklung der konkreten Gemeinde auf die Vergangenheit abzustellen ist ("stärker gestiegen ist") oder ob es auf eine Zukunftsprognose ankommt ("stärker steigen wird"). Verlässliche und nachprüfbare Daten liefern nur die Zahlen aus der Vergangenheit, weil eine im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt lebhafte Mietentwicklung indiziert, dass das Angebot an Mietwohnungen knapp und die Nachfrage groß ist.

 
Hinweis

Mietentwicklung in Kommune und Bund

Die Umsetzung der Vorschrift setzt eine umfassende Untersuchung des Wohnungsmarktes voraus. Zu ermitteln ist zum einen die Mietentwicklung in der Gemeinde und die Mietentwicklung im Bundesgebiet.

Zum Merkmal 2:

Unter der durchschnittlichen Mietbelastung der Haushalte ist der prozentuale Anteil der Wohnungsmiete am verfügbaren Einkommen zu verstehen. Auch hier sind statistisch gesicherte Erkenntnisse über das durchschnittliche Einkommen der Einwohner einer konkreten Gemeinde und die Höhe der jeweiligen Mieten erforderlich; die so gefundenen Werte müssen die Werte des Bundesdurchschnitts "erheblich" übersteigen.

Zum Merkmal 3:

Dieses Merkmal versucht dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es Gemeinden mit starkem Bevölkerungszuwachs gibt, was zu einem Versorgungsengpass mit Wohnungen führen kann. Auch diese Tatsachen müssen mittels statistischer Methoden gefunden werden; die insoweit erforderlichen Daten sind aber wohl leichter zu gewinnen als in den Fällen der Merkmale 1 und 2.

Zum Merkmal 4:

Dieses Merkmal umschreibt das Verhältnis des Wohnungsangebots zur Nachfrage. Sind die gewünschten Wohnungen nicht vorhanden oder nicht zu bezahlen, muss man von einem angespannten Wohnungsmarkt sprechen, weil die Nachfrage nach Wohnungen größer ist als das Angebot. Für die Frage, ob die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen gefährdet ist, kommt es also auf das Verhältnis von Angebot und Nachfrage an.

2.2 Weitere Voraussetzungen für den Erlass einer Verordnung

2.2.1 Pflichtgemäßes Ermessen

Liegen die Voraussetzungen des § 556d Abs. 1 BGB vor, kann die jeweilige Landesregierung durch Verordnung bestimmen, in welchen Gemeinden oder Gemeindeteilen die Mietpreisbegrenzung gelten soll. Eine Pflicht zum Erlass einer solchen Verordnung besteht auch dann nicht, wenn Indizien für einen angespannten Wohnungsmarkt vorliegen. Insoweit liegt der Erlass einer Verordnung im Ermessen der Landesregierung, das allerdings pflichtgemäß unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Bevölkerung an angemessenem Wohnraum auszuüben ist.

2.2.2 Zeitliche Begrenzung

Die Ermächtigung gilt bis zum 31.12.2020; bis zu diesem Zeitpunkt kann sich die Landesregierung entscheiden, ob eine Gemeinde in die Verordnung aufgenommen werden soll. Die Verordnungen müssen befristet werden. Ihre maximale Laufzeit beträgt 5 Jahre.

Die Befristung gilt nicht für die Verordnung an sich, sondern für die jeweilige Gemeinde oder den jeweiligen Gemeindeteil. Dies folgt aus § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB ("Gebiete … für die Dauer von höchstens fünf Jahren"). Die Landesregierungen können eine Befristung von weniger als 5 Jahren wählen. Unter Umständen sind sie dazu auch verpflichtet, wenn in der Verordnung auch die Durchführung von Maßnahmen zur Schaffung neuen Wohnraums angeordnet werden, die voraussichtlich dazu führen, dass der Wohnungsmangel vor Ablauf von 5 Jahren behoben wird. Erfüllt sich die Erwartung nicht, kann die Laufzeit bis zur Gesamtdauer von 5 Jahren verlängert werden, aber nicht darüber hinaus.

Nach dem 31.12.2020 kann eine Gemeinde nicht mehr in die Verordnung aufgenommen werden. Ebenso kann eine nach diesem Zeitpunkt ablaufende Befristung nicht mehr verlängert werde...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge