Leitsatz (amtlich)

Existieren nicht verschiedene Versionen eines Wirtschaftsplans, ist die Bezeichnung „Wirtschaftsplan + Jahr” bei der Beschlussfassung hinreichend bestimmt.

Vor der Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan muss dieser den Eigentümern zur Verfügung gestellt werden.

Zur – hier von Amts wegen gewährten – Wiedereinsetzung in die versäumte Anfechtungsfrist bei einer Zustellung der Klage an den faktischen Verwalter.

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Urteil vom 20.07.2017; Aktenzeichen 317 C 13/17)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten zu 5. gegen das Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 20.07.2017 – Az.: 317 C 13/17 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 15.12.2016 zu 4.5 (Beschluss des Wirtschaftsplans 2017) für ungültig erklärt wird.

Die Kosten der zweiten Instanz hat der Beklagte zu 5. zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 11.658,08 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger und die Beklagten bilden eine WEG. Die Kläger und der Beklagte zu 5. streiten in der Berufungsinstanz weiter nur noch um die Wirksamkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 15.12.2016 zu TOP 4.5, des Wirtschaftsplans für 2017, gefassten Beschlusses.

Die WEG ist seit 10.11.2013 ohne Verwalter. Der Beklagte zu 5. wurde letztmals am 10.11.2010 für den Zeitraum 10.11.2010 bis 09.11.2013 zum Verwalter bestellt. Nichtdestotrotz lud der Beklagte zu 5.ausdrücklich als Verwalter zu der Eigentümerversammlung vom 15.12.2016 ein. Die Versammlung wurde ebenfalls vom Beklagten zu 5. als Verwalter eröffnet und geleitet. Für die Einzelheiten der Eigentümerversammlung wird auf das vom Beklagten zu 5. als „Hausverwaltung” und vom Beklagten zu 3. als „Beirat” unterzeichnete Protokoll verwiesen. …

Die Klageschrift der anwaltlich vertretenen Kläger ist am 16.01.2017 unter Nennung des Verwalters „… Hausverwaltung” als Zustellungsvertreter für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und Beifügung einer Eigentümerliste eingereicht worden. Obwohl der am 23.01.2017 angeforderte Vorschuss bereits am 30.01.2017 eingezahlt worden und die in der Klage angegebene Adresse des Verwalters richtig war, ist die Zustellung, aufgrund von Schwierigkeiten des Zustellers, erst am dort 10.03.2017 erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 16.03.2017 hat sich die jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten zunächst für diese bestellt und Klageabweisung beantragt. Dabei hat sie erklärt, dass die der Klageschrift beigefügte Eigentümerliste vollständig sei und die zutreffenden Anschriften der Wohnungseigentümer in dieser Liste angegeben seien. Mit Schriftsatz vom 18.04.2017 hat sie erklärt, dass sie (zunächst) doch nur den Beklagten zu 5) vertrete und die WEG ohne Verwalter sei. Ferner hat sie ihren Klageabweisungsantrag begründet. Diesen Schriftsatz einschließlich der Verfügung des Gerichts vom 20.04.2017, mit der Anfrage, ob an alle Beklagte einzeln zugestellt werden soll, haben die Kläger am 27.04.2017 erhalten. Mit Schriftsatz vom 10.05.2017, bei Gericht am 11.05.2017 eingegangen, haben sie die Zustellung der Klage an die übrigen Eigentümer beantragt.

Am 22.05.2017 ist durch das Amtsgericht die Zustellung der Klageschrift an die übrigen Eigentümer verfügt worden. Mit Schreiben vom 29.05.2017 hat das Amtsgericht den Klägern mitgeteilt, dass die Zustellung an den Beklagten zu 4 nicht habe erfolgen können. Mit Schriftsatz vom 02.06.2017 haben die Kläger die neue Adresse des Beklagten zu 4. mitgeteilt. Die Zustellung ist am 07.06.2017 verfügt worden und schließlich am 09.06.2017 erfolgt.

Das Amtsgericht Darmstadt hat hinsichtlich der Anfechtung des in der Berufungsinstanz noch streitgegenständlichen Beschlusses über den Wirtschaftsplan der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, der Beschluss sei nichtig, da er nicht hinreichend bestimmt sei, denn aus dem Protokoll gehe nicht hervor, welcher Wirtschaftsplan genau beschlossen worden sei. Eine genaue Bezeichnung, etwa eine Datumsangabe enthalte das Protokoll nicht. Der Wirtschaftsplan, der unstreitig nicht der Einladung zu der Eigentümerversammlung beigefügt gewesen sei, sei auch dem Protokoll nicht beigefügt worden. Dem Protokoll gehe deswegen nicht hervor, welche Version des Wirtschaftsplans 2017 beschlossen worden sei.

Gegen das am 24.07.2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte zu 5. … Berufung eingelegt …

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Der angefochtene Beschluss über den Wirtschaftsplan ist zwar nicht, wie vom Amtsgericht angenommen, nichtig, aber wirksam angefochten und damit für ungültig zu erklären.

Der streitgegenständliche Beschluss ist nicht nichtig, insbesondere ist er ausreichend bestimmt.

Der Inhalt eines Eigentümerbeschlusses muss, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 4 WEG an Beschlüsse gebunden ist, inhaltlich bestimmt und klar s...

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