Verfahrensgang

AG Berlin-Mitte (Aktenzeichen 12 C 183/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 08. Dezember verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 12 C 183/16 – teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Mietzins für die von der Klägerin innegehaltene Wohnung in der …, seit dem 5. März 2014 bis 17. Juni 2021 um 10 % brutto gemindert ist. Die Klägerin wird ihrer darüber hinausgehenden Berufung für verlustig erklärt.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung unter Hinterlegung des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt die Feststellung einer 10%-igen Mietminderung wegen Legionellenbelastung in ihrer Wohnung im Zeitraum 5. März 2014 bis 17. Juni 2021.

In dem streitgegenständlichen Wohnobjekt wurde nach Trinkwasseruntersuchungen im Zeitraum von 2014 bis 2017 ein der Klägerin wiederholt mitgeteilter Legionellenbefall von bis zu maximal 3.700 kbE (koloniebildenden Einheiten)/100 ml festgestellt. Im Rahmen einer durch die Beklagte beauftragten Gefährdungsanalyse wurden aufgrund Ende 2015 und Anfang 2016 entnommener Proben die Gefahrenquellen in den Wohnungen mit den Risikoklassen 4 (signifikant) bis 6 (hoch), an den außerhalb der Wohnung belegenen Leitungen mit bis zu der Risikoklasse 7 (sehr hoch) klassifiziert und konkrete Maßnahmen zur Behebung dieser Gefahrenquellen empfohlen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Mangel liege nicht vor, da eine akkute Gesundheitsgefährdung durch Legionellen im Trinkwasser auch nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum erstinstanzlichen Vorbringen und zu den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen, wird auf das amtsgerichtliche Urteil (Bl. II/156-160 d.A.) Bezug genommen.

Gegen das ihr am 17. Dezember 2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 14. Januar 2021 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 15. Februar eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie ist der Ansicht, der anhaltend aufgetretenen Befall der Trinkwasserversorgungsanlage mit Legionellen stelle jedenfalls eine konkrete Gesundheitsgefährdung dar, die die von der Beklagten anfangs auch zugestandene Minderung in Höhe von 10 % rechtfertige.

Nach Rücknahme der ursprünglich weitergehenden Berufung beantragt die Klägerin nunmehr, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Mitte festzustellen, dass die monatliche Bruttowarmmiete um 10 Prozent seit dem 5. März 2014 bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, dem 17. Juni 2021 gemindert ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, hinsichtlich der Anhörungen des Sachverständigen auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar (Bl. II/82-84 d.A.) und vom 17. Juni 2021 (Bl. II/202-203).

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Die Berufung hat – in dem nach teilweiser Rücknahme reduzierten Umfang – vollumfänglich Erfolg.

Die Feststellungsklage ist zulässig. Soweit die Beklagte einwendet, eine Mietminderung in Höhe von 10 % aufgrund des Legionellenbefalls ab dem 5. März 2014 bis zum 30. November 2014 „gutgeschrieben” zu haben, steht dies nicht entgegen. Denn die Beklagte hat auch insoweit die Minderung weder im Rechtssinne anerkannt noch vorgetragen, den etwa gutgeschriebenen Betrag zu Gunsten der Klägerin tatsächlich verrechnet zu haben.

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Mietzins war in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 5. März 2014 bis 17. Juni 2021 gemäß § 536 Abs. 1 BGB um 10 % gemindert.

Für die Feststellung des Mangels der Mietsache, der eine lediglich 10%ige Minderung rechtfertigt, kommt es nicht darauf an, ob die Nutzung der Wasserversorgung tatsächlich mit Sicherheit zu einer Gesundheitsgefährdung geführt hat, wie etwa bei der Überschreitung eines durch Richtlinien oder Verordnungen aufgestellten – für den Legionellenbefall nicht festgelegten – Grenzwertes. Vielmehr genügt, dass eine solche Gefährdung in dem nunmehr streitgegenständlichen Zeitraum nicht ausgeschlossen werden kann. Bereits die aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen in dieser Zeit begründete Besorgnis einer nicht nur unerheblichen Gesundheitsgefahr führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohngebrauchs, wenn und weil sie nur in der Befürchtung der durch einer mit ihr in einer konkreten Beziehung stehenden G...

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