Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 11.01.2008; Aktenzeichen 72 C 141/07 WEG)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 11.01.2008 – 72 C 141/07 WEG – hinsichtlich Ziff 2. des Tenors wie folgt abgeändert:

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu EUR 7.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien sind Mitglieder der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft … in … Berlin. Der Kläger zu 1) ist im Grundbuch eingetragener Eigentümer u.a. der Wohnungseigentumseinheiten Nr. 1, 2, und 23 und zugleich Verwalter der Wohnanlage.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 03.08.2007 wurden u.a. als „Änderungsanträge zur Teilungserklärung” mit 549 MEA zu 1000/1000 MEA zu TOP 6 a die Einschränkung der gewerblichen Nutzung der Wohnungseigentumseinheit Nr. 1 und 2 beschlossen, und mit 704 MEA zu 1000/1000 MEA zu TOP 6 b die Teilnahme der Wohnungseigentumseinheit Nr. 23 an öffentlichen Abgaben, Instandhaltungsrücklagen und Versicherungsbeiträgen.

Die Kläger haben die zu TOP 6 a und TOP 6 b gefassten Beschlüsse mit der am 16.08.2007 bei Gericht eingereichten Klage mit der Begründung angefochten, der Eigentümerversammlung habe die Beschlusskompetenz für die Änderung der Teilungserklärung gefehlt, bzw. jedenfalls habe die erforderliche qualifizierte Mehrheit nicht bestanden.

Die Beklagten haben den Klageanspruch im Laufe des Verfahrens anerkannt und beantragt,

dem Kläger zu 1) in seiner Eigenschaft als Verwalter die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 WEG aufzuerlegen.

Das Amtsgericht hat durch Anerkenntnisurteil vom 11.01.2008 die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 03.08.2007 zu TOP 6 a und TOP 6 b für unwirksam erklärt und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung führt das Amtsgericht an, der Kläger zu 1) habe gemäß § 49 Abs. 2 WEG, der als Spezialvorschrift der Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO vorgehe, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er in seiner Eigenschaft als Verwalter der Wohnanlage die Beschlüsse zu TOP 6 a und TOP 6 b als zustande gekommen verkündet habe, obwohl die erforderliche Stimmenmehrheit nicht gegeben war. Bei beiden Beschlüssen sei es um eine Änderung der Teilungserklärung gegangen, wofür nach den Vorgaben in der Öffnungsklausel § 4 Abs. 3 der Teilungserklärung eine ¾ Mehrheit erforderlich ist. Diese ¾ Mehrheit sei weder nach den Vorgaben der Teilungserklärung noch nach § 16 Abs. 3 oder 4 WEG zustande gekommen, da die abgegebenen Ja-Stimmen unter keiner denkbaren Konstellation ausgereicht hätten, eine entsprechende Beschlussfassung herbeizuführen. Da der Feststellung und Bekanntgabe eines Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konstitutive Wirkung zukomme, und ein Versammlungsleiter einen positiven Beschluss nur verkünden dürfe, wenn die für das Zustandekommen des Beschlusses erforderliche – einfache oder qualifizierte – Stimmenmehrheit erreicht sei, habe der Kläger zu 1) in seiner Eigenschaft als Verwalter und Versammlungsleiter diese Anforderungen gröblich verletzt. Dem Kläger zu 1) sei bekannt gewesen, dass es sich bei den geplanten Beschlüssen um eine Änderung der Teilungserklärung gehandelt habe, so dass es seine Pflicht gewesen wäre, sich zuvor mit den maßgeblichen Regelungen des WEG und der Teilungserklärung hierzu vertraut zu machen. Gerade die Behauptung des Klägers, er habe vor der Abstimmung darauf hingewiesen, dass hierfür bestimmte Beschlussqualifizierungen erforderlich sein könnten, zeige jedenfalls, dass er aus seinen Zweifeln hinsichtlich der Wirksamkeit der Beschlüsse nicht die richtigen rechtlichen Schlüsse gezogen habe, so dass eine Beweisaufnahme zu dieser Frage nicht erforderlich gewesen sei. Der Kläger zu 1) habe die übrigen Wohnungseigentümer in einen Prozess gezwungen, der sich ohne weiteres hätte vermeiden lassen, wenn der Kläger zu 1) von vorneherein das richtige Beschlussergebnis festgestellt hätte.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 15.01.2008 zugestellte Anerkenntnisurteil hat der Kläger zu 1) mit Schriftsatz vom 23.01.2008 – bei Gericht eingegangen am selben Tag – sofortige Beschwerde, hilfsweise das zulässige Rechtsmittel eingelegt. Er vertritt die Ansicht, die Anwendung des § 49 Abs. 2 WEG scheide bereits deshalb aus, weil dem Kläger zu 1) kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen sei, indem er die Beschlüsse verkündet habe. Schließlich werde zumindest von einem Teil der Literatur vertreten, dass der Verwalter einen Mehrheitsbeschluss dann zu verkünden hat, wenn sich jedenfalls einfache Mehrheiten gefunden haben. Keinesfalls sei dem Kläger zu 1) aber grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Die Vorschrift des § 49 Abs. 2 WEG sei zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erst seit einem Monat in Kraft gewesen. Insoweit sei dem Kläger zu 1) als nicht ...

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