Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die im Kündigungsschreiben angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind (§ 574 Abs. 3 BGB). Nachträglich entstanden sind nur solche Gründe, die vor Abgabe der Kündigung nicht vorgetragen werden konnten, weil sie erst danach entstanden sind.

Die Gewichtung der Gründe hängt ausschließlich von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

3.1 Gleichwertigkeit der Interessen

Bei Gleichwertigkeit der Interessen muss die Abwägung zugunsten des Eigentümers ausfallen, da der verfassungsgemäß garantierte Schutz des Eigentums ausgehöhlt werden würde, wollte man der Sozialpflichtigkeit eine größere Bedeutung als dem Eigentumsrecht einräumen.[1] Einer Abwägung bedarf es nicht, wenn zugleich ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt (§ 574 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Das Revisionsgericht muss den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum des Mietgerichts bei der Abwägung der Härtegründe respektieren und kann die Abwägung nur auf Rechtsfehler überprüfen, z. B. ob Rechtsbegriffe verkannt wurden oder Verfahrensverstöße vorliegen, wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt oder Erfahrungssätze verletzt wurden.[2]

Erfordert die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ausnahmsweise kein berechtigtes Interesse des Vermieters, ist aber trotzdem die Sozialklausel des § 574 BGB anwendbar (z. B. bei der Kündigung im Zweifamilienhaus oder bei der Teilkündigung, §§ 573a, 573b BGB), müssen die berechtigten Interessen des Vermieters i. S. v. § 574 BGB nicht das Gewicht der Kündigungsgründe i. S. d. § 573 Abs. 1 und 2 BGB haben.[3]

[3] Schmidt-Futterer/Blank, Rn. B 328.

3.2 Widerspruch gegen die Kündigung

 
Hinweis

Schriftform des Widerspruchs

Die Erklärung des Mieters, mit der er der Kündigung widerspricht und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt, bedarf der schriftlichen Form (§ 574b Abs. 1 BGB). Die Erklärung muss von dem oder den Mietern oder einem bevollmächtigten Vertreter unterzeichnet sein.

Die Worte "Widerspruch" und "Fortsetzung" braucht die Erklärung nicht zu enthalten, jedoch muss der auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gerichtete Wille des Mieters aus seiner Erklärung erkennbar hervorgehen.

 
Hinweis

Begründung des Widerspruchs

Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch soll der Mieter auf Verlangen des Vermieters über die Gründe des Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen. Unterlässt dies der Mieter, können ihm im Räumungsprozess, falls die Klage des Vermieters wegen des Widerspruchs abgewiesen oder der Vermieter zur Fortsetzung des Mietverhältnisses verurteilt wird, die Prozesskosten ganz oder teilweise auferlegt werden.[1]

Der Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses ohne Rücksicht auf die sachliche Begründetheit des Widerspruchs ablehnen, wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens 2 Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt hat (§ 574b Abs. 2 BGB). Dies gilt jedoch nur, wenn der Vermieter den Mieter auf die Form und Frist des Widerspruchs rechtzeitig hingewiesen hat. Der Hinweis des Vermieters ist rechtzeitig erteilt, wenn er dem Mieter zu einem Zeitpunkt zugeht, der ihn in die Lage versetzt, nach einer angemessenen Überlegungszeit den Widerspruch rechtzeitig abzufassen und dem Vermieter zuzuleiten.[2]

Bei nicht rechtzeitigem Hinweis des Vermieters kann der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären.

Mit dem Widerspruch will der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses erreichen. Kommt hierüber eine Einigung mit dem Vermieter nicht zustande, muss das Gericht durch Urteil darüber entscheiden, ob das Mietverhältnis fortgesetzt wird. Wird auf Fortsetzung des Mietverhältnisses erkannt, trifft das Gericht sowohl über die Dauer der Fortsetzung des Mietverhältnisses als auch über die Bedingungen, nach denen es fortgesetzt wird, eine Entscheidung.

[2] Palandt-Putzo, Anm. 5g bb zu § 556a BGB a. F..

3.3 Schätzung des Gerichts

Das Gericht hat dabei den voraussichtlichen Zeitraum, in dem ein Härtegrund bestehen wird, abzuschätzen und seiner Entscheidung zugrunde zu legen.[1] Schwierigkeiten bei der Schätzung können eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit nicht begründen. Nur wenn ungewiss ist, wann voraussichtlich die Umstände wegfallen, aufgrund derer die Beendigung des Mietverhältnisses eine Härte bedeutet, kann bestimmt werden, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird (§ 574a Abs. 2 Satz 2 BGB). Mit Recht steht die herrschende Meinung auf dem Standpunkt, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit – sofern die Voraussetzungen überhaupt vorliegen – die Regel, die Fortsetzung auf unbestimmte Zeit die Ausnahme bildet.[2]

 
Hinweis

Unbefristete Verlängerung?

Auf unbestimmte Zeit darf das Mietverhältnis nur verlängert werden, wenn sich aus der Art des Här...

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