Sozialwohnung

Ist eine Sozialwohnung an einen Nichtberechtigten i. S. d. WoBindG vermietet worden, ohne dass ein konkreter Anhalt für die Annahme besteht, der Vermieter habe bei Vertragsschluss die fehlende Berechtigung des Mieters gekannt, besteht ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung dieses Mietverhältnisses, wenn später die zuständige Behörde die Kündigung verlangt und dem Vermieter anderenfalls erhebliche (wirtschaftliche) Nachteile wegen Verstoßes gegen das Wohnungsbindungsgesetz androht, z. B. Widerruf der Mittel, besondere Geldleistungen nach § 25 WoBindG.[1]

 
Hinweis

Kündigungsrecht des Vermieters auch ohne Androhung wirtschaftlicher Nachteile

Dieses Kündigungsrecht steht dem Vermieter auch dann zu, wenn die Behörde die Kündigung wegen Bedarfs der Wohnung verlangt, ohne hierbei dem Vermieter anzudrohen, ihm wirtschaftliche Nachteile zuzufügen, falls er die Kündigung unterlässt.[2]

Dagegen besteht kein berechtigtes Interesse des Vermieters, wenn die Voraussetzungen für die Nutzung der Sozialwohnung nachträglich wegfallen, z. B. durch Überschreiten der Einkommensgrenze.

Gemeinnützige Baugenossenschaft

Für eine gemeinnützige Baugenossenschaft stellt es kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber einem nach dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis eingetretenen Familienangehörigen dar, wenn sie das Haus zur Vermietung an wohnungssuchende kinderreiche Familien benötigt.[3]

 
Hinweis

Unterbelegte Genossenschaftswohnung

Ein berechtigtes Interesse i. S. v. § 573 Abs. 1 BGB an der Beendigung des Mietverhältnisses kann eine gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft jedoch haben, wenn sie eine erheblich unterbelegte Genossenschaftswohnung in der Absicht kündigt, sie an eine größere Familie mit entsprechendem Wohnbedarf zu vermieten.[4]

Das OLG Stuttgart sah sich an den Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe nicht gebunden, da sich dieser auf die Rechtslage bei einem nach § 563 BGB einrückenden Mieter beschränkt. Auch der Rechtsentscheid des OLG Frankfurt/M. vom 6.3.1981[5] steht nicht entgegen, da die Baugenossenschaft mit der Kündigung nicht nur ein Drittinteresse oder ein allgemeines öffentliches Interesse der Bevölkerung, sondern ein Eigeninteresse in Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Aufgabe verfolgt.[6]

Überbelegung und Unterbelegung

Der Rechtsentscheid des OLG Stuttgart ist jedoch auf den Fall beschränkt, dass der Vermieter eine gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft ist. Er hat daher keine allgemeine Gültigkeit für andere Mietverhältnisse. Insofern verbleibt es bei der Rechtslage, wonach zwar die Überbelegung einer Wohnung einen Kündigungsgrund darstellen kann, nicht aber deren Unterbelegung.

Entsprechendes gilt, wenn der Mieter einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft die Wohnung nur als Zweitwohnung (Stadtwohnung) nutzt.[7] Da eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft, die im Eigentum der öffentlichen Hand steht, verpflichtet ist, möglichst viel preiswerten, familiengerechten Wohnraum dem Wohnungsmarkt zur Linderung der Wohnungsnot und zur Preisdämmung des Mietniveaus zur Verfügung zu stellen, hat sie ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 BGB, wenn der Mieter diese Wohnung nur als Zweitwohnung nutzt.[8]

 
Hinweis

Ausscheiden aus der Genossenschaft

Eine Wohnungsgenossenschaft hat auch dann ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses, wenn ein Mitglied, das von der Genossenschaft durch einen Dauernutzungsvertrag eine Wohnung gemietet hat, wegen genossenschaftswidrigen Verhaltens aus der Genossenschaft ausgeschlossen und die von ihm genutzte Wohnung für ein anderes Mitglied benötigt wird.[9]

Kündigung durch eine Gemeinde

Eine Gemeinde, die ein Mietverhältnis über Wohnraum kündigt, kann sich zur Begründung ihres berechtigten Interesses i. S. v. § 573 Abs. 1 und 2 BGB darauf berufen, dass sie den Wohnraum zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben benötigt.

 
Praxis-Beispiel

Öffentlich-rechtliche Aufgaben der Gemeinde

Zu den öffentlich-rechtlichen Aufgaben, die ein berechtigtes Interesse an der Beendigung eines Mietverhältnisses begründen können, zählt in Bayern auch die Bereitstellung von Räumen für den theoretischen Unterricht der Feuerwehr sowie für kulturelle oder soziale Zwecke, wie Turnraum, Versammlungs- und Übungsraum für einen örtlichen Gesangsverein und Raum für eine Webeschule.[10]

 
Hinweis

Daseinsvorsorge

Ferner kann ein berechtigtes Interesse vorliegen, wenn im Rahmen der gemeindlichen Daseinsvorsorge durch Umgestaltung und Modernisierung eines Altbaus neuer seniorengerechter Wohnraum geschaffen werden soll.[11]

Kündigungen aufgrund besonderen öffentlichen Interesses sind von der Rechtsprechung auch anerkannt worden zur

  • Schaffung von Obdachlosenunterkünften[12],
  • Unterbringung von Aussiedlern und Asylbewerbern[13] oder
  • Schaffung eines öffentlichen Kindergartens.[14]
 
Hinweis

Kein berechtigtes Interesse der Gemeinde

Dagegen liegt kein berechtigtes Interesse an der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisse...

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