Kündigt der Vermieter aus einem Grund, der in Wirklichkeit nicht vorhanden ist (z. B. vorgetäuschter Eigenbedarf), so liegt hierin eine Vertragsverletzung, die den Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet. Gleiches gilt, wenn der Vermieter seinen Räumungsanspruch weiterverfolgt, obwohl der Kündigungsgrund weggefallen ist.[1] Der Vermieter ist in einem solchen Fall verpflichtet, den Mieter über den Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren; diese Informationspflicht besteht, solange der Mieter die Räume noch in Besitz hat. Dies gilt auch dann, wenn dem Mieter bereits eine Ersatzwohnung zur Verfügung steht; auch hier muss der Mieter frei entscheiden können, ob er in seiner bisherigen Wohnung verbleibt oder ob er umzieht.

 
Achtung

Keine Vorratskündigung wegen Eigenbedarfs

Darüber hinaus liegt eine Vertragsverletzung auch dann vor, wenn der Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigt, obwohl er noch nicht sicher weiß, dass er die gekündigten Räume selber nutzen kann oder will.[2] Es gilt der Grundsatz, dass der Bedarf mit hinreichender Sicherheit feststehen muss; Vorrats- und Vorsorgekündigungen sind unzulässig.[3]

In allen Fällen hängt die Schadensersatzpflicht nicht davon ab, dass der Mieter aufgrund der fehlerhaften Angaben des Vermieters zur Räumung verurteilt wird. Die Ersatzpflicht besteht auch dann, wenn der Mieter freiwillig auszieht, weil er auf die Richtigkeit der Angaben des Vermieters vertraut hat oder wenn die Parteien einen Mietaufhebungsvertrag[4] oder einen Räumungsvergleich schließen.

Fraglich kann allerdings sein, ob ein Ersatzanspruch auch dann besteht, wenn der Mieter selbst an der Ernsthaftigkeit des Eigenbedarfs zweifelt, aber die Wohnung gleichwohl räumt, weil er hierfür eine mehr oder weniger bedeutsame Abfindungssumme erhält. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung kommt es hier darauf an, ob mit dem Aufhebungsvertrag ein "Schlussstrich" unter die bisherigen Vertragsbeziehungen gezogen werden soll (mit der Folge, dass der Mieter mit Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen wird) oder ob der Bestand des Eigenbedarfs gewissermaßen als "Geschäftsgrundlage" für die Räumungsbereitschaft des Mieters anzusehen ist (mit der Folge, dass der Vermieter auf Schadensersatz haftet, wenn der Eigenbedarf in Wirklichkeit nicht besteht).[5]

Der Umstand, dass der Mieter vom Vorliegen des Eigenbedarfs nicht restlos überzeugt war, rechtfertigt den Ausschluss des Schadensersatzanspruchs für sich allein nicht. Insbesondere fehlt es in einem solchen Fall nicht an einem Kausalzusammenhang zwischen der unberechtigten Kündigung und dem Schaden.[6]

Für den Umfang des Ersatzanspruchs gelten die Ausführungen in Abschnitt 2 entsprechend.

 
Achtung

Strafrechtliche Verurteilung kann drohen

Zusätzlich stellt eine vorgetäuschte Kündigung i. d. R. auch einen Betrug dar. Das Festhalten an einer vorgetäuschten Kündigung in einem Räumungsrechtsstreit, in dem Sie zur prozessualen Wahrheit verpflichtet sind, wird strafschärfend bewertet. Es gibt auch keine "sichere Frist", wie lange z. B. der angeblich Begünstigte des Eigenbedarfs in der gekündigten Wohnung bleiben muss, um den Vorwurf einer "vorgetäuschten Kündigung" auszuräumen.

[1] OLG Karlsruhe, RE v. 7.10.1981.
[2] LG Mannheim, WuM 1991 S. 693.
[3] OLG Karlsruhe, a. a. O..
[4] OLG Karlsruhe, a. a. O..
[5] OLG Frankfurt, RE v. 6.9.1994, WuM 1994 S. 600 = ZMR 1995 S. 68.
[6] So aber OLG Celle, MDR 1995 S. 252.

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