Tenor

Es wird festgestellt, dass die von den Antragsgegnern erhobenen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen zu dem verbundenen Aktenzeichen des Landgerichts Berlin 100 O 68/20 der Eintragung des auf der Hauptversammlung der Antragstellerin am 24. September 2020 unter Tagesordnungspunkt 1 gefassten Beschlusses über die Herabsetzung des Grundkapitals der Antragstellerin durch Einziehung von Aktien nach Erwerb durch die Antragstellerin und der Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung im Handelsregister nicht entgegenstehen und dass etwaige Mängel des Beschlusses die Wirkung seiner Eintragung unberührt lassen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin tragen die Antragsgegner zu 1, 2 und 3 zu je einem Drittel. Die Antragsgegner und der Streithelfer tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, eine Societas Europaea mit Sitz in Berlin, begehrt die Freigabe eines auf ihrer außerordentlichen Hauptversammlung am 24. September 2020 gefassten Beschlusses über eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien nach deren Erwerb in Folge eines Delisting-Verfahrens, in dem sie selbst als Bieterin aufgetreten ist.

Die Antragstellerin ist weltweit tätig und entwickelt internetbasierte Geschäftsmodelle, indem sie Technologie-Unternehmen gründet und finanziert. Das Grundkapital der Antragstellerin betrug im September 2020 ca. 135,69 Mio. EUR und ist eingeteilt in Stückaktien mit einem Anteil am Grundkapital von jeweils 1,00 EUR. An der Antragstellerin waren der Vorstand S1... mit 4,53 % und als Großaktionärin mit 45,11 % die G... GmbH beteiligt. Letztere wird beherrscht durch die Mehrheitsgesellschafterin R... GmbH, diese wiederum durch die Mehrheitsgesellschafterin Z... GmbH. Deren Gesellschafter zu jeweils 50 % sind die S1... Familienstiftung einerseits und die A... Stiftung andererseits, beide jeweils in Liechtenstein ansässig.

Vorstand und Aufsichtsrat der Antragstellerin gaben gemäß ad hoc-Meldung vom 1. September 2020 bekannt, den Handel der R...-Aktien am Regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse und an der Luxemburger Wertpapierbörse zu beenden. Zur Ermöglichung des Börsenrückzugs gab der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrates ein Rückerwerbsangebot der Antragstellerin gegenüber ihren Aktionären auf der Grundlage des durchschnittlichen Börsenkurses der letzten sechs Monate in Höhe von 18,57 EUR je Aktie ab, das von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit Bescheid vom 9. September 2020 gebilligt und nach Durchführung der Hauptversammlung veröffentlicht wurde. Mit Bescheid vom 27. Oktober 2020 widerrief die Frankfurter Wertpapierbörse auf Antrag der Antragstellerin deren Zulassung im regulierten Markt; dagegen wendet sich der Antragsgegner zu 2 mit einem Widerspruch vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, das die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs mit Beschluss vom 30. Oktober 2020 abgelehnt hat. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. Februar 2021 zurückgewiesen.

Im Hinblick auf den beabsichtigten Erwerb eigener Aktien im Rahmen des Delisting-Angebotes durch die Antragstellerin sollte eine Kapitalherabsetzung mit anschließender Einziehung der erworbenen Aktien stattfinden. Zu diesem Zweck lud die Antragstellerin mit am 1. September 2020 im Bundesanzeiger veröffentlichter Einladung zu einer außerordentlichen Hauptversammlung am 24. September 2020 ein. Auf dieser wurden folgende Beschlüsse gefasst: zu TOP 1 a) über die Herabsetzung des Grundkapitals der Antragstellerin gemäß § 237 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 und Abs. 5 AktG um bis zu 69.447.991,00 EUR in Form der Einziehung der von der Antragstellerin noch zu erwerbenden Aktien, zu TOP 1 b) über die Ermächtigung des Vorstands, eigene Aktien gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG zu erwerben, zu TOP 1 c) über die Ermächtigung des Aufsichtsrates, die Satzung entsprechend zu ändern, sowie zu TOP 2 über die Ermächtigung des Vorstands zum Erwerb eigener Aktien und zu deren Verwendung einschließlich der Ermächtigung zur Einziehung erworbener eigener Aktien und Kapitalherabsetzung; wegen der Einzelheiten der Beschlussfassungen wird auf die Einladung zur außerordentlichen Hauptversammlung und die dort vorgeschlagenen vollständigen Beschlussfassungen (Anlage AS 8, dort Seite 3-12) sowie auf die Niederschrift über die virtuelle außerordentliche Hauptversammlung (Anlage AS 14, Seite 13-15) Bezug genommen. Die Antragsgegner zu 1 und 2 haben Widerspruch gegen die gefassten Beschlüsse erklärt; der Antragsgegner zu 3 hat seinen Widerspruch ohne nähere Konkretisierung über das Hauptversammlungsportal übermittelt. Gegen sämtliche Beschlüsse haben die Antragsgegner Klage vor dem Landgericht Berlin erhoben, und zwar der Antragsgegner zu 1 zum Aktenzeichen 100 O 68/20; die Klage ist den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern der Antragstellerin ...

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