Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungssperre bei Wohngeldrückstand. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist bei erheblichen Wohngeldrückständen eines Wohnungseigentümers für die Vergangenheit berechtigt, gegenüber dem säumigen Wohnungseigentümer und auch seinem Mieter die Versorgung der vermieteten Räume mit Heizung und Wasser bis zum Ausgleich der Rückstände zu unterbinden (a. A. OLG Köln, NJW-RR 2001, 301).

 

Normenkette

WEG § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 3; BGB § 858

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 338/00)

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 287/00)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen und dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft die notwendigen außergerichtlichen Kosten dritter Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 10.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Antragsgegners, den Antragstellern Zutritt zu der im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung in seinem Eigentum stehenden Wohnung zum Zweck der Durchsetzung einer Versorgungssperre (Wasser- und Wärmelieferung) zu gewähren. Die Antragsteller sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft, der Antragsgegner war seit dem 8. September 1981 und im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung Eigentümer der Wohnung Nr. 12 im zweiten Obergeschoss. Die Versorgung der in dem Gebäude liegenden Einheiten mit Heizung und Wasser erfolgt über eine Zentralheizung und eine zentrale Wasserversorgung. Nach Teil II § 9 der Teilungserklärung vom 13. Juli 1979 richtet sich in der Eigentümerversammlung das Stimmrecht nach den Miteigentumsanteilen. Die Teilungserklärung enthält keine Vorschriften über die Entziehung des Wohnungseigentums oder die Anordnung einer Versorgungssperre, sondern verweist ergänzend auf die §§ 10 bis 29 WEG. Der Antragsgegner hatte mit notariellem Kaufvertrag vom 11. April 1996 die Einheit Nr. 12 verkauft. Die Käuferin wurde in der Folgezeit jedoch zunächst nicht als Eigentümerin im Wohnungsgrundbuch eingetragen. Der Antragsgegner hatte die Einheit Nr. 12 in der Vergangenheit vermietet. Er zahlte nicht die auf die Einheit Nr. 12 entfaltenden Wohngelder. Am 31. Juli 1998 betrug der Wohngeldrückstand 27.157,13 DM und wuchs weiter stetig an. Im Hinblick auf die Wohngeldrückstände des Antragsgegners wurde durch Eigentümerbeschluss vom 12. August 1998 zu TOP I. 2. bei einer Anwesenheit von 6746/10.000stel MEA mit 11 Ja-Stimmen folgender Beschluss gefasst, der nicht angefochten wurde:

„TOP Nr. I. 2. Kappung der Versorgungsleitungen hinsichtlich des Wohnungseigentums 12

Beschlussantragsbegründung:

Die Verwaltung weist darauf hin, dass das Wohngeldkonto J. (WE 12) gemäß Saldenliste zum 31.7.1998 einen Wohngeldrückstand in Höhe von 27.157,13 DM aufweist. Der Wohnungseigentümer wurde regelmäßig auf Zahlung des Wohngeldes verklagt…

Aufgrund der Vollstreckungsbescheide wurde die Zwangsvollstreckung ohne Erfolg durchgeführt. In Ermangelung anderer erfolgversprechender Vollstreckungsmaßnahmen hat das Anwaltsbüro O. die künftigen Rentenansprüche gepfändet. Wann und in welcher Höhe Rentenbeträge an Herrn J. ausgezahlt werden, ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu erfahren.

Es ergeht folgender Beschluss:

Aufgrund der bislang erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen sowie im Hinblick auf den o. a. erheblichen Wohngeldrückstand machen die Wohnungseigentümer gemäß § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht in bezug auf die Wärme- und Wasserlieferung geltend. Gemäß § 15 Abs. 2 wird deshalb die Trennung der entsprechenden Versorgungsleitungen – soweit praktisch möglich – zu der Einheit Nr. 12 (J.) beschlossen. (OLG Celle vom 9.11.90, Az.: 4 W 211/90)

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen:

11

Nein-Stimmen:

./.

Stimmenthaltungen:

./.

Der Beschlussantrag wurde somit angenommen.”

Am 14. Dezember 1998 wurde erneut ein Zwangsversteigerungsvermerk in das Wohnungsgrundbuch der Einheit Nr. 12 eingetragen. Der Antragsgegner leistete auch in der Folgezeit keine Wohngeldzahlungen. Ferner gewährte er nicht den Zutritt zu seiner Wohnung. Daraufhin wurde mit Eigentümerbeschluss vom 1. Juli 1999 zu TOP I. 6. bei einer Anwesenheit von 5352/10.000stel MEA folgender Beschluss gefasst, der ebenfalls bestandskräftig wurde:

„TOP Nr. I. 6. Beauftragung der Verwaltung zur klageweisen Durchsetzung des Zutritts zur Wohneinheit J.

Beschlussantragsbegründung:

Da zu erwarten ist, dass der Eigentümer Herr J. den Zutritt zu seiner Wohneinheit zum Zwecke der Kappung der Versorgungsleitungen verweigern wird, ist eine entsprechende Beschlussfassung erforderlich. …

Es ergeht folgender Beschluss:

Der Verwalter wird bevollmächtigt, zur Durchsetzung des Beschlusses der Versammlung vom 12. August 1998, TOP I. 2., klageweise den Zutritt zu erzwingen.

Zur Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts ist er berechtigt.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen:

11

Nein-Stimmen:

0

Stimmenthaltungen

0

Der Beschlussantrag wurde somit angenommen.”

Mit der Antragsschrif...

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