2.1 Gesetzliche Regelung und die verbotene Eigenmacht

Nach § 858 Abs. 1 BGB begeht verbotene Eigenmacht, wer den Mieter ohne dessen Willen im Besitz der Mietsache stört, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet. Dies gilt nicht nur im Verhältnis zwischen dem Mieter und sonstigen Dritten, sondern auch im Verhältnis zum Vermieter.

Bei einer Wohngemeinschaft gelten für die Ausübung des Hausrechts folgende Grundsätze:[1]

  1. Hinsichtlich der den einzelnen Mitgliedern zugewiesenen Zimmer steht das Hausrecht dem jeweiligen Bewohner alleine zu.
  2. Hinsichtlich der Gemeinschaftsräume kann jeder Bewohner das Hausrecht ohne Mitwirkung der anderen ausüben.
  3. Jeder Hausrechtsinhaber ist berechtigt, Dritten das Betreten der Wohnung und der Gemeinschaftsräume zu erlauben; ebenfalls ist jeder Hausrechtsinhaber befugt, Dritte aus der Wohnung zu weisen.
  4. Treffen die Bewohner bei der Ausübung des Hausrechts sich widersprechende Entscheidungen, so ist über den Vorrang aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden. Dabei ist sowohl das Recht des jeweiligen Mitbewohners, im privaten Bereich ungehindert Besucher empfangen zu können, als auch das Recht eines anderen, in seiner Privatsphäre vor unliebsamen Störern geschützt zu werden, zu berücksichtigen.

     
    Hinweis

    Widerspruchsrecht anderer Bewohner

    Grundsätzlich haben die anderen Bewohner kein Widerspruchsrecht, es sei denn, der Zugang des Dritten ist nicht zumutbar.[2]

  5. Zu einer auf längere Dauer angelegten Übertragung des Besitzes auf einen Dritten ist der einzelne Bewohner im Zweifel nicht befugt.
 
Hinweis

Hausrecht gilt uneingeschränkt nur für Mieterwohnung

Das alleinige Abwehrrecht des § 858 Abs. 1 BGB (Hausrecht) ist allerdings auf die Wohnung beschränkt. Bezüglich der gemeinschaftlichen Hausteile hat der Mieter kein alleiniges Hausrecht. Er hat insoweit lediglich Mitbesitz, z. B. mit anderen Mietern im Haus, deren Besuchern und i. d. R. auch mit seinem Vermieter. Gegenüber störenden Dritten, die keinerlei Besitzrechte haben (wie z. B. ein Dieb), ist kein Grund ersichtlich, ihm das Hausrecht zu verweigern.

[1] OLG Hamm, Urteil v. 22.1.2016, 11 U 67/15, NZM 2016 S. 310.
[2] KG Berlin, NJW 2016 S. 1454.

2.2 Fallgruppen

2.2.1 Unerlaubtes Betreten der Wohnung

Verbotene Eigenmacht liegt vor, wenn der Vermieter oder ein Dritter gegen den Willen des Mieters ohne rechtfertigenden Grund die Mietwohnung betritt.

 
Praxis-Beispiel

Dringende Fälle für Zutritt

Ein rechtfertigender Grund kann vorliegen, wenn während der Abwesenheit des Mieters in der Wohnung ein Schaden auftritt und der sofortige Zutritt zur Schadensbegrenzung erforderlich ist (z. B. bei Wasserrohrbruch).

Gleiches gilt, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Mieter etwas zugestoßen sein könnte.

In weniger dringlichen Fällen darf der Vermieter die Räume des Mieters nicht eigenmächtig betreten, sondern muss ein eventuell bestehendes Betretungsrecht gerichtlich – u. U. im Wege der einstweiligen Verfügung – durchsetzen.

Anderenfalls darf der Mieter den Vermieter oder Dritten aus der Wohnung weisen.[1] Leistet der Störer dieser Aufforderung keine Folge, so kann Hausfriedensbruch[2] vorliegen.

Wer also in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen widerrechtlich eindringt oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, kann auf Antrag strafrechtlich nach § 123 StGB verfolgt werden.

 
Praxis-Beispiel

Hausfriedensbruch des Vermieters durch eigenmächtigen Zutritt

Hausfriedensbruch kann daher auch der Vermieter zum Nachteil seines Mieters begehen, wenn er sich z. B. gegen dessen Willen eigenmächtig Zutritt zu der vermieteten Wohnung verschafft.

Die Polizei kann auch einen sog. Platzverweis aussprechen, wenn die Anwesenheit einer Person in einer Wohnung die öffentliche Sicherheit und Ordnung stört. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn durch das Verhalten des Betroffenen ein Hausfriedensbruch vorliegt.

 
Achtung

Mieter darf sich wehren

Der Mieter darf sich der verbotenen Eigenmacht auch mit Gewalt erwehren[3]; dies gilt gegenüber dem Vermieter auch dann, wenn dieser nach den mietvertraglichen Regelungen zum Betreten berechtigt wäre.

Das Maß der Gewalt muss allerdings zum Ausmaß der Störung in einem angemessenen Verhältnis stehen.

2.2.2 Hinderung des Wohnungszutritts

Verbotene Eigenmacht liegt auch dann vor, wenn der Vermieter oder ein Dritter dem Mieter ohne rechtfertigenden Grund den Zutritt zur Mietwohnung versperrt, sei es durch körperliche Gewalt, sei es durch das Austauschen von Schlössern.

 
Wichtig

Mieter zahlt nicht

Ein rechtfertigender Grund liegt nicht vor, wenn der Mieter die Miete nicht bezahlt und der Vermieter deshalb die Wohnung nicht länger zur Verfügung stellen will: Hier muss der Vermieter Zahlungsklage erheben oder – nach Kündigung – ein Räumungsverfahren betreiben.

Der Umstand, dass das Mietverhältnis beendet ist und der Mieter nicht auszieht, rechtfertigt das eigenmächtige Vorgehen ebenfalls nicht; der Vermieter muss auch hier einen Räumungstitel erwirken und den Gerichtsvollzieher mit der Zwangsräumung beauftragen...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge