5.2.1 Hausgeldschuldner

Sollte ein Wohnungseigentümer versuchen, mit eigenen Ansprüchen gegen die Ansprüche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach §§ 387 ff. BGB aufzurechnen, wäre dies zum Scheitern verurteilt, denn nach gesicherter Rechtsprechung kann ein Wohnungseigentümer gegenüber Hausgeldansprüchen grundsätzlich nicht aufrechnen.[1]

Diese Beschränkung wird etwa aus dem Umstand hergeleitet, dass die Forderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihrer Natur nach im Interesse einer geordneten Verwaltung und zur Vermeidung von Unzuträglichkeiten und Schäden einer raschen Verwirklichung bedürften. Die Durchsetzbarkeit von Hausgeldforderungen soll nicht durch umfangreiche Beweisaufnahmen verzögert werden können. Das Aufrechnungsverbot gegenüber Hausgeldansprüchen soll ferner aus den zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden besonderen Schutz- und Treuepflichten folgen. Da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Erhaltung ihrer Liquidität auf die pünktliche Zahlung des fälligen Hausgeldes angewiesen ist, dürfe diese durch die Auseinandersetzung mit Gegenansprüchen nicht gefährdet werden. Gegenüber ehemaligen Wohnungseigentümern soll nichts anderes gelten.[2]

 

Ausnahmsweise kann doch aufgerechnet werden!

In Anlehnung an § 309 Nr. 3 BGB, wonach eine Bestimmung unwirksam ist, durch die dem Vertragspartner des Verwenders Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen, werden – ist nichts anderes vereinbart – für die Möglichkeit des Hausgeldschuldners aufzurechnen, Ausnahmen gemacht für

  • anerkannte oder
  • unbestrittene[3] oder
  • rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen des Hausgeldschuldners gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Diesen Gegenforderungen werden Ansprüche des Hausgeldschuldners aus Notgeschäftsführung gemäß § 18 Abs. 3 WEG, insbesondere unstreitige Erstattungsansprüche wegen der Bezahlung von Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber Versorgungsunternehmen sowie Ansprüche aus § 670, § 680, § 683, §§ 812 ff. BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag), gleichgestellt.[4]

Für Forderungen aus § 14 Abs. 3 WEG soll das Aufrechnungsverbot hingegen gelten. Möglich ist ferner eine Widerklage mit etwaigen Ansprüchen gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (solche gegen den Verwalter oder die Wohnungseigentümer sind hingegen nicht konnex).[5] Bei dieser droht keine Prozessverzögerung oder Illiquidität, da gemäß § 301 ZPO über die Klage vorab durch Teilurteil entschieden werden kann.

Durch eine Vereinbarung kann das bereits nach allgemeinen Erwägungen geltende Aufrechnungsverbot näher geregelt und ausgestaltet werden. Sind etwa in einer Vereinbarung als Ausnahmen von dem grundsätzlichen Verbot der Aufrechnung gegen Hausgeldforderungen nur unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Ansprüche genannt, sind andere Gegenforderungen – wie Ansprüche aus Notgeschäftsführung – von der Aufrechnung ausgeschlossen.

[1] BGH, Urteil v. 29.1.2016, V ZR 97/15, NJW-RR 2016 S. 714 Rn. 15; LG Frankfurt a. M., Urteil v. 13.8.2018, 2-09 S 85/17, ZWE 2019 S. 84 Rn. 22.
[2] LG Frankfurt a. M., Urteil v. 13.8.2018, 2-09 S 85/17, ZWE 2019 S. 84 Rn. 26.
[3] Die h. M. will als unbestritten auch eine Forderung ansehen, gegen die nur grundlose oder unsubstanziierte Einwendungen geltend gemacht worden sind.
[5] Bruns/Hintzen ZWE 2018, S. 73.

5.2.2 Aufrechnung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Steht dem Hausgeldschuldner gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Forderung zu, ist diese hingegen grundsätzlich berechtigt, aufzurechnen, z. B. gegen überzahlte Vorschüsse mit älteren Hausgeldschulden[1]. Anders ist es, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für einen Hausgeldschuldner Treuhänderin ist, z. B. für eine Versicherungsleistung.[2]

[1] Siehe Abschn. 4.3.1 Aufrechnung gegenüber dem aktuellen Wohnungseigentümer.
[2] Köhler, MietRB 2019, S. 252 ff.

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