Zusammenfassung

 
Überblick

Das Hammerschlags- und Leiterrecht spielt stets dann eine Rolle, wenn ein Gebäude nur vom Nachbargrundstück aus saniert, repariert oder neu verputzt werden kann. Das Hammerschlags- und Leiterrecht regelt dann, unter welchen Voraussetzungen das Nachbargrundstück betreten werden darf.

1 Einführung

Obwohl das Hammerschlags- und Leiterrecht erhebliche praktische Bedeutung für Grundstücksnachbarn hat, ist der aus der Zeit der Partikularrechte vor Inkrafttreten des BGB stammende Rechtsbegriff nicht ohne Weiteres aus sich heraus verständlich.

 
Hinweis

Definitionen

Als Hammerschlagsrecht wird herkömmlicherweise die Befugnis bezeichnet, das Nachbargrundstück betreten zu können, um von dort aus Bau-, Instandsetzungs- und Renovierungsarbeiten an baulichen Anlagen auf dem eigenen Grundstück durchzuführen, die von dort aus entweder gar nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem technischen oder kostenmäßigen Aufwand ausgeführt werden können.

Das Leiterrecht ist die entsprechende Befugnis, zu diesen Zwecken auf dem Nachbargrundstück Leitern oder Gerüste aufzustellen, Baumaterialien über das Nachbargrundstück zur Baustelle zu befördern und in manchen Bundesländern auch Baumaschinen und Baumaterial während der Arbeiten auf dem Nachbargrundstück abzustellen oder zu lagern.

Ergänzt wird das Hammerschlags- und Leiterrecht durch das Schaufelschlagsrecht als der Befugnis, im Zusammenhang mit den Arbeiten auf dem Nachbargrundstück auch Sand, Schlamm oder anderen Bodenaushub lagern zu dürfen. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung hierzu findet sich allerdings nur in Sachsen.

Eine einheitliche bundesgesetzliche Regelung des Hammerschlags- und Leiterrechts fehlt. Vielmehr hat der Bundesgesetzgeber gemäß Art. 124 Satz 1 EGBGB die gesetzliche Regelung dieser Rechtsmaterie den Bundesländern überlassen.

Dementsprechend finden sich mit Ausnahme von Bremen und Mecklenburg-Vorpommern entsprechende gesetzliche Regelungen in den Landesnachbarrechtsgesetzen der Bundesländer bzw. für Bayern im Ausführungsgesetz zum BGB (AGBGB BY) und für Hamburg in der dortigen Bauordnung.[1]

Trotz mancher Übereinstimmung der landesgesetzlichen Vorschriften gibt es im Einzelnen doch erhebliche Unterschiede. Ein Blick in das im Einzelfall anwendbare Landesgesetz ist daher unverzichtbar:

Übersicht

 
Bundesland Rechtsvorschriften
Baden-Württemberg § 7d NRG BW
Bayern Art. 46b AGBGB BY
Berlin §§ 17, 18 NachbG Bln
Brandenburg §§ 23, 24 BbgNRG
Bremen keine Regelung
Hamburg § 74 HBauO
Hessen §§ 28, 29 NachbG HE
Mecklenburg-Vorpommern keine Regelung
Niedersachsen §§ 47, 48 NNachbG
Nordrhein-Westfalen §§ 24, 25 NachbG NRW
Rheinland-Pfalz §§ 21-25 LNRG
Saarland §§ 24-26 NachbarG SL
Sachsen § 24 SächsNRG
Sachsen-Anhalt §§ 18-20 NbG ST
Schleswig-Holstein §§ 17-19 NachbG SH
Thüringen §§ 21-25 ThürNRG
[1] Vgl. zur einschlägigen Vorschrift der HamBauO HamOVG, Urteil v. 12.4.1979, Bf II 121/78, MDR 1979, 872.

2 Hammerschlags- und Leiterrecht als gesetzliche Ausformung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer eine ins Einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Auch auf diese Regelung ist aber nach Auffassung des Gerichts der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) anzuwenden. Daraus folgt – so das Gericht – für die Nachbarn eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, deren Auswirkungen auf den konkreten Fall man unter dem Begriff des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses zusammenfasst. Eine solche Pflicht zur Rücksichtnahme muss zwar mit Rücksicht auf die nachbarrechtlichen Sonderregelungen eine Ausnahme bleiben und kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein über die gesetzlichen Regelungen hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Wenn diese Bedingungen aber vorliegen, kann nach Meinung des BGH die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Abwehrrechte ganz oder teilweise unzulässig werden und eine Duldungspflicht des Nachbarn, dessen Grundstück für Bau-, Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten auf dem eigenen Grundstück in Anspruch genommen werden soll, begründen.[1] So i. E. auch OLG Köln, wenn andernfalls keine technische Möglichkeit zur Realisierung von Bauarbeiten besteht.[2]

 
Praxis-Beispiel

Rückgriff auf nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis

Unter Bezugnahme auf die Grundsätze des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses hat das OLG Stuttgart eine Pflicht zur Duldung der Baugrubensicherung für ein tiefer gelegenes Grundstück durch eine im Untergrund der höher gelegenen Grundstücke rückverankerte Bohrpfahlwand bejaht.[3] In diesem Zusammenhang hat das Gericht festgestellt, dass das in § 7d NRG BW geregelte Hammerschlags- und Leiterrecht keine Duldungspflicht der betroffenen Grundstückseigentümer für eine derartige Maßnahme begründen kann, weil es nur das Betreten eines Nachbargrundstücks und das Aufstellen von Gerüsten und Geräten auf dem Nachbargrundstück erlaubt und eine erweiternde Auslegung der ge...

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