1 Leitsatz

Der vermietende Eigentümer (hier: Teileigentümer) haftet nicht als Zustandsstörer, wenn der Schaden zwar von einem in seinem Eigentum stehenden Bauteil bzw. Gerät ausgeht, aber allein auf eine fahrlässige oder vorsätzliche Handlung des Mieters zurückzuführen ist. Nur wenn feststeht, dass die Beschaffenheit des Bauteils bzw. Geräts nicht ordnungsgemäß war und dies für den Schadenseintritt zumindest mitursächlich gewesen sein kann, kann der Schaden in wertender Betrachtung (auch) dem Eigentümer zuzurechnen sein.

2 Normenkette

§§ 906 Abs. 2 Satz 2 analog, 1004 Abs. 1 BGB

3 Das Problem

In einer Teileigentumsanlage gibt es nur 2 Teileigentumsrechte. Die Räume werden einerseits als Restaurant, andererseits als Zahnarztpraxis benutzt. Die Räume der Zahnarztpraxis, die B gehören, sind vermietet. In diesen Räumen bricht bei großer Kälte eine Kaltwasserleitung. In den Restauranträumen, die auch vermietet sind, entstehen dadurch Wasserschäden, die von der Versicherung K reguliert werden. Im Anschluss verlangt K von B aus übergegangenem Recht einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch in Höhe von 73.137,40 EUR. Das AG gibt der Klage statt. Das LG weist die Berufung zurück. Dagegen wendet sich B mit der Revision.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch sei gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgingen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden müsse, aus besonderen Gründen jedoch nicht gem. §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden könne, sofern er hierdurch Nachteile erleide, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überstiegen. Über den Wortlaut des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB hinaus erfasst seien auch Störungen durch sog. Grobimmissionen wie etwa Wasser. Der Anspruch komme in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auch dann in Betracht, wenn die Nutzung des Sondereigentums durch rechtswidrige Einwirkungen beeinträchtigt werde, die von im Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers stehenden Räumen ausgingen. Dies sei der Fall. Denn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 WEG lägen nicht vor. Entscheidend sei deshalb, ob B als Störer für die entstandenen Schäden verantwortlich sei. Dies lasse sich nicht abschließend beurteilen. Sollte der Schaden nämlich ausschließlich auf ein fehlendes Beheizen der Räumlichkeiten zurückzuführen sein, wäre B für den Schaden nicht verantwortlich. Denn ein Wohnungseigentümer könne für Störungshandlungen seines Mieters nur dann als mittelbarer Handlungsstörer verantwortlich gemacht werden, wenn er dem Mieter den Gebrauch seiner Sache mit der Erlaubnis zu störenden Handlungen überlassen habe oder es unterlasse, ihn von einem fremdes Eigentum beeinträchtigenden Gebrauch abzuhalten. Davon, dass ein Mieter die Räume auch bei strengem Frost nicht beheizt, müsse der Vermieter ohne besondere Anhaltspunkte nicht ausgehen. Ebenso wenig wäre B als Zustandsstörer verantwortlich. Denn der vermietende Eigentümer hafte nicht als Zustandsstörer, wenn der Schaden zwar von einem in seinem Eigentum stehenden Bauteil bzw. Gerät ausgehe, aber allein auf eine fahrlässige oder vorsätzliche Handlung des Mieters zurückzuführen sei. Nur wenn feststehe, dass die Beschaffenheit des Bauteils bzw. Geräts nicht ordnungsmäßig war und für den Schadenseintritt zumindest mitursächlich gewesen sein könnte, könne der Schaden in wertender Betrachtung (auch) dem Wohnungseigentümer zuzurechnen sein.

Hinweis

  1. Wird die Benutzung des Sondereigentums durch rechtswidrige Einwirkungen beeinträchtigt, die von im Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers stehenden Räumen ausgehen, kann dem betroffenen Wohnungseigentümer ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen; das gilt auch im Verhältnis von Mietern solcher Räume (BGH, Urteil v. 25.10.2013, V ZR 230/12). Wird die Benutzung des Sondereigentums hingegen durch einen Mangel am gemeinschaftlichen Eigentum beeinträchtigt, so steht dem Sondereigentümer kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu (BGH, Urteil v. 21.5.2010, V ZR 10/10).
  2. Der BGH musste daher klären, in wessen Eigentum die Kaltwasserleitung stand. Diese war noch von den früheren Bruchteilseigentümern in einem nachträglich eingebauten Podest lose verlegt worden und führte – von dem Leitungssystem durch eine Absperreinrichtung getrennt – zu einem Zahnarztstuhl. Im Urteil heißt es insoweit, auf Grundlage der LG-Feststellungen lägen die maßgeblichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 WEG nicht vor. Die durch die früheren Bruchteilseigentümer eingebaute Leitung habe ausschließlich die zweckentsprechende Nutzung des Sondereigentums als Zahnarztpraxis ermöglicht. Weder sei sie für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich, noch habe sie dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer gedient. Nach der Aufteil...

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