Entscheidungsstichwort (Thema)

EU-ausländischer Investmentfonds, Quellensteuererstattung an ausländische OGAW-Gesellschaft, Pflicht zur Mindestausschüttung von Dividenden, Körperschaftsteuer auf fiktive Dividenden-Mindestausschüttung

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach die von einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft an einen gebietsfremden Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) ausgeschütteten Dividenden dem Quellensteuerabzug unterliegen, während die an einen in diesem Mitgliedstaat ansässigen OGAW ausgeschütteten Dividenden davon befreit sind, sofern dieser Organismus eine Mindestausschüttung an seine Anteilsinhaber vornimmt oder technisch eine Mindestausschüttung ausweist und eine Steuer auf diese tatsächliche oder fiktive Mindestausschüttung zulasten seiner Anteilsinhaber einbehält.

 

Normenkette

AEUV Art. 63

 

Beteiligte

Fidelity Funds u.a

Fidelity Funds, Fidelity Investment Funds, Fidelity Institutional Funds

Skatteministeriet

 

Verfahrensgang

Ostre Landsret (Dänemark) (Beschluss vom 31.08.2016; Abl.EU 2016, Nr. C 419/32)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Freier Kapital- und Zahlungsverkehr ‐ Beschränkungen ‐ Besteuerung von Dividenden, die an Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) ausgeschüttet werden ‐ Dividenden, die von in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften an gebietsfremde OGAW ausgeschüttet werden ‐ Steuerbefreiung der von in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften an gebietsansässige OGAW ausgeschütteten Dividenden ‐ Rechtfertigungsgründe ‐ Ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten ‐ Kohärenz des Steuersystems ‐ Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache C-480/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Østre Landsret (Berufungsgericht der Region Ost, Dänemark) mit Entscheidung vom 31. August 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 5. September 2016, in dem Verfahren

Fidelity Funds,

Fidelity Investment Funds,

Fidelity Institutional Funds

gegen

Skatteministeriet,

Beteiligte:

NN (L) SICAV,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça der Richter E. Levits (Berichterstatter) und A. Borg Barthet sowie der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von Fidelity Funds, Fidelity Investment Funds und Fidelity Institutional Funds, vertreten durch P. Farmer, Barrister, und J. Skaadstrup Andersen, advokat,

‐ der NN (L) SICAV, vertreten durch E. Vistisen, advokat,

‐ der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning und J. Nymann-Lindegren als Bevollmächtigte im Beistand von S. Horsbøl Jensen, advokat,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und R. Kanitz als Bevollmächtigte,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, B. Koopman und J. Langer als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und R. Lyal als Bevollmächtigte im Beistand von H. Peytz, avocat,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. Dezember 2017

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 56 und 63 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen Fidelity Funds, Fidelity Investment Funds und Fidelity Institutional Funds auf der einen und dem Skatteministeriet (Finanzministerium, Dänemark) auf der anderen Seite über Anträge auf Erstattung der Quellensteuer auf Dividenden, die durch in Dänemark ansässige Gesellschaften zwischen 2000 und 2009 an sie ausgeschüttet wurden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 1985, L 375, S. 3) hatte laut ihrem vierten Erwägungsgrund die Einführung gemeinsamer Mindestregelungen in den Mitgliedstaaten bezüglich der Zulassung, der Aufsicht, der Struktur, der Geschäftstätigkeit sowie der Informationspflichten für die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) zum Gegenstand. Die Richtlinie 85/611 wurde mehrfach geändert, bevor sie mit Wirkung vom 1. Juli 2011 durch die Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 2009, L 302, S. 32) neu gefasst und aufgehoben wurde.

Dänisches Recht

Rz. 4

§ 1 Nr. 5 a des Lov om indkomstbeskatning af aktieselskaber m.v. (Körperschaftsteuergesetz) sieht vor, dass OGAW mit steuerlichem Sitz in Dänemark dort steuerpflichtig sind, während § 1 Nr. 6 dieses Gesetz...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge