Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretung: Missbrauch der Vertretungsmacht des GmbH-Geschäftsführers

 

Normenkette

GmbHG § 37 Abs. 2; BGB § 177

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 02.10.2012; Aktenzeichen 10 O 126/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.10.2012 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Potsdam - 10 O 126/11 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Feststellungsausspruch wie folgt gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die zwischen der Klägerin und den nachstehenden Grundstückseigentümern in der Gemeinde F. abgeschlossenen Nutzungsverträge:

a) G. S., Nutzungsvertrag vom 10.11.2009,

b) M. S., Nutzungsvertrag vom 10.11.2009,

c) S. und K. W., Nutzungsvertrag vom 10.11.2009,

d) A. K., Nutzungsvertrag vom 26.10./28.10.2009,

e) C. H., Nutzungsvertrag vom 25.10./28.10.2009,

unverändert mit der Klägerin als Vertragspartnerin fortbestehen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob die Beklagte anstelle der Klägerin in Grundstücksnutzungsverträge betreffend das Windparkprojekt "F." eingetreten ist, die ursprünglich die Klägerin mit den Grundstückseigentümern geschlossen hat.

Die Klägerin projektiert und betreibt Windkraftanlagen in Windparks. Dazu schließt sie Nutzungsverträge mit Grundstückseigentümern. Zur Verwirklichung ihrer Projekte, insbesondere zur Anbahnung der Nutzungsverträge bedient sich die Klägerin der Leistung von Projektentwicklern.

Seit 1999 hatte die Klägerin zwei alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer bestellt, einerseits ihren Alleingesellschafter Dr. B., der zugleich gesetzlicher Vertreter verschiedener auf demselben Geschäftsgebiet u.a. in Frankreich und Polen agierender Gesellschaften der "F.-Gruppe" war, sowie J. W. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Geschäftsführers W. (Anlage K 3, Bl. 15 ff. d.A.) enthielt in seiner letzten Fassung vom 1.1.2008 in § 3 die Bestimmung, dass der Geschäftsführer für alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, der ausdrücklichen Einwilligung der Gesellschafterversammlung bedarf. Als Geschäfte, die darunter fallen, sind u.a. "Verfügungen über Grundstücke, Rechte an einem Grundstück oder an einem Grundstücksrecht" genannt sowie "Anschaffungen und Investitionen, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 10.000 EUR im Einzelfall übersteigen".

Seit 2001 war als Projektentwickler für die Klägerin und für die Gesellschaften der "F.-Gruppe" der heutige Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Beklagten, M. St. (im Folgenden: Projektentwickler St. tätig. Einen schriftlichen Vertrag schlossen die Beteiligten zunächst nicht.

Der Projektentwickler St. übernahm für die Klägerin insbesondere die Projektentwicklung der Windparkprojekte "W. III", "O." und "F.".

Betreffend das Projekt "W. III" schlossen der Projektentwickler St. und die Klägerin, vertreten durch den Geschäftsführer W., einen Vertrag über Projektleistungen mit Datum vom 15.7.2004 (Anlage B 3, Anlagenband). Danach übernahm der Projektentwickler St. u.a. den Abschluss von Nutzungsverträgen mit Grundstückseigentümern sowie verschiedene Leistungen zur Vorklärung des Windkraftanlagen-Standorts. Der Vertrag sieht ein Honorar von 40.000 EUR je 1 MW Anlagenleistung vor. Das Honorar ist frühestens 15 Monate nach Inbetriebnahme der Windkraftanlagen vom Projektentwickler abzurechnen.

Am 12.1.2009 unterzeichneten der Geschäftsführer W. der Klägerin und der Projektentwickler St. einen Projektleistungsvertrag zum Projekt "O." (Anlage B 11, Anlagenband). Das Honorar ist mit 30.000 EUR pro 1 MW Anlagenleistung vorgesehen.

Am 15.4.2009 unterzeichneten die vorgenannten Personen einen weiteren Projektleistungsvertrag zum Projekt "F.", und zwar mit einer Honorarvereinbarung über 40.000 EUR pro 1 MW Anlagenleistung (Anlagenkonvolut B 16, Bl. 384 d.A.).

Die Verträge betreffend die Projekte "O." und "F." sehen vor, dass das Honorar sechs Wochen nach Vorlage der Genehmigung für die Errichtung der Windkraftanlagen fällig wird. Unter "§ 2 Durchführung" enthalten beide Verträge folgende weitere vom Vertrag "W. III" abweichende Bestimmungen:

"8 ... Wegen der Vorleistungspflicht des AN [Auftragnehmers], mithin zur Absicherung aller Honoraransprüche des AN gegen den AG [Auftraggeber] auf der Grundlage dieses Vertrages, werden alle abgeschlossenen Nutzungsverträge zwischen den Grundstückseigentümern und dem AG und sonstige Verträge betreffend das gesamte gegenständliche Projekt auf den AN übertragen. Ebenso übertragen werden etwaige Recht...

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