Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerberaummiete: Kündigung aufgrund fehlender Barrierefreiheit in einer Praxis für Physiotherapie; Mietminderung wegen Flächenabweichung

 

Normenkette

BGB § 535 Abs. 1 S. 2, §§ 536, 543 Abs. 1 S. 1, § 550; ZPO § 259

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 22.08.2013; Aktenzeichen 3 O 268/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.8.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Neuruppin - 3 O 268/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das angefochtene Urteil klarstellend insgesamt wie folgt neu gefasst wird:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.413,09 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 676 EUR seit dem 6.9.2012, 5.10.2012, 6.11.2012 und 6.12.2012 sowie auf jeweils 771,50 EUR seit dem 7.1.2013, 6.2.2013, 6.3.2013, 5.4.2013, 7.5.2013, 6.6.2013 und 4.7.2013 sowie auf 736,09 EUR seit dem 6.8.2013 sowie auf jeweils 771,50 EUR seit dem 5.9.2013, 7.10.2013, 6.11.2013, 5.12.2013, 7.1.2014, 6.2.2014, 6.3.2014, 4.4.2014, 7.5.2014, 5.6.2014, 4.7.2014, 6.8.2014, 4.9.2014, 7.10.2014 und 6.11.2014 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger ab Dezember 2014 bis August 2017 einen monatlichen Mietzins i.H.v. 1.521,50 EUR jeweils monatlich im Voraus bis zum dritten Werktag des Monats nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem monatlich zu zahlenden Betrag ab dem vierten Werktag des Monats zu zahlen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 655,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.7.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 35.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über das Fortbestehen eines Gewerberaummietverhältnisses und über die Zahlung rückständiger und künftiger Mietzinsen.

Der Kläger ist seit Mitte 2011 Eigentümer des Grundstücks A. Straße ... in P. Durch Vertrag mit dem Insolvenzverwalter des Voreigentümers mietete die Beklagte ab dem 1.1.2008 die im ersten Obergeschoss gelegenen Gewerberäume zum Betrieb einer Praxis für Physiotherapie für die Dauer von drei Jahren. Die Fläche der Mieträume ist im Vertrag mit "ca. 110 m2" bezeichnet.

Ende 2011 kamen der Kläger und die Beklagte überein, die Mietfläche durch Einbeziehung der noch um- und auszubauenden Nachbarräume zu erweitern. Die Parteien unterzeichneten am 30.11/1.12.2011 einen neuen Mietvertrag nunmehr auf Dauer von fünf Jahren, beginnend mit dem Monatsersten nach Fertigstellung der Erweiterungsfläche. Zur Mietfläche heißt es im Vertrag, "die Praxisräume vergrößern sich ... um ca. 81 m2 auf 191 m2". Der Mietzins ist mit monatlich 1.146 EUR bzw. ab dem 1.1.2013 monatlich 1.241,50 EUR Nettokaltmiete jeweils zzgl. 280 EUR Nebenkostenvorauszahlung vereinbart.

Als Anlagen waren dem Mietvertrag ein "Grundriss" sowie eine "Baubeschreibung" beigefügt. In der Grundrisszeichnung sind die bisherigen Praxisräume und die Erweiterungsfläche mit Angaben zu Nutzfläche, Raumhöhe und Einzelheiten der Ausbaumaßnahmen dargestellt, u.a. "Terrasse vorhanden ...", "Beseitigung Stufe", "Stufe vorhanden" oder "Stufe neu". Die "Baubeschreibung" bezeichnet in einzelnen Punkten den herzustellen Zustand, z.B. "Decke: isoliert und abgehängt, glatt, geschlachtet, Farbe weiß gestrichen" und "Fußböden: verlegefähig für Teppichboden, Laminat oder Parkett hergestellt".

Mit Schreiben vom 3.7.2012 forderte der Kläger die Beklagte auf, ab Juli 2012 den neuen Mietzins i.H.v. insgesamt 1.426 EUR zu zahlen. Die Beklagte ließ daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 17.7.2012 die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses erklären. Sie führte dazu aus, dass während der Bauarbeiten von den Erweiterungsräumen ein Zugang zu ihren Mieträumen unter Verwendung eines Schlüssels möglich gewesen sei, der nicht sicher aufbewahrt, sondern von den Handwerkern unter der Dachpappe des Nebengebäudes verwahrt worden sei. Vergleichsweise bot die Beklagte an, das Mietverhältnis auf Dauer von noch zwei Jahren fortzusetzen, wenn die Ausbauarbeiten in den Erweiterungsräumen kurzfristig mit bestimmten Maßgaben abgeschlossen würden.

Der Kläger ließ die Arbeiten in den Erweiterungsräumen fortsetzen. Beim Übergabetermin am 27.8.2012 lehnte die Beklagte die Übernahme der Räume ab. Sie beanstandete die zwischen zwei Praxisräumen im Erweiterungsbau vorhandene Stufe, die Installation mechanischer anstelle elektrischer Fensterheber für die Dachflächenfenster sowie das Fehlen einer Klimaanlage. Nach erfolgloser Fristsetzung zur Abhilfe ließ die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 21.9.2012 erneut die Kündigung des Mietverhältnisses aussprechen. Ab September 2012 stellte die Beklagte ihre Mietzinsz...

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