Leitsatz (amtlich)

1. Die Einrede der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung steht dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft ggü. dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des Gesellschafters nicht zu. (Fortführung. BGH, Urt. v. 7.12.1998 - II ZR 382/96, BGHZ 140 [147] = MDR 1999, 304 m. Anm. Gehrlein = GmbHR 1999, 175; Urt. v. 31.1.2000 - II ZR 309/98, GmbHR 2000, 325 = NZG 2000, 371).

2. Hatte der Schuldner als Vermieter einer Immobilie oder von Räumen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen über die Mietforderung für die spätere Zeit durch eine wie eine rechtsgeschäftliche Stundungsabrede wirkende kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung verfügt, dann ist diese Verfügung nur wirksam, soweit sie sich auf die Miete für den zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonat bezieht, vgl. § 110 Abs. 1 InsO. (Fortführung. BGH, Urt. v. 7.12.1998 - II ZR 382/96, BGHZ 140 [147] = MDR 1999, 304 m. Anm. Gehrlein = GmbHR 1999, 175; Urt. v. 31.1.2000 - II ZR 309/98, GmbHR 2000, 325 = NZG 2000, 371).

3. Ist der Mieter ohne Rücksicht auf den weiteren bestehenden Mietvertrag endgültig, ausgezogen und hat keine Miete mehr gezahlt und vermietet der Vermieter daraufhin das Mietobjekt zu einem niedrigeren Mietzins weiter, der dem erzielbaren Marktpreis entspricht, so bleibt der Mieter verpflichtet, die Mietdifferenz zu zahlen. (Anschluss an BGH, Urt. v. 31.3.1993 - XII ZR 198/91, BGHZ 122 [163] = MDR 1993, 641; Urt. v. 22.12.1999 - XII ZR 339/97, MDR 2000, 323 = NJW 2000, 1105).

4. Der Vermieter muss sich in diesem Fall auf die geltend gemachte vertragliche Miete diejenigen Vorteile anrechnen lassen, die er durch die Weitervermietung der Mietsache erlangt hat. (Anschluss an BGH, Urt. v. 31.3.1993 - XII ZR 198/91, BGHZ 122, [163] = MDR 1993, 641; Urt. v. 22.12.1999 - XII ZR 339/97, MDR 2000, 323 = NJW 2000, 1105).

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 04.08.2005; Aktenzeichen 3 O 393/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung seiner weiter gehenden Berufung wird das Urteil des LG Neuruppin vom 4.8.2005 - 3 O 343/03 - abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.446,22 EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.4.2003. Die weiter gehende Klage bleibt abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 82 % und der Beklagte 18 % zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben der Kläger 77 % und der Beklagte 23 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils für die Gegenseite vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor ihrer Vollstreckung i.H.v. 120 % des für sie vollstreckbaren Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der früheren Vermieterin vom Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der früheren Mieterin rückständige Gewerbemiete für den Monat der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Mieterin, für den Monat der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Vermieterin und für einen noch späteren Monat. Die Vermieterin war Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Mieterin. Diese erhebt gegenüber den Mietforderungen u.a. die Einrede der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung. Das LG hat die Klage abgewiesen, da die Einrede uneingeschränkt durchgreife. Die Berufung hatte hinsichtlich der Miete für den letzten geltend gemachten Monat teilweise Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

I. Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der früheren Vermieterin vom Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der früheren Mieterin rückständige Gewerbemiete für drei Monate.

Frau M.S. vermietete gem. schriftlichen Mietvertrag vom 2.3.1998 der S. GmbH, deren alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin sie war (vgl. Bl. 151 GA), in dem Haus auf dem Grundstück ... in L. 140 m2 Bürofläche und 130 m2 Lagerräume und Außenlager bis zum 1.3.2007 für eine monatliche Nettokaltmiete von 3.500 DM zzgl. Mehrwertsteuer (vgl. K 3, Bl. 90 d. GA). Über das Vermögen der Mieterin hat das AG Neuruppin am 1.8.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet, unter Bestellung des Beklagten zum Insolvenzverwalter (K 2, Bl. 8 GA), über das Vermögen der Vermieterin am 1.1.2003, unter Einsetzung des Klägers zum Verwalter (vgl. K 1, 7 GA).

Dieser verlangt vom Beklagten rückständige Miete für die Monate August 2002, Januar 2003 und April 2003 i.H.v. je 2.057,95 EUR.

Der Beklagte, der das Mietverhältnis mit Schreiben vom 27.12.2002 (vgl. Anlage K 4, Bl. 11 d. GA) gekündigt hat, hat behauptet, er habe die Mieträume einvernehmlich am 31.1.2003 dem Kläger zurückgegeben la...

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