Leitsatz (amtlich)

Zu einer im Tenor des Berufungsurteils nicht ausgesprochenen, aus den Entscheidungsgründen sich ergebenden Beschränkung der Zulassung der Revision.

 

Normenkette

ZPO § 543

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 17.12.2002; Aktenzeichen 22 U 20/00)

LG Darmstadt

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des OLG Frankfurt v. 17.12.2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem von ihr gekündigten Werkvertrag geltend.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit VOB-Vertrag v. 23.8./14.9.1994 mit einer Heizungsinstallation. Die Beklagte übernahm die Anfertigung sämtlicher Berechnungs- und Planungsunterlagen. Diese sollten der Klägerin rechtzeitig vor Arbeitsbeginn übergeben werden, der für den 4.10.1994 vorgesehen war.

Anfang November 1994 stellte die Klägerin die Arbeiten ein und verlangte von der Beklagten neue Ausführungspläne. Mit Schreiben v. 14.2.1995 forderte die Klägerin die Vorlage zahlreicher Unterlagen unter Fristsetzung bis zum 24.2.1995 und erklärte, nach erfolglosem Ablauf der Frist den Vertrag gem. § 9 VOB/B zu kündigen und Schadensersatz geltend zu machen.

Mit Schreiben v. 21.2.1995 nahm die Klägerin einen Zusatzauftrag der Beklagten "unter Zugrundelegung des Hauptauftrages der Heizungsanlagen v. 14.9.1994" an. Am 23.2.1995 übergab die Beklagte der Klägerin bei einer Baustellenbesprechung einige Unterlagen, darunter den Entwurf eines Terminplans für die Arbeiten der Klägerin. Mit Schreiben v. 27.2.1995 forderte die Klägerin die endgültige Freigabe und Vorlage verschiedener Ausführungspläne bis zum 28.2.1995. Ferner legte sie mit diesem Schreiben in Anlehnung an den von der Beklagten überreichten Terminplanentwurf einen eigenen vor. Der Brief schloss mit den Worten: "Wir gehen davon aus, dass die erforderlichen Entscheidungen bis zum 28.2.95 getroffen werden, um am 6.3.95 endgültig mit den Arbeiten auf der Baustelle beginnen zu können."

Mit Schreiben v. 7.3.1995 kündigte die Klägerin den Vertrag unter Berufung auf § 9 VOB/B mit der Begründung, die Beklagte habe die von ihr bereitzustellenden Arbeitsunterlagen trotz mehrfacher Mahnung nicht beigebracht.

Die Klägerin hat im Wesentlichen eine Vergütung für erbrachte Leistungen, Ersatz entgangenen Gewinns sowie Schadensersatz wegen "Montagebehinderung" i.H.v. insgesamt 357.316,88 DM und Zinsen beansprucht.

LG und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine einmal ausgesprochene Kündigungsandrohung ihre Wirkung verliere, komme grundsätzliche Bedeutung zu. Die Klägerin verfolgt ihren Zahlungsantrag mit der Revision i.H.v. 180.899,10 EUR (= 353.807,88 DM) und Zinsen weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, die Kündigung des Vertrags sei unwirksam. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich die Beklagte am 14.2.1995 mit der Aushändigung der verlangten Unterlagen in Verzug befunden habe. Auch wenn unterstellt werde, die Vorlage der von der Klägerin verlangten Unterlagen sei notwendig gewesen, sei die Klägerin am 7.3.1995 nicht berechtigt gewesen, ohne erneute Kündigungsandrohung zu kündigen. Die Klägerin habe durch die weiteren Verhandlungen sowie durch die für die Vertragserfüllung notwendigen Besprechungen den Eindruck erweckt, ihre Kündigungsandrohung v. 14.2.1995 habe sich erledigt. Nach Treu und Glauben hätte die Klägerin zumindest auf die laufende Frist und die nach wie vor drohende Kündigung hinweisen müssen.

Wegen Behinderung bei den Arbeiten vor der Kündigung stehe der Klägerin kein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns zu, den allein sie in der Berufungsinstanz noch geltend mache. Sie habe den ihr entstandenen Schaden sowie die gem. § 6 Nr. 6 VOB/B vorausgesetzte grobe Fahrlässigkeit nicht konkret dargelegt.

Der Anspruch der Klägerin auf Vergütung erbrachter Leistungen sei durch den ihr in einem Vorverfahren rechtskräftig zugesprochenen Betrag i.H.v. 10.000 DM abgegolten. Da die Kündigung der Klägerin unwirksam sei, stehe ihrem Anspruch auf Bezahlung der erbrachten Leistungen ein Schadensersatzanspruch der Beklagten aus positiver Vertragsverletzung entgegen, soweit keine Werterhöhung im Bauvorhaben verblieben sei.

Ersatz für Wartezeiten nach der Kündigung könne die Klägerin wegen deren Unwirksamkeit nicht verlangen.

II.

Die Revision ist nur insoweit zulässig, als sie sich gegen die vom Berufungsgericht aus der Unwirksamkeit der Kündigung hergeleiteten Rechtsfolgen richtet.

1. Der Entscheidungssatz des angegriffenen Urteils enthält keine Einschränkung der Zulassung. Eine derartige Beschränkung kann sich aus den Entscheidungsgründen ergeben (BGH, Urt. v. 17.6.2004 - VII ZR 226/03, BGHReport 2004, 1583 = MDR 2004, 1375 = BauR 2004, 1650; Urt. v. 12.11.2003 - XII ZR 109/01, MDR 2004, 689 = BGHReport 2004, 666 = NJW 2004, 1324, m.w.N.). Das Berufungsgericht führt am Ende der Entscheidungsgründe aus, die Revision werde zugelassen, weil der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine einmal ausgesprochene Kündigungsandrohung ihre Wirkung verliere, grundsätzliche Bedeutung zukomme.

Damit hat das Berufungsgericht, das bei der Zulassung der Revision an die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO gebunden ist, die Zulassung auf diese Frage beschränkt. Das Berufungsgericht hat die Frage der Wirksamkeit der Kündigung hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin auf entgangenen Gewinn nach der Kündigung, wegen Wartezeiten nach ihr und auf weitere Vergütung für erbrachte Leistungen erörtert. Das Berufungsgericht wollte nur hinsichtlich dieser Ansprüche die Revision zulassen. Der Streit der Parteien über die Ansprüche der Klägerin wegen Behinderung der Arbeiten vor der Kündigung ist von der Frage der Wirksamkeit der Kündigung nicht betroffen. Diesen Streit wollte das Berufungsgericht von der Revisionszulassung ausnehmen.

2. Eine Beschränkung mit diesem Inhalt ist zulässig.

Die Revisionszulassung darf nicht auf bestimmte Rechtsfragen beschränkt werden. Es ist möglich, die Revision hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstands zuzulassen, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGH, Urt. v. 3.6.1987 - IVa ZR 292/85, BGHZ 101, 276 [278 f.] = MDR 1987, 917; Urt. v. 22.1.2004 - VII ZR 68/03, BauR 2004, 830 [831] = NZBau 2004, 261).

Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung ist möglich. Die Ansprüche der Klägerin auf entgangenen Gewinn nach der Kündigung, wegen Wartezeiten nach ihr und auf Vergütung für erbrachte Leistungen können unabhängig von dem Anspruch auf Schadensersatz wegen der Behinderung der Arbeiten vor der Kündigung geltend gemacht werden. Die Beurteilung ist unabhängig davon möglich, ob die Kündigung der Klägerin wirksam war.

III.

Soweit die Revision zugelassen ist, ist der Senat an sie gebunden, obwohl die Zulassungsvoraussetzungen nicht gegeben sind. Es handelt sich bei der aufgezeigten Frage um die Beurteilung eines Einzelfalls auf Grund von Treu und Glauben, die rechtsgrundsätzlicher Klärung nicht zugänglich ist.

IV.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die am 7.3.1995 ausgesprochene Kündigung der Klägerin sei nicht gem. § 9 VOB/B berechtigt gewesen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1a), Nr. 2 VOB/B erfüllt waren. Das Berufungsgericht hat es dahinstehen lassen, ob sich die Beklagte mit der Vorlage von Unterlagen, die für die Bauausführung erforderlich waren, in Verzug befand, als die Klägerin mit Schreiben v. 14.2.1995 diese Unterlagen anforderte. Es hat ferner offen gelassen, ob die notwendigen Pläne innerhalb der gesetzten Frist übergeben wurden.

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kündigungsandrohung der Klägerin habe ihre Wirkung verloren, ist nicht rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat in vertretbarer tatrichterlicher Würdigung aus dem Verhalten der Klägerin vor und nach Ablauf der gesetzten Frist, insb. aus dem erteilten Zusatzauftrag, dem Besprechungsergebnis v. 23.2.1995 und aus dem Schreiben v. 27.2.1995 den Schluss gezogen, die Klägerin habe für die Beklagte erkennbar nicht mehr an ihrer Kündigungsandrohung festgehalten. Deshalb stehen der Klägerin auch die von ihr für die Zeit nach Kündigung geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1283903

BGHR 2005, 393

BauR 2005, 425

IBR 2005, 78

MDR 2005, 410

MDR 2007, 255

ZfBR 2005, 248

BrBp 2005, 167

KommJur 2005, 118

NZBau 2005, 150

ProzRB 2005, 152

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge