Verfahrensgang

OLG Zweibrücken (Urteil vom 07.02.2011; Aktenzeichen 7 U 135/09)

LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 27.08.2009; Aktenzeichen 7 O 565/08)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 7. Februar 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der V.3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) in Anspruch.

Rz. 2

Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter N. der Beklagten am 29. September 2003 eine Beteiligung an V 3 im Nennwert von 70.000 EUR zuzüglich Agio in Höhe von 3.500 EUR.

Rz. 3

Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Kläger im Beratungsgespräch offengelegt wurde.

Rz. 4

Der Kläger begehrt mit seiner Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Übertragung der Beteiligung, Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 73.500 EUR zuzüglich Prozesszinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weitergehenden Vermögensnachteile im Zusammenhang mit der steuerlichen Nichtanerkennung der Beteiligung an V 3 zu ersetzen. Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag stattgegeben, den Feststellungsantrag jedoch abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Säumniszuschläge wegen Aberkennung der Steuervorteile zu erstatten. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers sowie die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Rz. 5

Mit ihrer – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 6

Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

I.

Rz. 7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Rz. 8

Aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrag sei die Beklagte verpflichtet gewesen, dem Kläger mitzuteilen, dass und in welcher Höhe sie für den Vertrieb des Medienfonds eine Vergütung erhalte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lägen Rückvergütungen vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahle, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückflössen, so dass die Bank ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse habe, gerade diese Anlage zu empfehlen. Danach lägen im vorliegenden Fall Rückvergütungen vor. Die Vergütung der Beklagten stamme letztlich auch aus dem Agio, dass der Kläger an die Fondsgesellschaft gezahlt habe. Dass aus dieser Agiozahlung an die Fondsgesellschaft Geld wieder zurück an die Beklagte fließen würde, sei für den Kläger nicht erkennbar gewesen. Auch aus dem Fondsprospekt habe der Kläger dies nicht erkennen können.

Rz. 9

Der Kläger könne sich auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Insoweit sei es Sache der Beklagten gewesen darzulegen und zu beweisen, dass der Kläger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte. Das Landgericht habe aber zu Recht angenommen, dass die Beklagte dies schon nicht ausreichend substantiiert dargelegt habe. Sowohl in erster Instanz als auch in der Berufungsbegründung habe die Beklagte keine konkreten Umstände vorgetragen, aus denen sich hätte ergeben können, dass der Kläger die Anlage auch bei der geschuldeten Aufklärung über die Höhe der von der Beklagten erlangten Rückvergütung gezeichnet hätte. Erstmals im Schriftsatz vom 25. November 2010 habe die Beklagte vorgetragen, dass der Kläger die für seine Anlageentscheidung maßgeblichen Umstände dem als Zeugen benannten Mitarbeiter der Beklagten in dem Vertriebsgespräch mitgeteilt habe. Dieser Vortrag sei als verspätet zurückzuweisen, da das Landgericht das Fehlen eines solchen Vortrags bereits im Urteil gerügt habe, so dass die Beklagte diesen Vortrag spätestens in der Berufungsbegründung hätte vorbringen müssen. Zum anderen handele es sich wohl um einen Vortrag „ins Blaue hinein”. Insoweit habe kein Beweis erhoben werden müssen.

Rz. 10

Die Verletzung der Aufklärungspflicht habe die Beklagte auch zu vertreten. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum liege nicht vor.

II.

Rz. 11

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

Rz. 12

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus dem – nicht mehr im Streit stehenden – Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) folgende Pflicht, den Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.

Rz. 13

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind – regelmäßig umsatzabhängige – Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17).

Rz. 14

Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich des Weiteren, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26; Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesem nicht als Empfängerin der dort ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22 mwN).

Rz. 15

Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 – XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 4 ff. und vom 19. Juli 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 25, jeweils mwN).

Rz. 16

2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.

Rz. 17

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.

Rz. 18

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens” gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff. mwN).

Rz. 19

Von dieser Beweislastumkehr ist nicht nur dann auszugehen, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.

Rz. 20

b) Die Revision rügt allerdings – wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils zu einem Parallelfall entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 37 ff.) – zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, ihr Provisionsinteresse habe keinen Einfluss auf die Anlageentscheidung des Klägers gehabt, insgesamt als unbeachtlich angesehen und angebotene Beweise nicht erhoben hat.

Rz. 21

aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Klägers als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) für ihre Behauptung, der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, sei für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen, unberücksichtigt gelassen.

Rz. 22

Dem Vortrag der Beklagten lässt sich noch ein hinreichender Bezug zur Person des Klägers entnehmen. Schon dem erstinstanzlichen Beklagtenvortrag ist die Behauptung zu entnehmen, der Kläger hätte die Anlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben. Damit wird die entscheidungserhebliche Tatsache – Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden – unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als richtig heraus, stünde die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung ohne weiteres fest. Weitere Einzelheiten oder Erläuterungen sind zur Substantiierung des Beweisantrags daher grundsätzlich nicht erforderlich. Das gilt nicht nur für den Zeugenbeweis, sondern auch – wie vorliegend – für die Parteivernehmung nach § 445 ZPO. Für diese unmittelbare Beweisführung steht der Beklagten auch kein weiteres Beweismittel zur Verfügung, so dass der Grundsatz der Subsidiarität der Parteivernehmung nicht entgegensteht. Die Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO setzt keinen vorherigen sonstigen Beweis und auch nicht die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung voraus (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 39 mwN).

Rz. 23

Da bei der Parteivernehmung ein Missbrauch zur Ausforschung besonders naheliegt, ist zu prüfen, ob ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag vorliegt. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst dann vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl” oder „ins Blaue hinein” aufstellt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 40 mwN). Eine Ausforschung in diesem Sinne ist vorliegend zu verneinen. Die Beklagte hat Anhaltspunkte vorgetragen, die nach ihrer Auffassung zumindest in der Gesamtschau dafür sprechen, dass der Kläger auch in Kenntnis der Rückvergütungen V 3 gezeichnet hätte. Hierzu gehört das behauptete Anlageziel des Klägers, dass es ihm allein auf die Steuerersparnis und allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept der Schuldübernahme ankam (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 41).

Rz. 24

bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch den von der Beklagten schon erstinstanzlich vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff. mwN).

Rz. 25

(1) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings der Tatsache, dass sich der Kläger vor Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung in einem sogenannten Vermögensanlage-Bogen mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften an die Beklagte einverstanden erklärt hat, keine Bedeutung beigemessen (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 48 mwN).

Rz. 26

(2) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber dem – unter Zeugenbeweis gestellten – Vortrag der Beklagten zum Motiv des Klägers, sich an V 3 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept), keine Bedeutung beigemessen.

Rz. 27

Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 53 mwN).

Rz. 28

Das vorrangige Anlageziel der Steuerersparnis ist vorliegend unbestritten. Der Kläger trägt selbst nachdrücklich vor, dass es ihm vorrangig um die steuerliche Verlustzuweisung ging, um die maßgebliche Einkommensgrenze als Voraussetzung für die Gewährung von Eigenheimzulage zu unterschreiten. Aus diesem Grund habe er sich – mit seinem Steuerberater – an die Beklagte gewandt und die Beteiligung gezeichnet. Die Beklagte ihrerseits hat behauptet, dass diese Steuerersparnis bzw. Verlustzuweisung alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Darüber hinaus ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es dem Kläger daneben auf das Sicherheitskonzept des Fonds ankam. Das Berufungsgericht hat diese Indizien zu Unrecht nicht gewürdigt. Auf den weiteren, vom Berufungsgericht wegen Verspätung zurückgewiesenen Vortrag der Beklagten samt Beweisantritt, der Kläger habe diese Anlageziele im Beratungsgespräch offen gelegt, kam es nicht an.

III.

Rz. 29

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Kläger als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) zu der Behauptung der Beklagten, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung war, zu vernehmen haben. Des Weiteren wird es das unbestrittene vorrangige Anlageziel der steuerlichen Verlustzuweisung, das nach der Behauptung der Beklagten alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien, sowie die weiteren Anlageziele zu würdigen haben. Gegebenenfalls wird es dazu ergänzend den Zeugen N. und – sofern § 445 Abs. 2 ZPO nicht entgegensteht – gegebenenfalls den Kläger als Partei zu vernehmen haben (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff.).

Rz. 30

Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen, wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.; vgl. auch Henning, WM 2012, 153 ff. mwN). Sollte das Berufungsgericht insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Kläger sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.

 

Unterschriften

Wiechers, Ellenberger, Maihold, Pamp, Menges

 

Fundstellen

BKR 2013, 388

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