Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollmachtlose Vertretung. Haftung § 179 BGB. Geschäftsführung ohne Auftrag. Aufwendungsersatzanspruch gegenüber Dritten. Umfassende vertragliche Entgeltregelung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Ein Unternehmer, der mit einem Dritten (hier: Wohnungsbauunternehmen als Verwalter von Mietwohnungen) einen Werkvertrag geschlossen hat, in dem die Entgeltfrage umfassend geregelt ist, hat gegen den durch die Erbringung der Werkleistung Mitbegünstigten (hier: Wohnungseigentümer) keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, auch wenn er seinen Entgeltanspruch gegenüber dem anderen Vertragsteil nicht durchsetzen kann.

b) Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag und aus § 179 BGB können nebeneinander bestehen (Bestätigung von BGH v. 7.3.1989 - IX ZR 25/88, NJW-RR 1989, 970).

 

Normenkette

BGB §§ 179, 677, 683

 

Verfahrensgang

Brandenburgisches OLG (Urteil vom 08.03.2001)

LG Frankfurt (Oder)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das am 8.3.2001 verkündete Urteil des Brandenburgischen OLG aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist durch Verschmelzung aus der E. GmbH (im Folgenden: WDS) hervorgegangen; die beklagte Gemeinde ist Rechtsnachfolgerin der früheren Gemeinde A. im Amt L. . WDS hatte mit der später in Gesamtvollstreckung gefallenen Gemeinnützigen W. GmbH O. M. (im Folgenden: WBG), an der die Gemeinde A. beteiligt war und die Verschiedene u. a. im Eigentum dieser Gemeinde stehende Wohngebäude verwaltete, eine "Bereitstellungsvereinbarung" geschlossen, nach der WDS u. a. in diesen Wohngebäuden ein Heizungs- und Wassersystem zu errichten und zu betreiben bzw. zum Betrieb bereitzustellen hatte. WBG hatte dafür auf die Dauer von 15 Jahren eine als "Nutzungsentgelt" bezeichnete Vergütung an WDO zu zahlen. Es ist streitig, ob WBG dabei als Vertreterin der Gemeinde gehandelt hat, weiter, ob die zunächst erfolgten Zahlungen durch WBG oder durch die Gemeinde geleistet wurden. Nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der WBG und nachfolgender Zahlungseinstellung nahm WDS die Gemeinde auf Zahlung fälliger wie für die Restlaufzeit des Vertrags geschuldeter Vergütungsbeträge in Anspruch, wobei sie sich in erster Linie darauf stützte, dass diese aus dem Vertrag verpflichtet sei, in zweiter Linie aber Aufwendungsersatz aus dem Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag geltend machte. Das LG, das vertragliche Ansprüche verneint hat, hat die Beklagte wegen eines Aufwendungsersatzanspruchs aus Geschäftsführung ohne Auftrag zur Zahlung von 9.061,97 DM nebst Zinsen verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte v. 1.6.1999 bis zum 29.11.2010 an die Klägerin monatlich 4.030,98 DM zu zahlen hat. Die Berufung der Gemeinde hatte teilweise Erfolg; das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil dahin abgeändert, dass die Gemeinde den (der Höhe nach unstreitigen) Investitionsanteil, soweit er nicht durch die bisher erfolgten Zahlungen getilgt sei, in einem Betrag (194.827,49 DM) zu zahlen habe, nicht aber die weiteren im Vertrag festgelegten Beträge, bei denen es sich um Finanzierungskosten handle, die nicht unter den unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag geschuldeten Aufwendungsersatz fielen. Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Revision verteidigt die Klägerin das landgerichtliche Urteil und begehrt dessen Wiederherstellung. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.

I. Das Berufungsgericht hat in der Bereitstellungsvereinbarung einen Werkvertrag mit Stundungsabrede oder Ratenzahlungsvereinbarung gesehen. Das wird weder von der Revision noch von der Revisionserwiderung angegriffen und begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

II. 1. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die beklagte Gemeinde nicht Vertragspartnerin dieser Vereinbarung geworden ist. Es hat zunächst eingehend erörtert, ob ein Vertretergeschäft vorliegt, ein solches aber als nicht nachgewiesen erachtet. In einer Hilfsbegründung hat es dabei auch die Formvorschrift der Brandenburgischen Gemeindeordnung herangezogen. Schließlich hat es unter Bezugnahme auf die Begründung des Landgerichtsurteils das Eingreifen einer Anscheinsvollmacht verneint.

2. Das greift die Revision ohne Erfolg an.

a) Sie meint, das Berufungsgericht habe bei der Verneinung eines Vertretergeschäfts gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze verstoßen und Prozess-Stoff übergangen. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin und die WBG seien bei Vertragsschluss übereinstimmend davon ausgegangen, dass die WBG als Vertreterin der Gemeinde handele. Nach dem als übergangen gerügten Vortrag sei die Rechtsvorgängerin der Klägerin weiter davon ausgegangen, dass die WBG zur Verwaltung des kommunalen Wohnungsbestands gegründet worden sei und Eigengeschäfte nicht vorgenommen habe. Zudem verweist die Revision auf die behauptete Zahlung der laufenden Rechnungen durch die Gemeinde. Weiter habe das Berufungsgericht § 2 des Gesellschaftsvertrags der WBG fehlerhaft gewürdigt, aus dem sich eine Vertretungsmacht der Verwalterin ergebe. Übergangen habe das Berufungsgericht auch den unstreitigen Sachvortrag, dass die WBG gar nicht über die Mittel für derartige Geschäfte verfügt habe. Nicht auseinander gesetzt habe es sich weiter mit dem Gesichtspunkt, dass nur dann, wenn die WBG für die hinter ihr stehenden Gemeinden gehandelt habe, ein zahlungsfähiger Schuldner vorhanden gewesen sein könne. Die Revision meint mit näheren Ausführungen schließlich, auch die Hilfserwägung des Berufungsgerichts zur Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform trage nicht.

3. Diese Rügen bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Auch wenn man davon ausgeht, dass die WBG nach dem als übergangen gerügten Vortrag gegenüber der Klägerin als Vertreterin der Beklagten auftrat, folgt daraus nicht zugleich, dass eine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Dazu war weiter eine entsprechende Vertretungsmacht der WBG erforderlich, die sich aus einem solchen Auftreten nicht ergibt. Dass vorgetragen worden sei, die WBG habe eine solche Befugnis gehabt oder die Beklagte habe ein etwaiges Vertreterhandeln genehmigt (§ 177 BGB), zeigt die Revision nicht auf; auch der nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingereichte Schriftsatz v. 27.6.2002 spricht diese Frage nur als abstrakte Erwägung ohne Bezug auf den Tatsachenvortrag der Parteien an. Im Übrigen richten sich die Folgen voll machtloser Vertretung grundsätzlich nach § 179 BGB; zum Entstehen vertraglicher Beziehungen mit dem voll machtlos Vertretenen führt das Auftreten des vollmachtlosen Vertreters für sich jedenfalls nicht. Die Passivlegitimation der Beklagten für vertragliche Ansprüche lässt sich mithin aus dem Gesichtspunkt vollmachtloser Vertretung nicht ableiten.

b) Auch aus dem im Übrigen als übergangen gerügten Vortrag ergibt sich die Passivlegitimation der Beklagten nicht. Wenn unterstellt wird, dass die WBG als Vertreterin handeln wollte, kann daraus nicht zwingend abgeleitet werden, dass sie dazu von der Beklagten bevollmächtigt war; dass diesbezüglicher Vortrag unbeachtet geblieben wäre, zeigt die Revision nicht auf. Mit der Rechnungsstellung und der Zahlung durch die Beklagte hat sich das Berufungsgericht eingehend auseinander gesetzt. Die von ihm gezogenen Folgerungen sind jedenfalls vertretbar und deshalb revisionsrechtlich hinzunehmen. Das gilt auch für die Ausführungen des Berufungsgerichts zu § 2 des Gesellschaftsvertrags.

Mit der behaupteten mangelnden Leistungsfähigkeit der WBG hat sich das Berufungsgericht in der Tat nicht ausdrücklich auseinander gesetzt; diese ist aber für die Frage der Passivlegitimation schon deshalb unergiebig, weil Betriebs- und weitgehend auch Investitionskosten im Bereich der Wohnungswirtschaft üblicherweise jedenfalls weitgehend auf die Mieter abgewälzt werden und damit letztlich sowohl für den Eigentümer als auch für den Verwalter nur durchlaufende Posten darstellen. Das als unberücksichtigt geblieben gerügte Vorbringen ist deshalb allenfalls geeignet zu belegen, dass ein Refinanzierungsbedarf bestanden haben mag, nicht aber, dass dem durch Einbeziehung der Gemeinde in den Vertrag Rechnung getragen werden musste und wurde.

c) Soweit die Revision die Hilfserwägung zur Einhaltung der Schriftform angreift, ist dies im Ergebnis schon deshalb ohne Bedeutung, weil die nicht von Verfahrensfehlern beeinflussten Primärerwägungen im Berufungsurteil die Verneinung eines Vertragsschlusses mit der Beklagten tragen.

III. 1. Das Berufungsgericht hat die Klage unter dem Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes aus Geschäftsführung ohne Auftrag für teilweise begründet angesehen. Dieses Ergebnis steht im Revisionsverfahren nicht zur Überprüfung, nachdem die Beklagte das Berufungsurteil nicht angefochten hat.

2. Ob der Klägerin - wenn überhaupt - höhere Aufwendungsersatzansprüche zustehen, als sie ihr vom Berufungsgericht zugesprochen worden sind, kann auf Grund der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilt werden. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der WBG ein Vertrag nicht zu Stande gekommen ist, sondern dass sich die Haftung der WBG allein aus § 179 BGB ergibt. Allerdings ist das Berufungsgericht von einem Vertrag mit der WBG ausgegangen. Dies greift die Revision jedoch mit Erfolg an, indem sie geltend macht, das Berufungsgericht habe gewichtige Gesichtspunkte dafür außer Acht gelassen, dass die Vorgängerin der Klägerin und die WBG übereinstimmend davon ausgegangen seien, der Vertrag habe mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossen werden sollen. Wäre dem so gewesen, erschiene die Annahme des Berufungsgerichts, ein solcher Vertrag sei mit der WBG zu Stande gekommen, zweifelhaft. Das Berufungsgericht wird Gelegenheit haben, seine Auffassung unter umfassender Berücksichtigung des Streitstoffs zu überprüfen. Sollte es danach weiterhin zu dem Ergebnis kommen, dass ein Vertrag mit der WBG zu Stande gekommen ist, wird der weiter gehenden Klage der Erfolg verwehrt sein. Sollte es dagegen zu dem Ergebnis gelangen, ein Vertrag mit der WBG sei nicht zu Stande gekommen, ergäbe sich die Rechtsbeziehung der Klägerin zur WBG allein aus deren Verantwortlichkeit als vollmachtsloser Vertreter. In diesem Fall kommen aber Aufwendungsersatzansprüche aus dem Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag dem Grunde nach in Betracht.

a) aa) Auch bei Bestehen einer vertraglichen Beziehung zur WBG sind Aufwendungsersatzansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 BGB) nicht schlechthin ausgeschlossen, wenn der Geschäftsführer (als "pflichtgebundener" Geschäftsführer) einem Dritten gegenüber (hier: Der WBG) zur Geschäftsbesorgung verpflichtet ist, sofern er nur (auch) gegenüber dem Geschäftsherrn (hier: Der Gemeinde) handelt (Seiler in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 677 Rz. 9m. N. in Fn. 30).

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH BGHZ 16, 12 [13]; BGHZ 65, 354 [357]; v. 25.4.1991 - III ZR 74/90, BGHZ 114, 248 [249 f.] = MDR 1991, 735 = UR 1992, 18; v. 26.11.1998 - III ZR 223/97, BGHZ 140, 102 [109] = MDR 1999, 357; Urt. v. 2.4.1998 - III ZR 251/96, WM 1998, 1356 [1358]; v. 23.9.1999 - III ZR 322/98, MDR 2000, 77 = NJW 2000, 72) setzt die Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag nur voraus, dass der Geschäftsführer ein Geschäft "für einen anderen" besorgt. Das kann auch dann der Fall sein, wenn er das Geschäft nicht (nur) als eigenes, sondern (auch) als fremdes führt, d. h. in dem Bewusstsein und mit dem Willen, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln. In diesem Zusammenhang wird zwischen objektiv und subjektiv fremden Geschäften unterschieden. Bei objektiv fremden Geschäften, die schon ihrem Inhalt nach in einen fremden Rechts- und Interessenkreis eingreifen (z. B. Hilfe für einen Verletzten, BGH BGHZ 33, 251 [254 ff.]; Abwendung der von einem unbeleuchteten Fahrzeug drohenden Gefahren, BGHZ 43, 188 [191 f.]; Tilgung fremder Schulden, BGHZ 47, 370 [371]; Veräußerung einer fremden Sache, RG RGZ 138, 45 [48 f.]), wird regelmäßig ein ausreichender Fremdgeschäftsführungswille vermutet. Das gilt grundsätzlich auch für Geschäfte, die zugleich objektiv eigene als auch objektiv fremde sind. Dabei kann es genügen, dass das Geschäft seiner äußeren Erscheinung nach nicht nur dem Besorger, sondern auch einem Dritten zugute kommt (BGH BGHZ 40, 28 [31]; BGHZ 63, 167 [169 f.]; BGHZ 65, 354 [357]; v. 25.11.1981 - VIII ZR 299/80, BGHZ 82, 323 [330 f.] = MDR 1982, 484; v. 18.9.1986 - III ZR 227/84, BGHZ 98, 235 [240] = MDR 1987, 122; v. 26.11.1998 - III ZR 223/97, BGHZ 140 [102] = MDR 1999, 357), insbesondere, wenn dessen Interesse an der Vornahme der Handlung im Vordergrund steht oder gar vordringlich ist. So hat der BGH etwa das Eingreifen der Feuerwehr bei einem Waldbrand (BGH BGHZ 40, 28 [30 f.]), die zugleich zur Gefahrenabwehr erfolgte Bergung eines verunglückten Fahrzeugs (BGH BGHZ 63, 167 [169 f.]), die Beseitigung verkehrsgefährdender Straßenverschmutzungen durch die Straßenbaubehörde (BGH BGHZ 65, 354 [357 f.]), von durch einen anderen verursachte Ölverunreinigungen durch den Zustandsstörer (BGH v. 18.9.1986 - III ZR 227/84, BGHZ 98, 235 [240 f.] = MDR 1987, 122) oder von Rückständen eingelagerten Milchpulvers durch den Grundstückseigentümer (BGH v. 8.3.1990 - III ZR 81/88, BGHZ 110, 313 [314 ff.] = MDR 1990, 903) als Geschäftsführung ohne Auftrag bewertet oder diese zumindest für möglich gehalten (so im Fall BGH v. 18.9.1986 - III ZR 227/84, BGHZ 98, 235 [240 ff.] = MDR 1987, 122). Hingegen erhalten objektiv eigene oder neutrale Geschäfte ihren (subjektiven) Fremdcharakter allenfalls durch einen Willen des Geschäftsführers zur vordringlichen Wahrnehmung fremder Interessen. Dafür besteht grundsätzlich keine tatsächliche Vermutung; der Wille, ein solches Geschäft in erster Linie oder zumindest zugleich für einen anderen zu führen, muss vielmehr hinreichend deutlich nach außen in Erscheinung treten (BGH BGHZ 40, 28 [31]; v. 25.11.1981 - VIII ZR 299/80, BGHZ 82, 323 [330 f.] = MDR 1982, 484; v. 25.4.1991 - III ZR 74/90, BGHZ 114, 248 [250] = MDR 1991, 735 = UR 1992, 18; v. 2.4.1998 - III ZR 251/96, BGHZ 138, 281 [286]).

bb) Aufwendungsersatzansprüche nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag sind grundsätzlich dann nicht gegeben, wenn besondere Bestimmungen des bürgerlichen Rechts das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn abweichend regeln. Gleiches gilt, wenn das Gesetz den Handelnden zum unentgeltlichen Tätigwerden verpflichtet, insbesondere, wenn er die Aufwendungen kraft seiner besonderen Verpflichtung selbst tragen soll (vgl. BGH BGHZ 40, 28 [32]) oder wenn Vorschriften des öffentlichen Rechts eine erschöpfende Regelung vorsehen, die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht erlaubt (BGH v. 26.11.1998 - III ZR 223/97, BGHZ 140, 102 [109 f.] = MDR 1999, 357; unter Hinweis auf BGHZ 30, 162 [169 ff.]; BGHZ 40, 28 [32]; v. 18.9.1986 - III ZR 227/84, BGHZ 98, 235 [242 f.] = MDR 1987, 122).

cc) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann eine Geschäftsbesorgung für einen anderen auch dann vorliegen, wenn der Geschäftsführer zur Besorgung des Geschäfts einem Dritten gegenüber verpflichtet ist (BGH v. 21.10.1999 - III ZR 319/98, BGHZ 143, 9 [14] = MDR 2000, 76; vgl. BGHZ 40, 28 [31]; v. 26.11.1998 - III ZR 223/97, BGHZ 140, 102 [109] = MDR 1999, 357 m. w. N.). Jedoch kommt in solchen Fällen eine Inanspruchnahme des Geschäftsherrn dann nicht in Betracht, wenn die Verpflichtung auf einem mit einem Dritten wirksam geschlossenen Vertrag beruht, der Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und insbesondere die Entgeltfrage umfassend regelt (Seiler in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 677 Rz. 15; vgl. Beuthien in Soergel, BGB, 12. Aufl., § 677 BGB Rz. 11; Ehmann in Erman, BGB, 10. Aufl., Rz. 5 vor § 677 BGB). Eine solche umfassende Regelung der Entgeltfrage innerhalb der wirksamen Vertragsbeziehung ist hinsichtlich des Ausgleichs für die jeweils erbrachten Leistungen auch im Verhältnis zu Dritten grundsätzlich abschließend. Den Rückgriff auf Aufwendungsersatzansprüche verwehrt der aus der Parteiautonomie folgende Vorrang der vertraglichen Rechte gegenüber dem Ausgleich der aus der erbrachten Leistung resultierenden Vorteile Dritter, die außerhalb des Vertrags stehen. Mit der vereinbarten Vergütung erhält der Vertragspartner die Bezahlung, die er nach der Privatrechtsordnung erwarten kann. Wollen die Parteien eine Mithaftung des Dritten für das Vertragsentgelt herbeiführen, haben sie die Möglichkeit, dies durch Vereinbarung mit ihm zu erreichen, insbesondere ihn in ihre Absprache einzubeziehen. Die spätere Insolvenz des Vertragspartners ändert hieran nichts; sie bietet nach der dem Gesetz zu Grunde liegenden Systematik keine Grundlage für die Begründung von Aufwendungsersatzansprüchen gegenüber Dritten. Zweck des Instituts der Geschäftsführung ohne Auftrag ist es nicht, das Insolvenzrisiko der Parteien aufzufangen und auf Dritte zu verlagern.

dd) Aus den tatbestandlichen Feststellungen, die das Berufungsgericht getroffen hat, folgt, sofern man unterstellt, dass der Vertrag mit der WBG zu Stande gekommen ist, ohne weiteres, dass in der Bereitstellungsvereinbarung die Entgeltfrage umfassend geregelt worden ist. Für Entgeltansprüche gegenüber der Gemeinde war in diesem Fall deshalb von vornherein kein Raum. Allerdings hat es, soweit das Berufungsgericht auf dieser Grundlage einen Teil der geltend gemachten Ansprüche der Klägerin zugebilligt hat, dabei zu verbleiben, weil das Berufungsurteil mangels Anfechtung insoweit nicht der Überprüfung unterliegt; einem Erfolg des Klagebegehrens steht die Verneinung des Anspruchs auf Aufwendungsersatz schon dem Grunde nach jedoch entgegen, soweit ein Vertrag mit der WBG zu Stande gekommen ist.

b) aa) Anders verhält es sich jedoch, wenn die WBG als vollmachtlose Vertreterin gehandelt hat und sich ihre Inanspruchnahme nicht auf den Vertrag, sondern lediglich auf die Regelung des § 179 BGB gründen lässt. Wie der BGH bereits entschieden hat, können Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag und Ansprüche aus § 179 BGB nebeneinander bestehen (BGH, Urt. v. 7.3.1989 - XI ZR 25/88, NJW-RR 1989, 970). Entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung kann aus der Regelung in § 951 BGB ein Ausschluss von Aufwendungsersatzansprüchen nicht abgeleitet werden. Auf dieser Grundlage wäre der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden.

bb) Nicht tragfähig begründet ist unter der genannten Voraussetzung die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe in der Hauptsache lediglich ein Anspruch i. H. v. 194.827,49 DM zu. Wie im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt ist, hat die Klägerin ihren Aufwendungsersatzanspruch auf 365.814,64 DM beziffert. Wie dem Berufungsurteil weiter zu entnehmen ist, handelt es sich bei diesem Betrag um unstreitige Herstellungskosten, von denen das Berufungsgericht die tatsächlich geleisteten Vergütungszahlungen abgezogen hat. Ersichtlich ist das Berufungsgericht (BU 19) dabei davon ausgegangen, dass die Klägerin allein die Herstellungskosten und nicht auch Finanzierungskosten geltend gemacht habe. Wie sich aus den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts (BU 20) jedoch ergibt, hat sich die Klägerin wegen des hilfsweise verfolgten Aufwendungsersatzanspruchs in einem nachgelassenen Schriftsatz auch auf "Zinsen" gestützt. Damit ist der Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin verlange ausschließlich die Herstellungskosten und nur diese seien Streitgegenstand, nicht vereinbar. Dass nach Auffassung des Berufungsgerichts unklar geblieben ist, wie sich die Klägerin hinsichtlich der geleisteten Zahlungen verhalten wolle, ändert hieran nichts. Mit den "Zinsen" hat sich das Berufungsgericht sachlich nicht auseinander gesetzt; insbesondere hat es den Aufwendungsersatzanspruch insoweit nicht als nicht schlüssig geltend gemacht behandelt. Damit hat sich das Berufungsgericht nicht mit dem geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch in seiner Gesamtheit, sondern nur in einem Teilaspekt sachlich befasst; hierin liegt jedenfalls eine revisionsrechtlich beachtliche Verletzung des materiellen Rechts. Auf die von der Revision angesprochene Frage, ob das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung wieder eröffnen musste, dies aber verfahrensfehlerhaft unterlassen hat, kommt es deshalb nicht an.

cc) Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin ein weiter gehender Aufwendungsersatzanspruch nicht zusteht. Zu ersetzen sind nach § 670 BGB die Aufwendungen, die der Beauftragte den Umständen nach für erforderlich halten darf. Dies umfasst im Grundsatz alle Geldausgaben, die mit der Ausführung des Auftrags in Zusammenhang stehen. Das gilt grundsätzlich auch für die Kosten einer Kreditaufnahme. Wieweit ein etwaiger Aufwendungsersatzanspruch im Übrigen reicht, bedarf im gegenwärtigen Verfahrensstadium keiner Erörterung. Das Berufungsgericht wird sich hiermit auseinander zu setzen haben, wenn es erneut zum Ergebnis kommt, dass Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag dem Grunde nach gegeben sind und wenn es den - ggf. ergänzten - Sachvortrag der Klägerin zur Höhe der zu erstattenden Aufwendungen als schlüssig erachtet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1077176

NJW 2004, 777

BGHR 2004, 175

BauR 2004, 134

BauR 2004, 333

DWW 2004, 98

NJW-RR 2004, 81

IBR 2004, 299

NZM 2004, 119

WM 2004, 1397

ZAP 2004, 162

ZMR 2004, 202

ZfIR 2004, 832

MDR 2004, 386

NJ 2004, 227

WuM 2004, 104

ZfBR 2004, 154

BrBp 2004, 217

GuT 2004, 19

NJW-Spezial 2004, 3

NZBau 2004, 34

RÜ 2004, 22

BauRB 2004, 128

JT 2004, 138

LL 2004, 149

LMK 2004, 19

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge