Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverwalter. Vorlage einer Handelsbilanz. Stille Reserven. Keine ersichtlichen Vermögenswerte. Überschuldung einer GmbH. Insolvenzreife. Geschäftsführer. Sekundäre Beweislast. Substantiierter Vortrag. Zurückverweisung an das Erstgericht. Wesentlicher Verfahrensfehler

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Insolvenzverwalter durch Vorlage einer Handelsbilanz und den Vortrag, dass keine stillen Reserven sowie aus der Bilanz nicht ersichtlichen Vermögenswerte vorhanden sind, die Überschuldung einer GmbH dargelegt, genügt der wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommene Geschäftsführer seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte behauptet. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu etwaigen stillen Reserven oder in der Bilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.

 

Normenkette

GmbHG § 64; InsO § 19

 

Verfahrensgang

Thüringer OLG (Urteil vom 22.09.2011; Aktenzeichen 1 U 41/11)

LG Erfurt (Urteil vom 07.01.2011; Aktenzeichen 9 O 924/10)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des OLG Jena vom 22.9.2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Kläger ist Verwalter in dem am 25.3.2009 über das Vermögen der a. GmbH eröffneten Insolvenzverfahren. Die Schuldnerin betrieb in E. eine Modeboutique. Die Beklagte war Geschäftsführerin der Schuldnerin. Die Bilanz der Schuldnerin wies seit Ende des Jahres 2004 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens stets einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag aus. Nachdem die Schuldnerin erstmals im August 2005 ihre Miete nicht mehr bezahlen konnte, erhöhten sich bis August 2008 die unbezahlten Mietverbindlichkeiten der Schuldnerin auf ca. 30.000 EUR. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis zum 26.9.2008 fristlos. Die Beklagte führte den Geschäftsbetrieb bis 17.12.2008 fort.

Rz. 2

Der Kläger behauptet, die Schuldnerin sei spätestens seit 31.12.2007 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Gestützt auf § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. verlangt er von der Beklagten i.H.v. 91.038,90 EUR Ersatz wegen Zahlungen im Jahr 2008. Das LG hat der Klage i.H.v. 88.842,09 EUR stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 3

Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Rz. 4

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Verfahren des ersten Rechtszugs leide an einem wesentlichen Fehler, auf dem das Urteil beruhe. Dem Verfahren mangele es insb. an der Durchführung der notwendigen Beweiserhebung und einer vollständigen Berücksichtigung des von der Beklagten vorgebrachten Sachvortrags. Aus der Handelsbilanz der Schuldnerin ergebe sich zwar zum 31.12.2007 ein durch Eigenkapital nicht gedeckter Fehlbetrag i.H.v. 47.806,99 EUR und damit eine rechnerische Überschuldung. Der Kläger habe auch zunächst seiner Darlegungslast dadurch genügt, dass er vorgetragen habe, es seien keine stillen Reserven und auch keine sonstigen aus der Handelsbilanz nicht ersichtlichen Veräußerungswerte bei der Schuldnerin vorhanden gewesen. Das LG sei aber unzutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht genügt habe. Das habe zur Folge, dass der Kläger nunmehr hätte beweisen müssen, dass keine stillen Reserven bei der Schuldnerin vorhanden gewesen seien. Diesen Beweis habe der Kläger nicht geführt, da das LG keine Feststellungen zu der Höhe des Liquiditätswerts der stillen Reserven getroffen habe. Darin sei ein Verfahrensverstoß des erstinstanzlichen Gerichts zu sehen, da von einer rechnerischen Überschuldung nur ausgegangen werden könne, wenn der Insolvenzverwalter beweise, dass stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte nicht vorhanden gewesen seien.

Rz. 5

Das Urteil stelle sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Der Erstattungsanspruch könne derzeit nicht darauf gestützt werden, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bestanden hätte. Die Beklagte habe behauptet, dass am 31.12.2007 keine Verbindlichkeiten der Schuldnerin fällig gewesen seien und durch die von der Schuldnerin monatlich erzielten Umsätze i.H.v. 22.000 EUR sämtliche Verbindlichkeiten innerhalb von drei Wochen hätten beglichen werden können. Diesen Vortrag habe das LG übergangen, da es keine Feststellungen hierzu getroffen habe.

Rz. 6

II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Sache verfahrensfehlerhaft gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das LG zurückverwiesen. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach dieser Vorschrift an das erstinstanzliche Gericht sind in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt.

Rz. 7

1. Die Voraussetzungen einer Zurückverweisung liegen schon deshalb nicht vor, weil das Berufungsgericht zu Unrecht einen Verfahrensfehler des LG angenommen hat.

Rz. 8

a) Eine Zurückverweisung an das Erstgericht gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO kommt nur dann in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem so wesentlichen Mangel leidet, dass es keine Grundlage für eine die Instanz beendende Entscheidung sein kann. Ob ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen, auch wenn das Berufungsgericht ihn für verfehlt erachtet (BGH, Urt. v. 1.2.2010 - II ZR 209/08, ZIP 2010, 776 Rz. 11 m.w.N.).

Rz. 9

b) Nach diesen - vom Berufungsgericht verkannten - Grundsätzen liegt kein Verfahrensfehler des Erstgerichts vor. Das Berufungsgericht hat dies zu Unrecht angenommen, weil es die Frage, ob dem Erstgericht ein wesentlicher Verfahrensfehler unterlaufen ist, rechtsfehlerhaft nicht aufgrund des allein maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts beantwortet, sondern dieser Beurteilung seinen eigenen materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt hat. Das Berufungsgericht sieht den Fehler des LG in dessen Annahme, die Beklagte habe - mangels hinreichender Substantiierung ihres Vortrags - ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Es hält demgegenüber das Vorbringen für ausreichend substantiiert und sieht darin, dass das LG deshalb eine noch nicht spruchreife Sachentscheidung getroffen hat, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.

Rz. 10

Dadurch, dass das LG andere Anforderungen an den Grad der Substantiierung gestellt hat, hat es jedoch nicht i.S.d. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO verfahrensfehlerhaft gehandelt. Bewertet das Berufungsgericht - wie hier - das Parteivorbringen materiell-rechtlich anders als das Erstgericht, indem es z.B. an die Schlüssigkeit oder die Substantiierungslast andere Anforderungen als das Erstgericht stellt, liegt ein zur Aufhebung und Zurückverweisung berechtigender wesentlicher Verfahrensmangel des Erstgerichts auch dann nicht vor, wenn infolge der abweichenden Beurteilung eine Beweisaufnahme erforderlich wird (BGH, Urt. v. 14.3.1988 - II ZR 302/87, ZIP 1988, 1000 [1001]; Urt. v. 7.6.1993 - II ZR 141/92, NJW 1993, 2318; Urt. v. 1.2.2010 - II ZR 209/08, ZIP 2010, 776 Rz. 14 m.w.N.; Urt. v. 14.5.2013 - II ZR 76/12, ZIP 2013, 1642 Rz. 10). Das LG hat auch nicht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Sachvortrag der Beklagten zu den angeblichen stillen Reserven blieb nicht unbeachtet, sondern wurde zur Kenntnis genommen und als nicht ausreichend substantiiert angesehen.

Rz. 11

2. Die Zurückverweisung durch das Berufungsgericht leidet an einem weiteren Mangel. Es fehlt an einer hinreichenden Begründung im Berufungsurteil, weshalb das Berufungsgericht die nach seiner Auffassung erforderliche Beweisaufnahme nicht selbst durchgeführt, sondern die Sache an das LG zurückverwiesen hat.

Rz. 12

a) Voraussetzung der Zurückverweisung ist, dass aufgrund des Verfahrensmangels eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO; vgl. BGH, Urt. v. 14.5.2013 - II ZR 76/12, ZIP 2013, 1642 Rz. 9). Das Berufungsgericht ist gehalten, nachprüfbar darzulegen, inwieweit eine noch ausstehende Beweisaufnahme so aufwendig oder umfangreich ist, dass sie eine Zurückverweisung rechtfertigt. Dabei hat es eine Abwägung zwischen der mit einer Zurückverweisung verbundenen Verzögerung und Verteuerung des Verfahrens auf der einen und dem Interesse an der Wahrung des vollen Instanzenzuges auf der anderen Seite vorzunehmen (BGH, Urt. v. 1.2.2010 - II ZR 209/08, ZIP 2010, 776 Rz. 16; Urt. v. 20.7.2011 - IV ZR 291/10, VersR 2011, 1392 Rz. 23).

Rz. 13

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Beweisaufnahme wäre umfangreich und würde zu einer mit der Neukonzeption des Berufungsverfahrens unvereinbaren, erstmaligen Beweisaufnahme an Stelle der ersten Instanz führen. Eine hinreichende Darlegung des Berufungsgerichts, warum die nach seiner Auffassung erforderliche Beweisaufnahme umfangreich sein werde, sowie eine darauf gestützte Abwägung fehlen jedoch. Eine Beweisaufnahme kann aufgrund der Zahl der Zeugen oder Sachverständigen oder des Umfangs der Fragen umfangreich sein (BGH, Urt. v. 1.3.2011 - II ZR 83/09, ZIP 2011, 806 Rz. 15). Allein der Umstand, dass nach Auffassung des Berufungsgerichts ein Sachverständigengutachten einzuholen ist, rechtfertigt die Annahme einer umfangreichen oder aufwendigen Beweisaufnahme nicht (BGH, Urt. v. 1.2.2010 - II ZR 209/08, ZIP 2010, 776 Rz. 16).

Rz. 14

Eine Beweisaufnahme auf der Grundlage der Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen, und eines nach einem Hinweis auf die insoweit gegenüber dem LG geänderte Einschätzung ggf. ergänzten und unter Beweis gestellten Vorbringens des Klägers zum Fehlen stiller Reserven beträfe allein die Bewertung von zwei Bilanzposten, nämlich der Ladeneinrichtung und des Warenbestands, dessen Einkaufswert bekannt ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Liquidationswert dieser Vermögensgegenstände sich bei dieser Ausgangslage durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht leicht klären ließe, sondern insoweit eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme erforderlich würde.

Rz. 15

III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Da das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner fehlerhaften Rechtsauffassung folgerichtig keine tatrichterlichen Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. getroffen hat, wird es dies nachzuholen haben. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Rz. 16

1. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts im Rahmen der Überschuldungsprüfung rechtfertigen nicht die Annahme, die Beklagte sei ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen.

Rz. 17

a) Im Ausgangspunkt richtig hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass bei der Prüfung, ob eine Überschuldung nach § 19 InsO gegeben ist, einer vom Insolvenzverwalter vorgelegten Handelsbilanz lediglich indizielle Bedeutung zukommt. Legt der Anspruchsteller für seine Behauptung, die Gesellschaft sei überschuldet gewesen, nur eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, hat er jedenfalls die Ansätze dieser Bilanz darauf zu überprüfen und zu erläutern, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus ihr nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind. Dabei muss er nicht jede denkbare Möglichkeit ausschließen, sondern nur naheliegende Anhaltspunkte - beispielsweise stille Reserven bei Grundvermögen - und die von dem Geschäftsführer insoweit aufgestellten Behauptungen widerlegen (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2009 - II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 Rz. 10; Urt. v. 27.4.2009 - II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220 Rz. 9; Beschl. v. 26.4.2010 - II ZR 60/09, ZIP 2010, 1443 Rz. 11; Urt. v. 15.3.2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007 Rz. 33; Beschl. v. 31.5.2011 - II ZR 106/10, ZIP 2011, 1410 Rz. 4). Nach der Feststellung des Berufungsgerichts weist die vom Kläger vorgelegte Handelsbilanz der Schuldnerin zum 31.12.2007 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H.v. 47.806,99 EUR auf. Das Berufungsgericht geht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass der Kläger seiner Darlegungslast durch den Vortrag genügt habe, es seien keine stillen Reserven und auch keine sonstigen aus der Handelsbilanz nicht ersichtlichen Vermögenswerte bei der Schuldnerin vorhanden gewesen.

Rz. 18

b) In dieser Situation ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2009 - II ZR 280/07, ZIP 2009, 860 Rz. 10; Urt. v. 27.4.2009 - II ZR 253/07, ZIP 2009, 1220 Rz. 9; Urt. v. 15.3.2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007 Rz. 33; Beschl. v. 31.5.2011 - II ZR 106/10, ZIP 2011, 1410 Rz. 4). Hierzu reicht es indes nicht aus, lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte zu behaupten. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu stillen Reserven oder sonstigen in der Handelsbilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.

Rz. 19

Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen ausreichend substantiierten Vortrag der Beklagten nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat es ausreichen lassen, dass die Beklagte behauptet hat, den aus der Handelsbilanz ersichtlichen Verbindlichkeiten i.H.v. 28.555,06 EUR hätten Waren (Kleidungsstücke) in einem Gesamteinkaufswert i.H.v. 38.816,44 EUR gegenübergestanden. Der bilanzierte Einkaufswert der Ware lag indes bei 34.026,30 EUR, so dass sich insoweit nur eine für die Feststellung der Überschuldung unerhebliche Differenz von 4.790,44 EUR ergibt. Sollte das Berufungsgericht an dieser Stelle - was sich seiner Begründung nicht entnehmen lässt - den von der Revisionserwiderung aufgezeigten Vortrag der Beklagten im Blick gehabt haben, der wahre Wert der Kleidungsstücke habe bei 83.364 EUR gelegen, hätte es näherer Erläuterung bedurft, wie ein der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechender Aufschlag von 145 % auf den bilanzierten Wareneinkaufswert als Liquidationswert hätte realisiert werden sollen. Soweit das Berufungsgericht die Behauptung der Beklagten, hinsichtlich des Werts der Ladeneinrichtung habe eine weitere stille Reserve i.H.v. 20.000 EUR bestanden, als ausreichend substantiiert angesehen hat, ist dies nicht nachvollziehbar. Insbesondere angesichts des Umstands, dass die Einrichtungsgegenstände unter Verantwortung der Beklagten letztlich für 500 EUR veräußert wurden, wäre eine nähere Darlegung zu deren Zeitwert erforderlich gewesen. Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben werden müssen, hierzu ergänzend vorzutragen.

Rz. 20

2. Sollte das Berufungsgericht eine Überschuldung verneinen, wird es sich mit den Ausführungen der Parteien in der Revisionsinstanz zur Zahlungsunfähigkeit auseinanderzusetzen haben. Der Senat weist vorsorglich auf Folgendes hin:

Rz. 21

Nachdem die Schuldnerin erstmals im August 2005 ihre Miete nicht mehr hat bezahlen können, waren bis August 2008 offene Mietverbindlichkeiten i.H.v. 30.000 EUR aufgelaufen. Der Entwicklung dieser Außenstände wird ggf. Beachtung zu schenken sein, da die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO in Betracht kommen kann. Danach ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dafür reicht ein nach außen hervortretendes Verhalten, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht beglichen worden sind, ist regelmäßig von einer Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rz. 24; Urt. v. 18.7.2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rz. 9).

 

Fundstellen

Haufe-Index 6398499

BB 2014, 129

DB 2014, 170

DB 2014, 6

DStR 2014, 219

WPg 2014, 216

NJW 2014, 8

NWB 2014, 254

EBE/BGH 2014

GmbH-StB 2014, 105

EWiR 2014, 409

NZG 2014, 100

StuB 2014, 159

WM 2014, 167

ZIP 2014, 168

ZIP 2014, 5

DZWir 2014, 150

DZWir 2014, 188

JZ 2014, 140

JZ 2014, 144

MDR 2014, 233

NJ 2014, 345

NJ 2014, 4

NZI 2014, 232

NZI 2014, 5

ZInsO 2014, 197

GmbHR 2014, 258

NJW-Spezial 2014, 47

NWB direkt 2014, 76

StBW 2014, 150

StX 2014, 237

GmbH-Stpr. 2014, 82

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge