Leitsatz (amtlich)

Auch Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen i.S.v. § 108 InsO können unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 InsO schon für die Zeit des Eröffnungsverfahrens zu Masseverbindlichkeiten werden.

§ 55 Abs. 2 Satz 2 InsO ist grundsätzlich weder unmittelbar noch entsprechend auf Rechtshandlungen eines vorläufigen Insolvenzverwalters anzuwenden, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht übergegangen ist.

Erläßt das Insolvenzgericht im Eröffnungsverfahren kein allgemeines Verfügungsverbot, so ist eine dem vorläufigen Insolvenzverwalter erteilte umfassende Ermächtigung, „für den Schuldner zu handeln”, unzulässig; die Befugnisse dieses vorläufigen Verwalters muß das Insolvenzgericht selbst einzeln festlegen.

Das Insolvenzgericht kann – jedenfalls in Verbindung mit dem Erlaß eines besonderen Verfügungsverbots – den vorläufigen Insolvenzverwalter ohne begleitendes allgemeines Verfügungsverbot ermächtigen, einzelne, im voraus genau festgelegte Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen.

Wird die nach dem Eröffnungsantrag fällig werdende Miete oder Pacht nicht vertragsgemäß gezahlt, steht § 112 InsO nicht einer Kündigung des Vertragsverhältnisses gemäß allgemeinen Regeln entgegen.

 

Normenkette

InsO § 55 Abs. 2 S. 2, § 108 Abs. 2, § 55 Abs. 2, § 22 Abs. 1-2, § 112; BGB § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 n.F.

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 29.06.2001; Aktenzeichen 19 U 199/00)

LG Köln

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Juni 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verpachtete Frau P. Y. (nachfolgend: Schuldnerin) langfristig für monatlich 10.200 DM – einschließlich Umsatzsteuer und Vorauszahlung von Nebenkosten – Räume zum Betrieb einer Gaststätte nebst zugehöriger Wirtewohnung, in der die Schuldnerin mit ihrer Familie fortan wohnte. Der Vertrag berechtigte die Klägerin, unter anderem bei Zahlungsverzug mit zwei Raten fristlos zu kündigen. Die Schuldnerin geriet mit vier Monatsraten in Zahlungsrückstand.

Auf den Eröffnungsantrag eines Gläubigers vom 4. Mai 1999 hin bestellte das Amtsgericht am 14. Juli 1999 die Beklagte zur vorläufigen Insolvenzverwalterin. Es ordnete an, daß Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung der vorläufigen Insolvenzverwalterin wirksam sind. In dem Beschluß heißt es weiter unter anderem:

„Die vorläufige Insolvenzverwalterin ist nicht allgemeine Vertreterin der Schuldnerin … Sie wird ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu handeln, ist jedoch, unbeschadet der Wirksamkeit der Handlung, verpflichtet, diese Befugnis nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgabe schon vor der Verfahrenseröffnung dringend erforderlich ist.

Den Schuldnern der Schuldnerin (Drittschuldnern) wird verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Die vorläufige Insolvenzverwalterin wird ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen …”

Am 9. September 1999 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und die Beklagte zur Treuhänderin (§ 313 InsO) ernannt. Aufgrund einer fristlosen Kündigung der Klägerin vom 8. Oktober 1999 räumte die Schuldnerin das Pachtobjekt. Die Beklagte bezahlte den Pachtzins für die Zeit ab Insolvenzeröffnung bis zur Räumung aus der Insolvenzmasse. Später zeigte sie die Masseunzulänglichkeit an.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin in der Revisionsinstanz noch Ansprüche auf Pacht für die Zeit vom 1. August bis 8. September 1999 in Höhe von 12.920 DM. In diesem Umfange hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat durch das angefochtene Urteil (es ist in ZIP 2001, 1422 ff = ZInsO 2001, 762 ff = NZI 2001, 554 ff abgedruckt) die Berufung insoweit zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin, mit der diese ihren Hilfsantrag weiterverfolgt, ihre Forderung in Höhe von – noch – 12.920 DM nebst Zinsen zur Insolvenztabelle feststellen zu lassen.

 

Entscheidungsgründe

Der Hilfsantrag ist dahin auszulegen, daß eine Forderung gegen die Insolvenzmasse festgestellt werden soll. Mit diesem Inhalt ist das Rechtsmittel unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Die zulässige Feststellungsklage betreffe keine Masseverbindlichkeit. Zwar gehe § 55 Abs. 2 InsO der Regelung des § 108 Abs. 2 InsO vor. § 55 Abs. 2 InsO sei aber auf den sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Es bestehe insoweit weder eine Regelungslücke noch sei die Interessenlage vergleichbar mit derjenigen bei Bestellung eines allgemein verfügungsberechtigten vorläufigen Insolvenzverwalters. Die Anordnung eines bloßen Zustimmungsvorbehalts beeinflusse das Auftreten des vorläufigen Insolvenzverwalters auch im Außenverhältnis maßgeblich. Eine ausgedehntere Begründung von Masseverbindlichkeiten als durch den unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift hätte zur Folge, daß noch weniger Insolvenzverfahren eröffnet werden könnten. Art. 14 GG gebiete es ebenfalls nicht, zugunsten des Verpächters eine Masseforderung entstehen zu lassen, sobald der vorläufige Insolvenzverwalter bestellt ist und er der Weiternutzung der Pachträume durch den späteren Gemeinschuldner zustimmt, ohne gleichzeitig für die Pachtzahlung Sorge zu tragen.

Soweit die Beklagte in dem Bestellungsbeschluß vom 14. Juli 1999 ermächtigt worden sei, für die Schuldnerin zu handeln, bedeute dies nicht, daß sie auch berechtigt sein sollte, Masseverbindlichkeiten zu begründen.

II.

Demgegenüber rügt die Revision: Im Falle eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts stehe der vorläufige Insolvenzverwalter weder tatsächlich noch rechtlich anders da als der vorläufige Verwalter mit begleitendem Verfügungsverbot. Insbesondere wenn der vorläufige Verwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt in einer Weise rechtlich ausgestattet werde, daß er uneingeschränkt sichern und verfügen könne, aber das allgemeine Verfügungsverbot nur unterbleibe, um keine neuen Masseverbindlichkeiten entstehen zu lassen, liege eine unzulässige Umgehung des § 55 Abs. 2 InsO vor. Im vorliegenden Falle sei die Beklagte ermächtigt worden, mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu handeln, sei also im Außenverhältnis verfügungsbefugt gewesen.

Jedenfalls müßten die Verbindlichkeiten eines Dauerschuldverhältnisses während der Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung Masseschuldcharakter haben. Es seien nämlich keine weiteren Verfügungen oder Handlungen des Schuldners oder vorläufigen Insolvenzverwalters nötig, um den Vertragspartner zur weiteren Erbringung seiner Leistung zu veranlassen. Die Unterscheidung nach der Art der Verfügungsbeschränkung habe dafür keine Bedeutung. Dem leistenden Vertragspartner könne nicht vorgehalten werden, er habe aufgrund der schwachen Stellung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht das Vertrauen entwickeln können, seine Forderung werde als Masseverbindlichkeit anerkannt.

III.

Die eingeklagten Ansprüche sind nicht aufgrund einer unmittelbaren Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO Masseverbindlichkeiten.

1. Allerdings steht – wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat – nicht schon § 108 Abs. 2 InsO der Begründung von Masseverbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen für die Zeit des Eröffnungsverfahrens entgegen (ebenso LAG Köln ZIP 2000, 805, 806 f; LG Essen NZI 2001, 217, 218; MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 55 Rn. 226 und -/Eckert, § 108 Rn. 189; Heidelberger Kommentar zur InsO/Eickmann, 2. Aufl. § 55 Rn. 27 und -/Marotzke, § 108 Rn. 20; Kübler/Prütting/Tintelnot, InsO § 108 Rn. 28 a; Hess/Weis/Wienberg, InsO 2. Aufl. § 22 Rn. 166 und § 55 Rn. 207 ff; Nerlich/Römermann/ Andres, InsO § 55 Rn. 134 f; Smid, InsO 2. Aufl. § 108 Rn. 9; Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO Stand 2002, § 108 Rn. 28; Henckel, in: Aktuelle Probleme des neuen Insolvenzrechts, herausgegeben vom Arbeitskreis für Insolvenz- und Schiedsgerichtswesen, Köln 2000, S. 97, 105; Bork ZIP 1999, 781, 782; Pape, in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 2. Aufl. S. 531, 578 Fn. 247; Schrader ZInsO 2000, 196, 200; vgl. Frankfurter Kommentar/Wegener, InsO 3. Aufl. § 108 Rn. 25; a.M. ArbG Bielefeld ZIP 1999, 1493 f; Berscheid, in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung aaO S. 1361, 1382 ff; Wiester ZInsO 1998, 99, 103 f).

Wenn nach § 108 Abs. 2 InsO die Gläubiger aus Dauerschuldverhältnissen Ansprüche „für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens” nur als Insolvenzgläubiger geltend machen können, trifft dies die Rechtslage für das eröffnete Insolvenzverfahren im allgemeinen, aber ohne die Besonderheiten gerichtlicher Anordnungen für das Eröffnungsverfahren. Die Vorschrift befindet sich im dritten Teil der Insolvenzordnung, welcher die „Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens” regelt. Demgegenüber enthält § 55 Abs. 2 InsO eine speziellere Vorschrift für die Rechtsfolgen von Handlungen vorläufiger Insolvenzverwalter während des Eröffnungsverfahrens. Insbesondere die Regelung für die vom zweiten Satz dieses Absatzes betroffenen Dauerschuldverhältnisse wäre jedenfalls im Kernbereich inhaltlich gegenstandslos, wenn § 108 Abs. 2 InsO dafür ausnahmslos Abweichendes anordnen würde. Miet-, Pacht- (einschließlich Leasing-) sowie Dienstverhältnisse des Schuldners im Sinne von § 108 InsO stellen wirtschaftlich den weitaus wichtigsten Teil aller Dauerschuldverhältnisse dar. Es widerspräche dem Zweck des § 55 Abs. 2 InsO, den vorläufigen Insolvenzverwalter mit begleitendem allgemeinen Verfügungsverbot rechtsgeschäftlich handlungsfähig zu machen, wenn sich seine Befugnis, Masseverbindlichkeiten zu begründen, nicht auch auf Dauerschuldverhältnisse im Sinne von § 108 InsO erstrecken würde.

Diese Auslegung wird nunmehr durch § 55 Abs. 3 InsO in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I, 2710) bestätigt. Danach kann die Bundesanstalt für Arbeit Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die nach § 55 Abs. 2 InsO Masseverbindlichkeiten begründen würden und auf die Bundesanstalt übergegangen sind, nur als Insolvenzgläubigerin geltend machen. Eine solche Klarstellung wäre entbehrlich gewesen, wenn die entsprechenden Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen schon in der Person des Arbeitnehmers nach § 108 Abs. 2 InsO nur Insolvenzforderungen – also nicht Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO – wären.

2. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß § 55 Abs. 2 InsO für sich ausschließlich Rechtshandlungen eines vorläufigen Insolvenzverwalters betrifft, „auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist” (ebenso OLG Hamm NZI 2002, 162 f; LAG Köln NZI 2002, 332, 334; LG Karlsruhe DZWiR 2002, 215 f; AG Leipzig ZIP 2001, 1780 f; AG Neumünster ZIP 2002, 720 f; MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 55 Rn. 222; Nerlich/Römermann/Andres, InsO § 55 Rn. 129; Hess/ Weis/Wienberg, aaO § 55 Rn. 201; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 8. Aufl. Rn. 1553; Schwemer ZMR 2000, 348; Ringstmeier EWiR 2002, 113 f; vgl. Smid, aaO § 55 Rn. 42).

a) Satz 1 der Vorschrift spricht diese Voraussetzung ausdrücklich aus. Der zweite Satz knüpft hieran mit der Bezugnahme „Gleiches gilt …” an. Die Amtliche Begründung zu § 55 Abs. 2 InsO (Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einer Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 126 zu § 64) unterscheidet wegen der Qualität als Masseverbindlichkeit nicht zwischen den in beiden Sätzen dieses Absatzes geregelten Fällen. Vielmehr stellt sie hinsichtlich des Schutzzwecks ausdrücklich „Personen, die Geschäfte mit einem vorläufigen Insolvenzverwalter abschließen” (Satz 1), mit denen gleich, die „ihm gegenüber ein Dauerschuldverhältnis erfüllen” (Satz 2). Damit kann nur der in Satz 1 ausdrücklich erwähnte „starke” vorläufige Insolvenzverwalter gemeint sein.

b) Entstehungsgeschichte und Zweck der Norm bestätigen diese Auslegung. Unter der Geltung des § 106 Abs. 1 Satz 2 und 3 KO entsprach es ständiger Rechtsprechung, daß der während des Eröffnungsverfahrens bestellte Sequester keine Masseschulden begründen konnte (BGHZ 97, 87, 91 f; 130, 38, 41 f; BGH, Urt. v. 10. Juli 1997 – IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1552). Denn der Sequester durfte grundsätzlich nicht die gleichmäßige Befriedigung aller Konkursgläubiger im späteren Konkursverfahren beeinträchtigen. Eine Besserstellung einzelner, während des Eröffnungsverfahrens vorleistender Gläubiger war nicht vorgesehen.

Um Geschäftspartnern des insolventen Unternehmens einen Anreiz zu geben, die Geschäftsbeziehungen mit einem vorläufigen Insolvenzverwalter fortzusetzen sowie ihm Geld- und Warenkredite zu gewähren, schlug die Kommission für Insolvenzrecht vor, Verbindlichkeiten aus Rechtshandlungen eines in Verbindung mit einem allgemeinen Verfügungsverbot bestellten vorläufigen Insolvenzverwalters durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu Masseschulden werden zu lassen (Leitsatz 1.2.3 Abs. 9 i.V.m. Abs. 4 des ersten Berichts der Kommission für Insolvenzrecht, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz, Köln 1985). In der Begründung dazu hieß es (aaO S. 106 f):

„Absatz 9 [betreffend den Masseschuldcharakter] bezieht sich … nur auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter, der … bei einem allgemeinen Verfügungsverbot bestellt worden ist und deshalb das Verfügungsrecht über das Schuldnervermögen besitzt. Er gilt nicht für einen vorläufigen Insolvenzverwalter, dem lediglich Zustimmungsvorbehalte …, die das Verfügungsrecht des Schuldners grundsätzlich unberührt lassen, eingeräumt worden sind. Daraus folgt, daß nur Verbindlichkeiten aus Rechtshandlungen eines verfügungsberechtigten vorläufigen Insolvenzverwalters durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu Masseschulden werden; Verbindlichkeiten aus Rechtshandlungen eines weiterhin grundsätzlich verfügungsberechtigten Schuldners sind von dieser Privilegierung selbst dann ausgeschlossen, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter den Rechtshandlungen im Rahmen eines allgemeinen oder besonderen Zustimmungsvorbehalts … zugestimmt hat.”

Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen wurde die Qualität als Masseverbindlichkeiten erstmals durch § 60 Abs. 2 Satz 2 des Referentenentwurfs zur Reform des Insolvenzrechts zuerkannt, ohne daß ein Unterschied zwischen den Voraussetzungen der beiden Sätze angedeutet worden wäre (Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Insolvenzrechts, Köln 1989, Begründung zu den einzelnen Vorschriften S. 55 zu § 60 Abs. 2).

Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung hat – in § 22 Abs. 1 – nur die Rechtsstellung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit begleitendem allgemeinen Verfügungsverbot näher geregelt. Daran knüpft die Regelung des § 55 Abs. 2 InsO die Schutzbedürftigkeit des Vertragspartners eines solchen vorläufigen Insolvenzverwalters an. Wird hingegen kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, so bleibt die Ausgestaltung der vorläufigen Insolvenzverwaltung nach § 22 Abs. 2 InsO der Bestimmung des Insolvenzgerichts in jedem Einzelfall überlassen. Allenfalls an solchen Einzelanordnungen kann sich ein Vertrauen der Geschäftspartner ausrichten. Eine allgemeine Erstreckung auf den vorläufigen Insolvenzverwalter mit begleitendem Zustimmungsvorbehalt war nicht beabsichtigt.

c) Auch inhaltlich ist es nicht sachgerecht, für die Inanspruchnahme von Leistungen aus Dauerschuldverhältnissen gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO allgemein in weitergehendem Umfange Masseverbindlichkeiten entstehen zu lassen als für rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten nach Satz 1 dieser Vorschrift. Entgegen der Auffassung der Revision wirkt sich auch insoweit die unterschiedliche Rechtsstellung wesentlich aus, die zwischen einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit begleitendem Verfügungsverbot und einem solchen mit gleichzeitig erlassenem Zustimmungsvorbehalt besteht.

aa) Nur aufgrund des Erlasses eines allgemeinen Verfügungsverbots kann der vorläufige Insolvenzverwalter gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO umfassend für den Schuldner handeln.

bb) Dagegen bewirkt der Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO) nur, daß der vorläufige Insolvenzverwalter wirksame rechtsgeschäftliche Verfügungen des Schuldners zu verhindern vermag. Die Beklagte konnte dementsprechend im vorliegenden Zusammenhang von sich aus – nur – veranlassen, daß die Schuldnerin ihr Vermögen durch Pachtzahlungen an die Klägerin nicht verminderte.

Allein aufgrund eines erlassenen Zustimmungsvorbehalts – also ohne ergänzende gerichtliche Anordnungen (dazu s.u. IV 2) – ist der vorläufige Insolvenzverwalter rechtlich nicht in der Lage, den Schuldner gegen dessen Willen zu Handlungen anzuhalten. Den Abschluß rechtswirksamer Verpflichtungsgeschäfte durch den Schuldner während des Eröffnungsverfahrens vermag er nicht zu verhindern; dementsprechend können solche Verbindlichkeiten, anders als nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO, auch nur Insolvenzforderungen begründen. Dieser „schwache” vorläufige Insolvenzverwalter ist ferner nicht befugt, den Schuldner daran zu hindern, während des Eröffnungsverfahrens die Gegenleistung aus Dauerschuldverhältnissen im Sinne von § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO in Anspruch zu nehmen, soweit damit keine rechtsgeschäftliche Verfügung verbunden ist. Insbesondere kann der Schuldner ohne ergänzende gerichtliche Anordnungen nicht an der tatsächlichen Nutzung gemieteter Räume gehindert werden (vgl. Smid, aaO § 22 Rn. 9). Die Auffassung der Klägerin, die Beklagte habe die Schuldnerin zu einer Fortführung des Gaststättenbetriebs verbindlich anweisen können, ist unrichtig; die Fortführungspflicht aus § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO trifft allein den „starken” vorläufigen Insolvenzverwalter. Die Arbeitskraft des Schuldners unterliegt sogar im eröffneten Insolvenzverfahren nicht dem Insolvenzbeschlag. Die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe die Schuldnerin zur Fortführung des Geschäftsbetriebs „veranlaßt”, ist unerheblich, weil jede derartige Einflußnahme der Beklagten von Rechts wegen unverbindlich war. Ferner war die Beklagte als vorläufige Insolvenzverwalterin nicht befugt, die Schuldnerin zur Rückgabe der Pachtsache „anzuhalten”. Im Gegenteil stehen dem „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalter kraft Gesetzes an den Geschäftsräumen des Schuldners nur ein Besichtigungsrecht (§ 22 Abs. 3 Satz 1 InsO) und allenfalls Maßnahmen zur Erhaltung von dessen Besitz zu. Dementsprechend hat die Beklagte als vorläufige Insolvenzverwalterin – entgegen der Auffassung der Klägerin – hier auch nicht selbst die Gaststätte im Sinne von § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO „genutzt”.

Danach kann der vorläufige Insolvenzverwalter mit begleitendem Zustimmungsvorbehalt allein aufgrund dieser gerichtlichen Anordnung auf die gesamte Vertragsabwicklung durch den Schuldner nur in der Weise Einfluß nehmen, daß er dessen Verringerung seines Vermögens insbesondere durch Erfüllung einzelner oder aller Verbindlichkeiten verhindert. Wenn hierdurch das dem künftigen Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen nicht vermindert, sondern aufgrund erzielter Einkünfte sogar vermehrt werden sollte, entspricht dies im Interesse der Gleichbehandlung aller Gläubiger dem Insolvenzzweck (§ 1 Satz 1 InsO). Dem vorläufigen Insolvenzverwalter obliegt es nicht etwa vorrangig, von sich aus für die volle Befriedigung solcher Gläubiger zu sorgen, die während des Eröffnungsverfahrens Leistungen an den Schuldner erbringen, während die Gläubiger aus früheren Leistungen möglicherweise ganz leer ausgehen (vgl. Senatsurt. v. 12. November 1992 – IX ZR 68/92, NJW 1993, 1206 f; v. 25. März 1993 – IX ZR 164/92, NJW-RR 1993, 796, 797).

IV.

Auch eine entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 2 InsO scheidet im vorliegenden Falle aus.

1. Die Vorschrift ist nicht schon deswegen insgesamt analog auf Verbindlichkeiten anzuwenden, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit begleitendem Zustimmungsvorbehalt begründet wurden, weil Insolvenzgerichte derzeit sehr viel häufiger in solcher Weise vorläufige Insolvenzverwalter bestellen als ein allgemeines Verfügungsverbot zu erlassen (ebenso LAG Frankfurt/Main ZInsO 2001, 562, 563; LG Leipzig ZIP 2001, 1778, 1779; AG Leipzig ZIP 2001, 1780, 1781 f; AG Wuppertal ZIP 2001, 1335 f; Wienberg E-WiR 2001, 1061, 1062; MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 55 Rn. 216; Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO § 55 Rn. 51; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch zur InsO 3. Aufl. Rn. 373; Hess/Weis/Wienberg, aaO § 55 Rn. 196, 201; Jaffé/Hellert ZIP 1999, 1204, 1205 ff; Smid, aaO § 22 Rn. 70; Frankfurter Kommentar/Schmerbach, aaO § 22 Rn. 61 l und -/Schumacher, § 55 Rn. 32; Onusseit, in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 2. Aufl. S. 1779, 1789 f; Maus ZIP 2000, 339, 340; Braun/Bäuerle, InsO § 55 Rn. 41 und -/Kroth § 108 Rn. 23; Foerster ZInsO 1999, 332 f; Kirchhof ZInsO 1999, 365, 368 f; a.M. OLG Hamm NZI 2002, 259, 261; LG Essen NZI 2001, 217, 218; Heidelberger Kommentar zur InsO/Eickmann, aaO § 55 Rn. 26; Bork ZIP 1999, 785 f; vgl. auch Ahrendt/Struck ZInsO 1999, 450, 452 f). Darin allein liegt keine Umgehung des § 55 Abs. 2 InsO. Denn der vorläufige Insolvenzverwalter mit begleitendem Verfügungsverbot soll nicht etwa kraft Gesetzes der Regelfall jeder vorläufigen Insolvenzverwaltung sein (vgl. Smid, aaO § 22 Rn. 59, 63; Braun/Kind, aaO § 22 Rn. 29). Zwar hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung nur dessen Aufgaben in § 22 Abs. 1 InsO ausführlich geregelt. Dies geschah aber, weil damit – im Vergleich zur Rechtsstellung des Sequesters gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 und 3 KO – etwas Neues geschaffen wurde (s.o. III 2 b). Das Insolvenzgericht soll schon während des Eröffnungsverfahrens einen vorläufigen Insolvenzverwalter einsetzen können, der sogar den anspruchsvollsten Aufgaben – vor allem der Unternehmensfortführung – gewachsen ist. Ein solcher Bedarf besteht aber nicht etwa im Regelfall. Zudem mag der Umfang der Aufgaben bei der erstmaligen Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oft noch unklar sein, so daß allenfalls die weitere Verwaltung das Bedürfnis nach Erlaß eines allgemeinen Verfügungsverbots aufdeckt. In jedem Falle unterliegt die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. B. Lepa, Insolvenzordnung und Verfassungsrecht 2002 S. 155 ff, insbesondere S. 160 ff): Soweit mildere Mittel einzeln oder in Verbindung miteinander den Sicherungszweck hinreichend erfüllen, sind sie regelmäßig einschneidenderen vorzuziehen. Die Anordnung unverhältnismäßiger Sicherungsmaßnahmen kann unter Umständen sogar eine Amtshaftung begründen (vgl. BGH, Beschluß vom 20. März 1986 – III ZR 55/85, NJW-RR 1986, 1188 f).

Der vorliegende Rechtsstreit verdeutlicht diese Rechtslage: Für eine sonstige Gefährdung von Gläubigerinteressen während des Eröffnungsverfahrens ist nichts dargetan. Letztlich wurde eine Verbraucherinsolvenz im Vereinfachten Verfahren gemäß §§ 311 ff InsO eröffnet. Die Beklagte erhielt dadurch lediglich die eingeschränkten Befugnisse des Treuhänders nach § 313 InsO. Der Betrieb der von der Schuldnerin gepachteten Gaststätte wurde alsbald nach der Verfahrenseröffnung – als die Beklagte erstmals darüber allein bestimmen konnte – eingestellt. Unter solchen Umständen hätte sich die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots im Eröffnungsverfahren sogar als objektiv unverhältnismäßig erwiesen.

Im übrigen hat der Gesetzgeber des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes vom 26. Oktober 2001 (BGBl I S. 2710) ausdrücklich die „gegenwärtige Insolvenzpraxis” der Gerichte erwähnt, welche, „um die nachteiligen Auswirkungen des § 55 Abs. 2 InsO zu vermeiden, in aller Regel nur Verwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bestellen”. Daraus wurde abgeleitet, daß der neu eingeführte § 55 Abs. 3 InsO die Bundesanstalt für Arbeit nicht schlechter stelle, weil die auf sie übergehenden Entgeltansprüche der Arbeitnehmer praktisch ohnehin kaum Masseverbindlichkeiten begründeten (Amtliche Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze unter A 8 b, S. 15, abgedr. bei Kübler/Prütting, InsO 2002, Texte und Materialien). Dies wäre unrichtig, wenn allein die Praxis der Insolvenzgerichte regelmäßig zur Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO führte.

2. Eine entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO ist hier auch nicht deswegen geboten, weil das Insolvenzgericht im Beschluß vom 14. Juli 1999 die Beklagte unter anderem ermächtigt hat, „mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu handeln”.

a) Das Berufungsgericht hat diese Ermächtigung – ohne Begründung dahin verstanden, daß das Eingehen von Masseverbindlichkeiten nicht gestattet werde (ebenso LG Leipzig ZIP 2001, 1778, 1779). Die Revision legt die gerichtliche Anordnung gegenteilig aus. Nach einer in der Rechtsprechung (AG Neumünster ZIP 2002, 720, 721) und Literatur (Bork ZIP 2001, 1521 ff; Spliedt ZIP 2001, 1941, 1943 f) vertretenen Meinung soll eine solche Anordnung jedenfalls zu einer entsprechenden Anwendbarkeit des § 55 Abs. 2 InsO führen. Dem folgt der Senat nicht.

Die pauschale gerichtliche Ermächtigung des vorläufigen Insolvenzverwalters, „mit rechtlicher Wirkung für den Schuldner zu handeln”, bewirkt nicht, daß schon im Eröffnungsverfahren Masseverbindlichkeiten in einer vom Insolvenzgericht nicht mehr zuverlässig kontrollierbaren Weise begründet werden dürften. Sie ist vielmehr nach § 22 Abs. 2 Satz 1 InsO unzulässig.

aa) Zwar darf der vorläufige Insolvenzverwalter, wenn zugleich ein allgemeiner Zustimmungsvorbehalt (§ 22 Abs. 2 Nr. 2 InsO) erlassen ist, zugleich wirksam dazu ermächtigt werden, seinerseits über bestimmte Gegenstände des Schuldnervermögens zu verfügen. Insbesondere erscheint die im vorliegenden Fall erlassene Anordnung rechtlich unbedenklich, daß die Beklagte befugt sein sollte, ihrerseits Forderungen der Schuldnerin für diese einzuziehen; denn um ihre Verwaltungsaufgaben überhaupt erfüllen zu können, bedurfte die Beklagte der finanziellen Mittel, die üblicherweise in den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin flossen.

Ferner kann das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter auch ohne begleitendes allgemeines Verfügungsverbot dazu ermächtigen, einzelne, im voraus genau festgelegte Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen, soweit dies für eine erfolgreiche Verwaltung nötig ist (ebenso Marotzke, Das Unternehmen in der Insolvenz 2000 Rn. 13; Münch-Komm-InsO/Hefermehl, § 55 Rn. 219, 2. Abs.; Nerlich/Römermann/Mönning, InsO § 22 Rn. 223; Pohlmann, Befugnisse und Funktionen des vorläufigen Insolvenzverwalters, Rn. 335 ff; Heidelberger Kommentar zur InsO/Kirchhof, aaO § 22 Rn. 30; Spliedt ZIP 2001, 1941, 1943; Meyer DZWiR 2002, 41; vgl. AG Coburg ZinsO 2002, 383; AG Hof NZI 2000, 37 f; Hauser/Hawelka ZIP 1998, 1261, 1264; Kirchhof ZInsO 2000, 297, 300 und ZInsO 2001, 1 f; a.M. Bähr ZIP 1998, 1553, 1559; Berscheid ZInsO 1999, 697, 700; Peters-Lange ZIP 1999, 421, 422; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO Rn. 374; Frankfurter Kommentar/Schmerbach, aaO § 22 Rn. 61k; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 55 Rn. 72). Denn sind dazu nur einzelne Masseverbindlichkeiten von begrenztem Umfang erforderlich, macht dieser Umstand allein nicht ohne weiteres den Erlaß eines allgemeinen Verfügungsverbots – insbesondere gegen einen kooperativen Schuldner – verhältnismäßig (s.o. 1.). Allenfalls mag zusätzlich ein besonderes Verfügungsverbot für diejenigen Gegenstände des Schuldnervermögens geboten sein, für deren Verwaltung die Masseverbindlichkeiten nötig sind (so Smid, aaO § 22 Rn. 67, 71, 73; Thiemann, Die vorläufige Masseverwaltung im Insolvenzeröffnungsverfahren, 2000, Rn. 305; sinngemäß wohl auch Förster ZInsO 2001, 790, 791). Zudem darf das Insolvenzgericht nach § 22 Abs. 2 InsO die Pflichten des „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalters grundsätzlich bis hin zu Grenze derjenigen des mit einem begleitenden Verfügungsverbots bestellten vorläufigen Verwalters (§ 22 Abs. 1 InsO) ausdehnen. Für die Befugnisse, die nötig sind, um diese Pflichten zu erfüllen, kann nichts anderes gelten.

bb) Jedoch darf das Insolvenzgericht, wenn es kein allgemeines Verfügungsverbot erläßt, Verfügungs- und Verpflichtungsermächtigungen nicht pauschal in das Ermessen des dann „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalters stellen. Vielmehr hat das Gericht im Rahmen des § 22 Abs. 2 InsO in jedem Falle selbst die einzelnen Maßnahmen bestimmt zu bezeichnen, zu denen der vorläufige Verwalter verpflichtet und berechtigt sein soll:

Den Ablauf des Eröffnungsverfahrens bestimmt das Insolvenzgericht. Nach § 21 Abs. 1 InsO hat es diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Erhaltung des Schuldnervermögens erforderlich erscheinen. Diese Verantwortung kann das Gericht nicht auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übertragen, indem es diesen umfassend zu allen Maßnahmen ermächtigt, die er seinerseits nach seinem eigenen Ermessen für nötig und zweckmäßig halten mag. Einen umfassenden Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter sieht nur § 22 Abs. 1 InsO – für den Fall, daß ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen ist – vor. Dagegen gibt § 22 Abs. 2 Satz 1 InsO dem Insolvenzgericht, welches kein allgemeines Verfügungsverbot erläßt, nur die Befugnis, selbst die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters zu bestimmen. Ebenso muß das Gericht im einzelnen die Rechte festlegen, die dem vorläufigen Verwalter eingeräumt werden, damit er seine Pflichten zu erfüllen vermag. Eine entsprechende Ermächtigung kann auch für bestimmte, abgrenzbare Arten von Maßnahmen erteilt werden, wie im vorliegenden Falle für den Forderungseinzug oder auch für die Kündigung bestimmbarer Arten von Dauerschuldverhältnissen. Aus Gründen der Rechtsklarheit und des gebotenen Schutzes von Vertragspartnern muß aber für diese jeweils aus der gerichtlichen Anordnung selbst unmißverständlich zu erkennen sein, mit welchen Einzelbefugnissen – nach Art und Umfang – der vorläufige Insolvenzverwalter ausgestattet ist (ebenso Spliedt ZIP 2001, 1941, 1949; wohl auch Pohlmann aaO Rn. 342; MünchKomm-InsO/Haarmeyer § 22 Rn. 136).

b) Eine pauschale, allumfassende Ermächtigung wie im vorliegenden Falle reicht nicht für eine Anwendung des § 55 Abs. 2 InsO aus. Nach dieser Vorschrift können Masseverbindlichkeiten zum Schutz der Verfahrensbeteiligten sowie aus Gründen der Rechtsklarheit allein durch eine inhaltlich bestimmte gerichtliche Anordnung – sei es gemäß § 22 Abs. 1 InsO, sei es durch eine Einzelermächtigung (s.o. a) – begründet werden.

Eine pauschale Ermächtigung der im vorliegenden Verfahren erteilten Art wäre zwar wegen ihrer Unbestimmtheit nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 Satz 2 InsO n.F. anfechtbar. Sie ist aber – noch – nicht nichtig. Denn schlechthin unwirksam sind gerichtliche Anordnungen, wie alle Hoheitsakte, erst, wenn der ihnen anhaftende besonders schwere Fehler bei verständiger Würdigung aller Umstände offenkundig ist (vgl. BGHZ 114, 315, 326). Das traf für die hier erteilte unbestimmte Ermächtigung bisher nicht zu. In Rechtsprechung und Rechtslehre wurde nur über die Rechtsfolgen einer solchen Ermächtigung gestritten, nicht aber deren Zulässigkeit insgesamt in Frage gestellt.

Der öffentlich ausgetragene Streit über die Rechtsfolgen der pauschalen Ermächtigung schloß andererseits jedes berechtigte Vertrauen darauf aus, daß sie Masseverbindlichkeiten auslösen könnten.

c) Im vorliegenden Fall vermag die Klägerin zudem aus einem weiteren Grund keinen Vertrauensschutz zu beanspruchen. Sie hat in den Tatsacheninstanzen selbst nicht geltend gemacht, daß sie von einer früheren Beendigung des Pachtvertrages etwa nur deswegen abgesehen hätte, weil sie auf eine Wirksamkeit gerade der pauschalen Ermächtigung vertraut hätte, die der Beklagten durch den Beschluß vom 14. Juli 1999 zusätzlich erteilt worden war. Im Gegenteil hat sich die Klägerin darauf nicht einmal berufen. Vielmehr hat sie ihre Kenntnis allein auf eine Veröffentlichung des Gerichtsbeschlusses in der Lokalpresse gestützt, welche zwar die Bestellung der Beklagten und den Erlaß des Zustimmungsvorbehaltes, nicht aber weitergehende Maßnahmen anzeigte.

3. Endlich ist § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO nicht speziell auf Miet- oder Pachtverhältnisse im Sinne von § 108 InsO entsprechend anzuwenden, wenn nur ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit begleitendem Zustimmungsvorbehalt bestellt worden ist. Zwar unterscheidet sich die Rechtsstellung von Vermietern oder Verpächtern insoweit von derjenigen anderer Gläubiger aus Dauerschuldverhältnissen im Sinne von § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO, als sie von Rechts wegen nicht befugt sind, die weitere Nutzung durch den insolvent gewordenen Schuldner sofort zu verhindern: Nachdem sie diesem einmal den Besitz über die Miet- oder Pachtsache eingeräumt haben, können sie diese rechtmäßig gegen den Willen des Schuldners nur aufgrund einer Beendigung des Vertrages insbesondere durch Kündigung zurückfordern. Sie haben also zeitweise weder das Recht noch tatsächlich die Möglichkeit, weitere Teilleistungen aus einem Dauerschuldverhältnis zurückzuhalten.

Dennoch benachteiligt die Rechtsfolge, daß Vermieter oder Verpächter (§ 108 InsO) für die Dauer des Eröffnungsverfahrens nicht den Schutz des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO genießen, soweit kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen ist, diese Gläubiger nicht in unverhältnismäßiger oder gar verfassungswidriger Weise. Vielmehr stehen sie – abgesehen von der Kündigungssperre gemäß § 112 InsO (dazu s.u. b) – rechtlich uneingeschränkt allen anderen Gläubigern gleich, die dem Schuldner nicht ausreichend gesicherte Vorleistungen erbracht haben (ebenso im Ergebnis LG Karlsruhe DZWIR 2002, 215, 216; LG Leipzig ZIP 2001, 1778, 1779; Wienberg EWiR 2001, 1061, 1062; Ringstmeier EWiR 2002, 113, 114; Meyer DZWIR 2001, 309, 312 f und 2002, 41, 42; für den Fall, daß der vorläufige Insolvenzverwalter selbst keine Rechtshandlung vornimmt, auch Spliedt ZIP 2001, 1941, 1945 ff; a.M. LG Essen NZI 2001, 217, 218; für die Auswirkungen einer Kündigungssperre auch MünchKomm-InsO/ Eckert, § 108 Rn. 191).

a) Jeder Gläubiger, der mit einem Schuldner während des Eröffnungsverfahrens Geschäfte tätigt, kann sich gegen einen Ausfall der ihm gebührenden Gegenleistung dadurch insolvenzfest schützen, daß er sich diese Gegenleistung oder eine ausreichende Sicherheit dafür zeitnah im Wege eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gewähren läßt. Erbringt er hingegen einen Kredit ohne solche Vorsichtsmaßnahmen, so unterliegt er uneingeschränkt dem insolvenzrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger.

Auch der Vermieter oder Verpächter sucht sich seinen Vertragspartner selbst aus. Er gewährt ihm insoweit im voraus einen begrenzten Kredit, als er das Dauernutzungsverhältnis erst wegen Zahlungsrückstands von zwei Monaten nach näherer Maßgabe des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB n.F. (§ 554 BGB a.F.) beenden kann. Ferner erfordert die Räumung eines beendeten Mietoder Pachtverhältnisses erfahrungsgemäß eine gewisse Zeit. Gegen derartige Ausfälle wird der Gläubiger durch das Vermieter- oder Verpächterpfandrecht gemäß §§ 562, 578 BGB n.F. (§ 559 BGB a.F.) auch im Insolvenzfalle (§ 50 InsO) geschützt. Zur Absicherung weitergehender Risiken werden dem Mieter oder Pächter oft Kautionen abverlangt. Dementsprechend hatte hier auch die Klägerin mit der Schuldnerin durch Nr. 13 des Pachtvertrages vom 12. Dezember 1997 eine Kautionsleistung von 25.000 DM vereinbart. Darüber hinaus kann sich das Risiko von Miet- oder Pachtausfällen bei der Kalkulation der Höhe des gewerblichen Nutzungsentgelts auswirken.

Im vorliegenden Falle hätte die Klägerin jeden insolvenzbedingten Pachtausfall durch eine Kündigung vor dem Insolvenzantrag vermeiden können, nachdem die Schuldnerin sogar mit vier Monatspachten in Verzug geraten war. Wenn die Klägerin sich statt dessen entschloß, das Pachtverhältnis fortzusetzen, kann sie deswegen keine Besserstellung gegenüber allen anderen Kreditgebern der Schuldnerin verlangen.

b) Allerdings schränkt § 112 InsO die Rechte von Vermietern oder Verpächtern in der Weise ein, daß eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs oder Verschlechterung der Vermögensverhältnisse „nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens” ausgeschlossen wird. Diese Vorschrift mutet dem Vermieter oder Verpächter äußerstenfalls einen (weiteren) Ausfall der Nutzungsentschädigung für zwei Monate zu. Denn die nach dem Eröffnungsantrag fällig werdenden Raten müssen aus dem Schuldnervermögen wieder vertragsgerecht gezahlt werden, wenn die Nutzungsmöglichkeit für die Insolvenzmasse erhalten bleiben soll. Dazu ist jeder vorläufige Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit im Zweifel auch befugt, sogar wenn die Zahlungspflicht im Falle eines später eröffneten Insolvenzverfahrens nicht den Charakter einer Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 2 InsO erlangt. Denn die Erhaltung nützlicher Bestandteile des Schuldnervermögens gehört normalerweise zu jeder vorläufigen Insolvenzverwaltung (vgl. auch Braun/Kroth, aaO § 112 Rn. 13). Sind von der Aufrechterhaltung des Miet- oder Pachtverhältnisses mehr Vor- als Nachteile zu erwarten, so darf auch ein vorläufiger Insolvenzverwalter ohne begleitendes Verfügungsverbot die dazu nötigen Ausgaben erbringen. Eine spätere Anfechtung in einem eröffneten Insolvenzverfahren braucht der Vertragspartner in diesem Fall gemäß § 142 InsO ebenfalls nicht zu befürchten, wenn die Zahlung zeitnah erfolgt (vgl. Heidelberger Kommentar zur InsO/Marotzke, aaO § 112 Rn. 8 a.E.; dies berücksichtigen Sinz, in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 593, 597 f; Hess/Weis/Wienberg, aaO § 112 Rn. 17 und Obermüller/Livonius DB 1995, 27 nicht).

Entscheidet sich der vorläufige Insolvenzverwalter andererseits aus Zweckmäßigkeitserwägungen gegen eine Fortsetzung des Nutzungsvertrages und zahlt er deshalb die geschuldete Miete oder Pacht nicht, so ist der andere Vertragsteil berechtigt, den Vertrag wegen der nach dem Eröffnungsantrag neu eintretenden Zahlungsrückstände gegebenenfalls schon während des Eröffnungsverfahrens nach näherer Maßgabe des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB n.F. zu kündigen (OLG Celle ZInsO 2002, 326, 328; MünchKomm-InsO/Eckert § 112 Rn. 35 f m.w.N.; Heidelberger Kommentar zur InsO/Marotzke, aaO § 112 Rn. 8; Meyer DZWiR 2002, 40, 42; Pape, in Kölner Schrift aaO, Rn. 59 auf S. 569; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch aaO Rn. 5.212; Nerlich/Römermann/Balthasar, InsO § 112 Rn. 13; Sinz, aaO S. 597 Rn. 8; Smid, aaO § 112 Rn. 6; Schwörer, Lösungsklauseln für den Insolvenzfall, 2000, Rn. 471; Braun/Kroth, aaO § 112 Rn. 10).

Die Amtliche Begründung zu § 112 InsO (aaO S. 148 zu § 126) hebt ausdrücklich hervor, daß das Kündigungsrecht wegen eines Verzugs nach dem Eröffnungsantrag „keiner Einschränkung” unterliegen sollte. Insbesondere wird ein Verzug des vorläufigen Insolvenzverwalters im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 286 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 BGB nicht etwa dadurch ausgeschlossen, daß regelmäßig erst der für das eröffnete Verfahren bestellte endgültige Insolvenzverwalter nach §§ 103 ff InsO über das rechtliche Schicksal von Verträgen in der Insolvenz entscheidet (a.M. Kübler/Prütting/Tintelnot, InsO § 112 Rn. 12). Abgesehen davon, daß § 103 InsO gerade für die Grundstücksnutzung ohnehin nicht gilt, geht es hier nicht um jenen Rechtsgrundsatz. Vielmehr hat der vorläufige Insolvenzverwalter mit Bezug auf Dauerschuldverhältnisse während des Eröffnungsverfahrens rechtlich nur zu entscheiden, ob er für ein zu eröffnendes Verfahren die Option auf eine Fortdauer faktisch offenhält, indem er das laufende Entgelt zahlt. Dazu ist er in der Lage. Andererseits mutet der Gesetzgeber dem anderen Teil keinen länger dauernden Nutzungsausfall zu. § 107 Abs. 2 InsO kann auf die hier fragliche Fallgestaltung nicht einmal sinngemäß angewendet werden. Denn jene Vorschrift gibt dem Insolvenzverwalter – nur – einen zeitlichen Aufschub bis zu seiner endgültigen Entscheidung über den rechtlichen Fortbestand des Vertrages; dem entspräche für Dauerschuldverhältnisse die Erfüllungswahl (§ 103 InsO) oder erst die Kündigung (§§ 109, 113 InsO). Endlich ist es unerheblich, ob gerade in der Person des vorläufigen Insolvenzverwalters ohne begleitendes Verfügungsverbot im Hinblick auf die Regelung des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO (s.o. III 2) die Verzugsvoraussetzungen eintreten können (a.M. Frankfurter Kommentar/Wegener, aaO § 112 Rn. 6 a.E.). Vielmehr hat sich im Falle des § 22 Abs. 2 InsO die zukünftige Insolvenzmasse grundsätzlich auch einen Verzug des Schuldners persönlich während des Eröffnungsverfahrens zurechnen zu lassen.

Zu einer Kündigung wäre die Klägerin hier spätestens befugt gewesen, nachdem auch der Zahlungstermin vom 15. September 1999 verstrichen war. Weitergehende Wirkungen hatte die Kündigungssperre gemäß § 112 InsO nicht.

c) Eine Auslegung des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO dahin, daß die Vorschrift in jedem Falle eingreifen müßte, in dem ein vorläufiger Insolvenzverwalter – auch ohne begleitendes allgemeines Verfügungsverbot – bestellt ist und die Kündigungssperre des § 112 InsO eingreift, ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten.

§ 112 InsO beruht auf dem Gedanken, daß die wirtschaftliche Einheit im Besitz des Schuldners nicht zur Unzeit auseinandergerissen werden darf (Amtl. Begr. der Bundesregierung zum Entwurf einer Insolvenzordnung, aaO S. 148 zu § 126). Auch gemietete oder gepachtete Gegenstände sollen dem Verwalter nicht aufgrund von Zahlungsrückständen des Schuldners selbst entzogen werden, weil sie für eine Fortführung eines Unternehmens erforderlich sein können. Als Ausgleich dafür hat der Gesetzgeber allerdings auf die in § 55 Abs. 2 InsO getroffene Regelung über das Entstehen von Masseverbindlichkeiten verwiesen, soweit ein vorläufiger Insolvenzverwalter den gemieteten oder gepachteten Gegenstand für das verwaltete Vermögen nutzt. Diese Folge ist jedoch nur für den Fall verwirklicht, daß zugleich ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen ist. Anderenfalls steht die Entscheidung über die Nutzung nicht dem „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalter, sondern eigenverantwortlich dem Schuldner zu; für dessen Entscheidungen kann die spätere Insolvenzmasse nicht haften. Im Ergebnis erhält damit durch das Unwirksamwerden früherer Kündigungsgründe die Gläubigergemeinschaft insgesamt einen Zeitraum von höchstens zwei Monaten (s.o. b), in dem die Fortführungswürdigkeit eines Unternehmens des Schuldners ebenso geprüft werden kann wie die Frage, ob jeder einzelne gemietete oder gepachtete Gegenstand für die Fortführung erforderlich ist. Dieser Zeitraum kann, wenn kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen ist, aufgrund der Regelung des § 55 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu einem begrenzten Forderungsausfall des Vermieters führen.

Mit diesem Inhalt enthält § 112 InsO eine zulässige Regelung von Inhalt und Schranken des Eigentums bei der Gebrauchsüberlassung an Dritte (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG).

aa) § 112 und § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO regeln die Folgen davon, daß der zuvor auch vom Vermieter oder Verpächter selbst ausgewählte Mieter oder Pächter insolvent wird. Die rechtliche Abwicklung dieser Insolvenz dient den Interessen aller betroffenen Gläubiger des Schuldners, nicht etwa allgemeinen sozialpolitischen Zielen. Die geregelte Abwicklung einer Insolvenz, die viele Gläubiger hart oder sogar in existenzbedrohender Weise treffen und erhebliche volkswirtschaftliche Werte vernichten kann, dient mittelbar zugleich dem Wohl der Allgemeinheit.

bb) Die Kündigungsbeschränkung des § 112 InsO ist in der Insolvenz des Mieters oder Pächters geeignet und nötig, um eine günstige, gerechte und ausgewogene Abwicklung dieser Insolvenz zu verwirklichen. Der neu eingesetzte (vorläufige) Insolvenzverwalter benötigt regelmäßig einen gewissen Zeitraum, um die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners sowie die Bedeutung auch der einzelnen Gegenstände dafür zu erfassen, die möglicherweise mit Aus- oder Absonderungsrechten belastet sind. Während dieser Prüfungszeit muß grundsätzlich der vorgefundene Verbund des Schuldnervermögens erhalten bleiben. Insbesondere würde jede günstige Gesamtverwertung vereitelt, wenn daraus wesentliche Teile – erst recht ein gemietetes Betriebsgrundstück – alsbald entfernt würden.

Andererseits findet der Insolvenzverwalter, der wegen Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) des Schuldners bestellt worden ist, regelmäßig keine ausreichenden finanziellen Mittel vor, um zuvor aufgelaufene Zahlungsrückstände zu begleichen.

cc) Der durch § 112 InsO mögliche, zeitlich eng begrenzte Eingriff in die Rechte von Vermietern oder Verpächtern ist nicht unverhältnismäßig. Diese Gläubiger haben selbst bessere vorrangige Sicherungsmöglichkeiten als viele andere (s.o. a). Zum Schutz der ungesicherten Gläubiger ist es vertretbar, daß § 112 i.V.m. § 55 Abs. 2 InsO nicht regelmäßig die Verstärkung der nach einem Eröffnungsantrag fällig werdenden Pflicht zur Zahlung von Nutzungsentschädigung zu Masseverbindlichkeiten vorsieht, sondern diese Rechtsfolge erst mit der Verfahrenseröffnung eintritt (§ 108 InsO). Das Bemühen des Gesetzgebers, die Befriedigungsaussichten ungesicherter Insolvenzgläubiger zu verbessern (vgl. § 1 Satz 1 InsO), kommt letztlich anteilig auch wieder Vermietern oder Verpächtern zugute, soweit diese mit Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung vor der Insolvenzeröffnung ausgefallen sind. Die Rechte anderer Gläubiger mit Sicherungsmöglichkeiten werden – insbesondere durch § 107 Abs. 2 und §§ 166 ff InsO – in der Insolvenz des Schuldners ebenfalls in begrenztem Maße eingeschränkt.

Endlich ist die aus § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO folgende Besserstellung derjenigen Vermieter oder Verpächter nicht sachwidrig, für deren Mieter oder Pächter ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit begleitendem allgemeinen Verfügungsverbot (§ 22 Abs. 1 InsO) bestellt worden ist. Diese Unterscheidung knüpft nicht an die Stellung der jeweiligen Gläubiger an, sondern beruht auf individuellen Besonderheiten und Bedürfnissen des jeweiligen Insolvenzverfahrens selbst (s.o. 1 und III 2 c).

 

Unterschriften

Kreft, Kirchhof, Fischer, Ganter, Kayser

 

Fundstellen

Haufe-Index 1128110

BGHZ

BGHZ, 353

BB 2002, 1927

DB 2002, 2100

DStR 2003, 557

NJW 2002, 3326

BGHR 2002, 953

EWiR 2002, 919

JurBüro 2003, 53

KTS 2003, 138

NZM 2002, 859

Nachschlagewerk BGH

WM 2002, 1888

WuB 2003, 101

ZIP 2002, 1625

DZWir 2002, 470

InVo 2003, 10

MDR 2002, 1454

NZI 2002, 543

Rpfleger 2002, 640

VuR 2002, 449

ZInsO 2002, 819

ZVI 2002, 250

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